Abschließend möchte ich noch relativ kurz auf die wichtigste Neuregelung der Reform aus 2002 beim Sach- bzw. Fahrzeugschaden eingehen. Nach § 249 Abs. 2 S. 2 BGB besteht nun hierbei nur dann ein Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer von 19 % (damals 16 %), wenn und soweit diese angefallen ist. Demnach erhalten die Geschädigten, die ihren Schaden fiktiv auf Basis von Sachverständigengutachten oder Kostenvoranschlägen abrechnen, im ersten Schritt lediglich die Netto-Reparaturkosten. Die Umsatzsteuer daraus wird ihnen dann im zweiten Schritt erstattet, wenn sie deren Anfall durch Vorlage einer Rechnung über die vollständige, ordnungsgemäße Reparatur bzw. den steuerpflichtigen Erwerb eines Ersatzfahrzeugs nachweisen.
Beim Kauf eines Ersatzfahrzeugs liegt insb. beim Erwerb "von Privat an Privat" kein umsatzsteuerpflichtiger Vorgang i.S.d. § 249 Abs. 2 S. 2 BGB vor. Kauft der Geschädigte das Auto bei einem Händler, bestehen insoweit dann keine Probleme in der Regulierung, wenn die Umsatzsteuer von 19 % explizit in der Rechnung ausgewiesen ist. Das ist in der Praxis allerdings eher selten, im Regelfall geben die Händler die steuerpflichtige Differenz zwischen Händlereinkaufs- und Verkaufspreis nicht explizit an. In solchen Fällen der sog. Differenzbesteuerung nach § 25a UStG hat sich als "pragmatisches" und allgemein akzeptiertes Vorgehen durchgesetzt, den fälligen Steueranteil nach § 287 ZPO pauschal und ohne expliziten Nachweis auf 2,5 % des Kaufpreises (bei 16 % Umsatzsteuer im Jahre 2002 noch 2,0 %) zu schätzen. Diesem Durchschnittswert liegt die Annahme einer realistischen "Händlerspanne" zwischen 10 % und 20 % zugrunde. Sofern im konkreten Einzelfall eine höhere Umsatzsteuer angefallen ist, wird sie gegen entsprechenden Nachweis weitergehend erstattet.
Zu Recht nicht durchgesetzt hat sich in dem Kontext eine im Vorfeld der Reform noch vertretene Auffassung, wonach die Netto-Abrechnung im ersten Schritt eine endgültige Abfindung der Ansprüche ist, die als Verzicht eine spätere Erstattung der Umsatzsteuer ausschließe. Eine solche Sicht hätte die Schadensregulierung für alle Beteiligten verkompliziert, da die Geschädigten auch bei kleinen Schäden auf der Vereinbarung eines diesbezüglichen ausdrücklichen Vorbehaltes hätten bestehen müssen. Heute ist es unstreitig, dass eine Nachforderung bis zum Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist des § 195 BGB geltend gemacht werden kann.
Insgesamt ist zu dem "neuen" § 249 Abs. 2 BGB festzustellen, dass die große Anzahl der "Normalfälle" in der Praxis überwiegend problemlos reguliert wird. Die aktuell immer noch geführten Diskussionen zu der Thematik beziehen sich i.d.R. auf Detailfragen oder Nuancen zu vom BGH bereits entschiedenen Aspekten. Selbst bei einer auf den ersten Blick sehr klaren Regelung wie dem § 249 Abs. 2 S. 2 BGB steckt der Teufel hierbei eben oft im Detail.
Die sehr umfangreiche Rspr. des BGH zu § 249 Abs. 2 S. 2 BGB ist wesentlich von dem Grundsatz geprägt, dass eine zunächst fiktive Abrechnung des Geschädigten durch die Vorlage einer Rechnung über die Reparatur des Fahrzeugs oder einer Ersatzanschaffung eines Fahrzeugs konkretisiert wird. Eine Vermischung von konkreter und fiktiver Abrechnung bei der Schadensabrechnung wird vom VI. Zivilsenat des BGH in st. Rspr. strikt abgelehnt.
Das hat der BGH am 3.12.2013 in einem Fall entschieden, in dem der Kläger zunächst ein Sachverständigengutachten über 8.346,72 EUR brutto (7.014,05 EUR netto) vorgelegt hat. Danach ließ er sein Auto ordnungsgemäß und vollständig für 7.492,22 EUR brutto (6.295,98 EUR netto) reparieren. Er machte fiktive Reparaturkosten von 7.014,05 EUR und zusätzlich konkret die bei der Reparatur angefallene Umsatzsteuer i.H.v. 1.196,24 EUR geltend. Der Versicherer hat nur die Reparaturkosten brutto von 7.492,22 EUR bezahlt. Der BGH hat die Klage des Geschädigten auf restliche 718,07 EUR Umsatzsteuer abgewiesen und betont, dass der Geschädigte zwischen einer konkreten und einer fiktiven Abrechnung wählen kann, aber keine Vermischung der Methoden zulässig ist. In dem entschiedenen Fall habe sich der Geschädigte durch die Vorlage der Reparaturrechnung für eine konkrete Abrechnung des Fahrzeugschadens entschieden, so dass er (nur) einen Anspruch auf deren Bezahlung einschließlich der insoweit angefallenen Umsatzsteuer hatte.
Konsequent hat der BGH dieses Prinzip des "Mischen impossible" in den Urteilen vom 22.9.2009 und 5.2.2013 fortgeführt und ausgeführt, dass in einem Reparaturfall auch der Kauf eines Ersatzfahrzeugs eine konkrete Abrechnung ist, sofern die Reparaturkosten unterhalb des Wiederbeschaffungsaufwandes liegen. Enthält der Kaufpreis dabei Umsatzsteuer, wird diese also bis zur Höhe der bei der Reparatur anfallenden Umsatzsteuer erstattet. Beinhaltet der Kaufpreis hingegen keine Umsatzsteuer, ist eine solche nicht angefallen, so dass es dann beim Ersatz der Nettoreparaturkosten verbleibt.
Noch ein paar kurze Worte zu der dezidierten BGH...