VVG § 180 § 182; AUB 1988 § 7
Leitsatz
Haben neben der unfallbedingten Verletzung – hier: Riss des Meniskus – auch unfallfremde Umstände – hier: beginnende Kniearthrose – zu der Invalidität beigetragen, so bemisst sich der Grad der unfallbedingten Invalidität nach der Systematik der Versicherungsbedingungen zunächst einheitlich nach der durch den Unfall mitverursachten Funktionsbeeinträchtigung des betroffenen Körperteils, während die mitursächliche Vorschädigung erst hiernach als Vorinvalidität oder als Mitwirkung von Krankheiten oder Gebrechen zu berücksichtigen ist.
OLG Saarbrücken, Urt. v. 2.10.2019 – 5 U 97/18
Sachverhalt
Die Kl. begehrt von der Bekl. Leistungen aus einer privaten Unfallversicherung wegen eines am 6.1.2016 erlittenen Unfalles. Am Schadenstag stürzte die Kl. beim Wandern. Zwei Tage später begab sie sich erstmals in ärztliche Behandlung bei Dr. Th. W., der eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung, einen massiven Gelenkerguss sowie einen Druckschmerz über dem medialen Gelenkskompartiment diagnostizierte. In der Folgezeit meldete die Kl. bei der Bekl. Ansprüche wegen eines unfallbedingten Dauerschadens am Knie an; die Bekl. lehnte ihre Eintrittspflicht unter Hinweis auf eine unfallunabhängige Knieerkrankung der Kl. ab. Im Rahmen eines von der Kl. bei dem LG eingeleiteten selbstständigen Beweisverfahrens erstattete der SV Prof. Dr. R. im Januar 2017 ein Gutachten, in dem dieser zu den Fragen eines unfallbedingten Dauerschadens, der Höhe einer unfallbedingten Invalidität und der Auswirkungen einer etwaigen Vorinvalidität bzw. unfallfremder Mitwirkungsanteile Stellung nahm.
Die Kl. hat zur Begründung ihrer hiernach erhobenen, auf Zahlung einer Invaliditätsleistung i.H.v. 13.498,40 EUR nebst Zinsen und außergerichtlicher Kosten gerichteten Klage behauptet, sie habe unfallbedingt einen Dauerschaden am rechten Knie – in Gestalt einer Rissbildung am Innenmeniskus mit fortbestehender Symptomatik – erlitten. Der unfallbedingte Grad einer Invalidität belaufe sich richtigerweise auf 5/10 Beinwert gem. Gliedertaxe, wovon keine Abzüge wegen unfallunabhängiger Vorschäden vorzunehmen seien.
2 Aus den Gründen:
"…"
Das LG hat zutreffend (…) angenommen, dass sich der geltend gemachte Zahlungsanspruch dem Grunde nach nur aus dem von der Kl. bei der Bekl. unterhaltenen Unfallversicherungsvertrag ergeben kann, und dass der in § 1 Ziff. III AUB 88 näher definierte Versicherungsfall – ein Unfall – eingetreten ist. Das von der Kl. unwidersprochen vorgetragene Sturzereignis vom 6.1.2016, aus dessen Anlass es ebenfalls unbestritten zu gewissen Verletzungen – jedenfalls in Gestalt einer “leichten Distorsion' des rechten Knies – gekommen ist, beschreibt ein plötzlich von außen auf den Körper der Kl. wirkendes und aus deren maßgeblicher Sicht unfreiwillig erlittenes Ereignis, das zu einer Gesundheitsschädigung der Kl. geführt hat (Ziff. 1.3 AUB 2000). Denn diese Voraussetzungen sind schon dann gegeben, wenn eine vom Willen des Versicherten getragene und gesteuerte Eigenbewegung zu einer plötzlichen Einwirkung von außen führt (BGH VersR 2009, 492 …). Auch kommt es nicht darauf an, ob die gravierenden körperlichen Beeinträchtigungen, die zur Grundlage eines Anspruchs auf Invaliditätsentschädigung gemacht werden, bereits durch den Unfall hervorgerufen wurden, sondern es genügt, dass eine als solche unerhebliche Körperbeschädigung die Voraussetzung für weitere auf den Verletzten einwirkende Ursachen schafft (Senat VersR 2009, 1109 …).
2. Der Senat teilt auch die Einschätzung der Erstrichterin, dass das von der Kl. beschriebene Unfallereignis vom 6.1.2016 nachgewiesenermaßen binnen Jahresfrist zu einer unfallursächlichen dauernden Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit der Kl. im Bereich des rechten Knies geführt hat (§ 7 Ziff. I Abs. 1 AUB 88). Auf der Grundlage der Feststellungen des SV Prof. Dr. R., die dieser im Januar 2017 nach einer eigenen Untersuchung der Kl. sowie mit Hilfe entsprechender radiologischer Befunde getroffen hat und die dies trotz gewisser verbleibender Unsicherheiten hinsichtlich des bildgebenden Nachweises nachvollziehbar und schlüssig begründen, hat sich das LG mit Recht davon überzeugt (§ 286 ZPO), dass bei der Kl. unfallbedingt eine Läsion des Innenmeniskus eingetreten ist, entweder im Sinne einer Entstehung oder der Vergrößerung eines vorbestehenden Risses, der – neben einer weiterhin vorhandenen beginnenden, aber leicht progredienten Kniearthrose – zu einer dauerhaften Funktionseinschränkung im Bereich des rechten Kniegelenks geführt hat, die wahrscheinlich dauerhaft bestehen bleiben werde (…). Diesbezüglich kann auch mit hinreichend gesicherter überwiegender Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO; vgl. BGH VersR 2011, 1171) angenommen werden, dass die Invalidität durch den Unfall zumindest mitverursacht worden ist, was für die Annahme eines unfallbedingten Dauerschadens genügt. Der SV hat in seinem Gutachten verschiedene Argumente aufgeführt, die einerseits für, andererseits gegen einen solchen Ursachenzusammenhang sprechen, diesen le...