"… I. Nach den Feststellungen des AG befuhr der Betr. am 12.4.2018 als Fahrer eines Kraftrades die O.-Straße in L. in Fahrrichtung P. Dabei überschritt er die dort auf 30 km/h begrenzte Höchstgeschwindigkeit – nach Abzug einer Toleranz – um 29 km/h. Die Messung wurde mittels des Gerätes TRAFFIPAX SpeedoPhot mit ROBOT SmartCamera III durchgeführt. Das Messgerät war in den Kofferraum eines am Fahrbahnrand abgestellten Pkw eingebaut und besaß im Zeitpunkt der Messung eine gültige Eichung. Das AG hat gegen den Betr. neben der Verhängung eines Bußgeldes ein Fahrverbot gem. §§ 25 StVG, 4 Abs. 2 BKatV festgesetzt, weil er innerhalb von zwölf Monaten wiederholt die zulässige Geschwindigkeit um mindestens 26 km/h überschritten gehabt habe."

II. Die diesen Feststellungen zugrundeliegende Beweiswürdigung leidet unter einem durchgreifenden Rechtsfehler. Denn der Tatrichter hat seine Annahme, das Messgerät sei bei der verfahrensgegenständlichen Messung entsprechend den Vorgaben der Bedienungsanleitung betrieben worden, nicht in einer für das Rechtsbeschwerdegericht nachvollziehbaren Weise begründet.

1. Das AG hat im rechtlichen Ausgangspunkt zwar zutreffend angenommen, dass bei einer Geschwindigkeitsmessung mit dem Gerät TRAFFIPAX SpeedoPhot die von der obergerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze des standardisierten Messverfahrens Anwendung finden können (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 15.4.2014 – 1 RBs 89/14, juris Rn 16; OLG Naumburg, Beschl. v. 3.9.2015 – 2 Ws 174/15, zfs 2016, 230 mit Anm. Krenberger; s.a.: BGH, Beschl. v. 19.8.1993 – 4 StR 627/92, NZV 1993, 485). Wie auch sonst setzen die dann erleichterten Vorgaben an die Darstellung der Zuverlässigkeit der Messung in den Urteilsgründen aber voraus, dass die Vorgaben der Gebrauchsanweisung des verwendeten Geräts an die Aufstellung und den Betrieb eingehalten sind (OLG Naumburg a.a.O.). Wird von diesen in einem Punkt abgewichen, der geeignet ist, die Zuverlässigkeit der Messung zu beeinträchtigen, handelt es sich um ein individuelles Messverfahren, das für sich die Vermutung der Richtigkeit und Genauigkeit nicht ohne weiteres in Anspruch nehmen kann. Es liegt dann zumindest die Möglichkeit eines Messfehlers vor, weshalb der Tatrichter verpflichtet ist, die Korrektheit des Messergebnisses zu prüfen, was regelmäßig sachverständige Beratung erfordert (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.10.2011 – IV-4 RBs 170/11, juris Rn 10; OLG Naumburg a.a.O.).

Will der Tatrichter die Grundsätze des standardisierten Messverfahrens anwenden, muss er sich daher von einer den Vorgaben der Bedienungsanleitung entsprechenden Verwendung des Messgeräts überzeugen und dies in den Urteilsgründen nachvollziehbar darlegen. Ergeben sich greifbare Anhaltspunkte für die Annahme, dass bei der konkreten Messung die Vorgaben der Bedienungsanleitung nicht eingehalten worden sein könnten, hat der Tatrichter sich mit diesen Anhaltspunkten auseinanderzusetzen und zumindest knapp auszuführen, weshalb er gleichwohl von einer Verwendung des Geräts entsprechend den Vorgaben des Herstellers ausgeht. Nur dadurch wird das Rechtsbeschwerdegericht in die Lage versetzt zu prüfen, ob der Tatrichter rechtsfehlerfrei von der Anwendung eines standardisierten Messverfahrens ausgehen durfte.

2. Nach den Feststellungen des AG ergab ein Vergleich der um 16:10:42 Uhr und um 21:40:17 Uhr gefertigten Kalibrierungsfotos mit dem um 16:48:31 Uhr aufgenommenen Beweisfoto, dass hinsichtlich des Bildausschnitts horizontal eine Übereinstimmung, allerdings in vertikaler Richtung eine “geringfügige Verschiebung', erkennbar am Reifenabstand eines parkenden Fahrzeugs sowie an Dachziegeln von Häusern, gegeben war. Das AG hat dies mit der Begründung für unerheblich gehalten, das Gerät sei für die hier erfolgte Verwendung aus dem Heck eines Fahrzeugs heraus zugelassen. Bei einem Betrieb aus dem Kofferraum eines Fahrzeugs heraus könnten aber bereits geringfügige Veränderungen in der Sitzposition und der damit verbundenen Gewichtsverteilung im Fahrzeuginneren eine geringfügige Veränderung der vertikalen Ausrichtung bewirken. Hätte diese bereits Einfluss auf das Messergebnis, wäre nach Auffassung des AG der von der Aufbauanleitung zugelassene Einbau in ein Fahrzeug praktisch nicht möglich.

3. Das AG hat hierbei jedoch nicht erkennbar in seine Überlegungen einbezogen, dass das verwendete Messgerät einen aufmerksamen Messbetrieb erfordert (vgl. Schmedding in Beck/Löhle, Fehlerquellen bei polizeilichen Messverfahren, 12. Aufl. 2018, § 9 Rn 45) und die festgestellte Verschiebung des von der Kamera erfassten Bildbereichs geeignet sein kann, einen Verstoß gegen diese Anforderung zu besorgen.

Dem AG ist zwar zuzugeben, dass eine vertikale Veränderung des Bildausschnittes zwischen einzelnen Aufnahmen möglicherweise bereits durch eine bloße Gewichtsverlagerung der im Fahrzeuginnenraum sitzenden Personen bewirkt werden kann. Aber auch ein Aussteigen der auf dem Fahrer- und Beifahrersitz befindlichen Personen aus dem Fahrzeug kann bewirken, dass sich da...

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