"… 1. Dem Kl. steht kein Anspruch auf eine Kaskoentschädigung wegen der behaupteten Entwendung von Fahrzeugteilen zu. Die Bekl. kann sich auf bedingungsgemäße Leistungsfreiheit wegen arglistiger Obliegenheitsverletzung berufen."
a. Ob der Versicherungsfall der Entwendung von Fahrzeugteilen im Sinne der Ziff. A.2.2.2.a AKB eingetreten ist, braucht nicht entschieden zu werden.
Die Bekl. hebt verschiedene Umstände hervor, die ein vorgetäuschtes Diebstahlsgeschehen indizieren könnten. Dazu gehören Unstimmigkeiten im Zusammenhang mit den Wertangaben des Kl. So behauptet dieser, er habe das Fahrzeug im Januar 2018 für 35.000 EUR erworben, andererseits ist im Einsatzbericht des ermittelnden Polizeibeamten M. v. 22.5.2018 von einem – ihm offensichtlich vom Kl. mitgeteilten – Ankaufswert von nur 22.500 EUR die Rede. Nur dieser geringere Wert würde wirtschaftlich nachvollziehbar erklären, wieso das Fahrzeug z.B. über Ebay für nur 24.500 EUR zum Weiterverkauf inseriert wurde bzw. wieso der Kl. – wie von ihm selbst in seiner Beantwortung der Frage 3 des Schreibens v. 6.6.2018 eingeräumt und mit psychischer Instabilität erklärt – gegenüber der Sachbearbeiterin der Bekl. N. am 22.5.2018 telefonisch mitteilte, er habe das Fahrzeug bei mobile.de für 26.000 EUR zum Verkauf angeboten. Hinzu kommt, dass die angeblich entwendeten Fahrzeugteile unstreitig sorgfältig und fachmännisch ausgebaut wurden, obgleich das Fahrzeug über eine Alarmanlage verfügte und zum Diebstahlszeitpunkt in einer engen Garage abgestellt gewesen sein soll. Schließlich wecken die Verweigerung von Auskünften über die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und das Zurückhalten der Fahrzeugschlüssel (in Form zweier “Smart Keyless Entry'-Fernbedienungen), aus denen die Bekl. Daten auszulesen beabsichtigte, Zweifel an der prinzipiell für den VN sprechenden Redlichkeitsvermutung.
b. Der Senat kann offenlassen, inwieweit all diese Umstände die Feststellung des LG in Frage stellen, wonach der Kl. das äußere Bild eines Diebstahls bewiesen habe und es der Bekl. nicht gelungen sei, ihrerseits die erhebliche Wahrscheinlichkeit einer vorgetäuschten Entwendung zu belegen (…). Die Vernehmung der von der Bekl. benannten Zeugen braucht nicht nachgeholt zu werden. Denn jedenfalls hätte das LG die Klage unabhängig vom Nachweis des behaupteten Diebstahlsgeschehens deshalb abweisen müssen, weil die Bekl. infolge arglistiger Obliegenheitsverletzungen des Kl. gem. Ziff. E.7.1 S. 1, E.7.2 S. 2 AKB keine versicherungsvertraglichen Leistungen zu erbringen braucht.
(1) Bei vertraglichen Obliegenheiten tritt die Leistungsfreiheit grds. nur ein, wenn sie in den Vertragsbedingungen als Folge der Obliegenheitsverletzung vereinbart ist. (wird ausgeführt)
Zu den von Ziff. E.7.1 S. 1 AKB in Bezug genommenen “Pflichten im Schadensfall' gehört die Obliegenheit, alles zu tun, was zur Feststellung des Schadensfalls und des Umfangs der Leistungspflicht des VR erforderlich ist. Der VN ist insbesondere gehalten, die Fragen zu den Umständen des Schadensereignisses, zum Umfang des Schadens und zur Leistungspflicht wahrheitsgemäß und vollständig zu beantworten und die Untersuchungen zu den Umständen des Schadensereignisses, zu den Ursachen und der Höhe des Schadens und der Leistungspflicht zu erlauben, soweit ihm dies zumutbar ist (Ziff. E.1.2 AKB).
(2) Der Kl. hat die vertragliche Obliegenheit des Ziff. E.1.2 AKB verletzt.
(a) Er wurde von der Bekl. aufgefordert, zu belegen, dass er zum Zeitpunkt des Kaufs über die Mittel zur Entrichtung des Kaufpreises verfügt habe und dass die 35.000 EUR tatsächlich an den Verkäufer des Pkw geflossen seien. Überdies wurde er um Übersendung der Fahrzeugschlüssel gebeten, damit die darin gespeicherten Daten ausgelesen werden könnten. Beidem kam er nicht nach. Stattdessen ließ er mit Anwaltsschreiben v. 30.8.2018 erklären, alle für die Schadensabwicklung notwendigen Informationen seien erteilt, weitere seien nicht einzufordern, was nunmehr gerichtlich zu prüfen sei.
(b) Zu Unrecht hat das LG angenommen, eine Obliegenheitsverletzung scheitere daran, dass die Aufklärungsmaßnahmen der Bekl. zur Feststellung des Schadensfalls und des Umfangs der Leistungspflicht nicht erforderlich gewesen seien (Ziff. E.1.2 S. 1 AKB i.V.m. § 31 VVG).
Die Einschätzung, welche Angaben zur Ermittlung des Sachverhalts erforderlich sind, um über die Leistungspflicht auf ausreichender und gesicherter Tatsachengrundlage entscheiden zu können, ist grds. Sache des VR. Er kann auch solche Umstände aufklären, die lediglich Anhaltspunkte für oder gegen das Vorliegen eines Versicherungsfalls liefern können. Die Frage der Erforderlichkeit der erbetenen Auskünfte ist ex ante zu beurteilen, wobei dem VR ein erheblicher Beurteilungsspielraum zuzubilligen ist (vgl. BGHZ 214, 127; VersR 2015, 45).
Im Streitfall hatte die Bekl. ein nachvollziehbares Interesse an der Aufklärung, ob der Kl. wirtschaftlich in der Lage war, den behaupteten Kaufpreis von 35.000 EUR für das Fahrzeug zu zahlen, und ob er es tatsächlich tat ...