BGB § 249
Leitsatz
Zu den Darlegungspflichten des Klägers nach Reparatur eines vorgeschädigten Pkws
OLG Jena, Urt. v. 20.12.2021 – 1 U 1285/20
Sachverhalt
Der am Straßenrand stehende BMW M 550d x Drive des Klägers war im Januar 2020 durch einen von dem Beklagten zu 1) geführten und bei der Beklagten zu 2) versicherten MAN touchiert und dadurch an der linken Vorderseite und am linken Vorderrad beschädigt worden. Der BMW hatte im Jahr 2016 einen erheblichen Vorschaden im Frontbereich erlitten. Die kalkulierten Reparaturkosten beliefen sich auf 55.632,55 EUR. Damals hatte der Gutachter von einer Reparatur des Fahrzeugs abgeraten.
Der nunmehr eingeschaltete Gutachter taxierte die Reparaturkosten auf 11.452,31 EUR brutto. In dem Gutachten ist ausgeführt, dass die Feststellungen bezüglich der Vorschäden (repariert, unrepariert, teilrepariert) auf einer Inaugenscheinnahme ohne Zerlegung und Freilegung des Fahrzeugs beruhten.
Der Kläger, der einen Autohandel betreibt, hatte den BMW 2019 erworben. Er ließ ihnW für einen Betrag von 7.576,59 EUR reparieren. Er hat auf Ersatz der Reparaturkosten, Gutachterkosten in Höhe von 1.314,36 EUR und einer Kostenpauschale in Höhe von 30,– EUR angetragen.
Das Landgericht Erfurt hat die Klage abgewiesen. Der Kläger habe einen durch den Verkehrsunfall vom 11.1.2020 verursachten Schaden, für den Reparaturkosten in der geltend gemachter Höhe entstanden seien, nicht nachgewiesen. Es stehe fest, dass das Fahrzeug des Klägers bereits im Jahr 2016 massiv beschädigt worden sei und zur Schadensbeseitigung Reparaturkosten in Höhe von 55.632,55 EUR erforderlich waren. Teilweise seien die Schadensbereiche identisch mit dem Unfall am 11.1.2020. Dem Kläger obliege daher der Nachweis, dass eine sachgerechte Reparatur der Unfallschäden aus dem Jahr 2016 erfolgt sei. Einen derartigen Beweis habe der Kläger nicht angetreten. Anhand der vorgelegten Bilder bleibe unklar, ob auch "unter der Karosse" eine fachgerechte Instandsetzung der Unfallschäden im Jahr 2016 erfolgt sei. Die von dem Kläger genannten Zeugen könnten einen entsprechenden Nachweis, dass eine fachgerechte Reparatur der Vorschäden erfolgt sei, nicht erbringen. Eine fachgerechte Reparatur der Schäden aus dem Jahr 2016 ergebe sich auch nicht ohne weiteres daraus, dass das Fahrzeug zwischenzeitlich einen TÜV-Termin und Servicetermine in der Fachwerkstatt gehabt habe. Nachdem der Kläger das Fahrzeug habe reparieren lassen, könne auch ein Sachverständiger keine Feststellungen zu der fachgerechten Reparatur im Jahr 2016 mehr treffen.
Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung des Klägers hat das Thüringische Oberlandesgericht zurückgewiesen.
2 Aus den Gründen:
Die Berufung des Klägers ist gem. § 511 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 516, 518, 519 BGB.
In der Sache hat die Berufung des Klägers keinen Erfolg.
Dem Kläger steht gegen die Beklagten kein Anspruch aus §§ 7, 17 StVG in Verbindung mit den § 115 Abs. 1 VVG zu. Das Urteil des Landgerichts ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
Das Landgericht hat vorliegend die von nahezu allen Oberlandesgerichten entwickelte Rechtsprechung zur Ersatzpflicht bei Vorschäden, die vom Bundesgerichtshof im Wesentlichen bestätigt worden ist, angewandt.
Hierbei ist zunächst der allgemeine Grundsatz zu beachten, wonach es auch hinsichtlich des haftungsausfüllenden Tatbestands dem jeweiligen Geschädigten obliegt, die Voraussetzungen eines Haftungstatbestands darzulegen, d.h. die kausale Verursachung und den Umfang eines Schadens auf der Grundlage eines unstreitigen oder festgestellten haftungsbegründenden Tatbestands. Hinsichtlich des Kausalzusammenhangs und des Umfangs des Schadens gelten nicht die strengen Anforderungen des § 286 ZPO, sondern § 287 ZPO. Danach genügt für die Überzeugungsbildung des Gerichts je nach Lage des Einzelfalls eine überwiegende (höhere oder deutlich höhere) Wahrscheinlichkeit (vgl. BGH, Beschl. v. 15.10.2019, Az.: VI ZR 377/18; zitiert nach juris). Sofern der Schädiger den Umfang oder die Höhe des vom Geschädigten geltend gemachten Schadensersatzes mit der Begründung bestreitet, der Gegenstand sei bereits durch ein früheres Ereignis beschädigt worden, so ändert sich an diesen Grundsätzen nichts und es verbleibt die Darlegungs- und Beweislast grundsätzlich beim Geschädigten (vgl. BGH, a.a.O.).
Der haftungsbegründende Tatbestand, d.h. das Unfallereignis vom 11.1.2020 steht hier fest. Ebenso ist unstreitig, dass der Beklagte zu 1) den Verkehrsunfall allein verschuldet hat. Die Beklagten haben allerdings bestritten, dass die geltend gemachten Schäden auf den Unfall vom 11.1.2020 zurückzufahren sind, vielmehr lasse sich nicht ausschließen, dass diese auf das Unfallereignis im Jahr 2016 zurückzuführen seien.
Zutreffend weisen die Beklagten darauf hin, dass der Geschädigte in einem solchen Fall verpflichtet ist, im Einzelnen zur Art der Vorschäden vorzutragen und substantiiert darzulegen und zu beweisen, dass die Vorschäden vor dem erneuten Unfallereignis reparier...