Zitat
… Streitgegenständlich sind vorliegend die unter Nr. 2 des Bescheids vom 21.9.2018 geregelten Unterpunkte 1, 3 und 4. Die unter Nr. 2 Unterpunkt 2 des Bescheids vom 21.9.2018 angeordnete Auflage einer halbjährlichen Vorlageverpflichtung einer Bescheinigung über die monatliche ärztliche Begleitung der Cannabis Medikation wurde nicht angefochten. Im Übrigen wurde diese Auflage bereits bestandskräftig, da sie auch vom Widerspruch nicht umfasst wurde.
Die Klage hat teilweise Erfolg. Sie ist zulässig und teilweise begründet. Der Auflagenbescheid der Fahrerlaubnisbehörde vom 21.9.2018 und der ihn bestätigende Widerspruchsbescheid vom 20.2.2019 sind bezüglich der Auflage unter Nr. 2 Unterpunkt 3 (halbjährliche Haaranalyse) rechtswidrig und verletzen den Kl. in seinen Rechten. Hinsichtlich der Auflagen unter Nr. 2 Unterpunkte 1 und 4 (jährliche Leistungstestung und Mitteilungspflicht etwaiger Medikationsänderungen) sind sie rechtmäßig und verletzen den Kl. nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
1. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Anfechtungsklage gegen die Auflagenanordnungen ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten gerichtlichen Tatsachenentscheidung. Die angeordneten Auflagen verlängern sich fortwährend, sodass von einem Dauerverwaltungsakt auszugehen ist (vgl. BayVGH, Beschl. v. 25.4.2022 – 11 CS 21.2988 – juris Rn 11; Beschl. v. 20.1.2022 – 11 CS 21.2856 – juris Rn 13; OVG Saarland, Urt. v. 6.10.2021 – 1 A 8/21 – juris Rn 37; BVerwG, Urt. v. 4.12.2020 – 3 C 5.20 – Rn 10).
2. Rechtsgrundlage für die angeordneten Auflagen ist § 46 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 FeV, wonach die Fahrerlaubnisbehörde gegenüber dem Inhaber einer Fahrerlaubnis, der sich noch als bedingt geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist, die erforderlichen Auflagen anordnet.
3. Die formellen Voraussetzungen für die mit Bescheid vom 21.9.2018 verfügten Auflagen liegen vor. Insbesondere ist es unschädlich, dass der Bescheid durch den Freistaat Bayern, handelnd durch das Landratsamt Freising, und nicht durch die Landeshauptstadt München, in deren räumlichen Bereich der Kl. bei Bescheidserlass seinen Wohnsitz hatte, erlassen wurde.
3.1. Die örtliche Zuständigkeit des Bekl. dürfte vorliegend bereits aus Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG folgen, der die Fortführung des Verfahrens durch die Ausgangsbehörde ermöglicht, wenn nach Beginn, aber vor Abschluss des Verfahrens ein Zuständigkeitswechsel eintritt (sog. perpetuatio fori). Wenn sich im Lauf des Verwaltungsverfahrens die die Zuständigkeit begründenden Umstände ändern (hier durch Wohnsitzwechsel des Kl.), kann gemäß Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG die bisher zuständige Behörde das Verwaltungsverfahren fortführen, wenn dies unter Wahrung der Interessen der Beteiligten der einfachen und zweckmäßigen Durchführung des Verfahrens dient und die nunmehr zuständige Behörde zustimmt.
Im Zeitpunkt des Entziehungsbescheids vom 13.6.2016 war das Landratsamt Freising gemäß § 73 Abs. 2 S. 1 FeV als Wohnsitzbehörde des Kl. örtlich zuständig. Danach, aber noch vor Erlass des Rücknahme- und Auflagenbescheids vom 21.9.2018, erfolgte der Umzug in den Zuständigkeitsbereich der Landehauptstadt München. Eine Entscheidung durch die bisherige Fahrerlaubnisbehörde war angesichts des weit fortgeschrittenen Verfahrensstadiums im Zeitpunkt des Zuständigkeitswechsels zweckdienlich und hat den Kl. nicht unzumutbar in seinen Rechten einschränkt. Die Landeshauptstadt München hat ausdrücklich der Fortführung des Verfahrens durch die bisher zuständige Behörde zugestimmt … . Dies erfolgte zwar nach Erlass des Rücknahme- und Auflagenbescheids, dürfte aber unschädlich sein, da eine Zustimmungserklärung jedenfalls durch die Aufsichtsbehörde oder im gerichtlichen Verfahren ersetzt werden kann (vgl. HK-Kastner in Fehling/Kastner/Störmer, VwVfG 5. Aufl. 2021, § 3 Rn 35).
3.2. Letztendlich kann es im vorliegenden Fall aber dahinstehen, ob das Landratsamt örtlich zuständig war. Denn nach Art. 46 BayVwVfG kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts, der nicht nach Art. 44 BayVwVfG nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (vgl. VG München, Urt. v. 27.10.21 – M 19 K 21.2669 – juris Rn 29). Dies ist hier der Fall, weil es sich bei der in Rede stehenden Entscheidung über die Anordnung von Auflagen gemäß § 46 Abs. 2 S. 1 FeV um eine gebundene, nicht im Ermessen der Behörde stehende Entscheidung handelt (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.12.2008 – 3 C 26.07 – juris Rn 19; OVG NRW, Beschl. v. 23.2.2016 – 16 B 45/16 – juris Rn 6 ff.; VG Köln, Beschl. v. 18.8.2021 – 6 L 1039/21 – juris Rn 10), sodass sich die Aufgabenwahrnehmung durch eine andere Behörde nicht zulasten des Kl. ausgewirkt hat.
4. Die materiellen Voraussetzungen für die streitgegenständlichen Auflagen des Bescheids vom 21.9.2018 liegen bezüglich der Nr. 2 Unter...