a) Allgemeines
Bewusstseinsstörungen können durch Alkoholkonsum entstehen, einige Bedingungswerke der VR sprechen auch von Trunkenheit. In der Praxis ergibt sich aus den verschiedenen Begrifflichkeiten keine relevante Unterscheidung. Es ist im konkreten Einzelfall zu prüfen, ob eine alkoholbedingte Bewusstseinsstörung vorliegt. Der VR hat den Vollbeweis zu erbringen. Ist dieser Nachweis gelungen, wird im Wege des Anscheinsbeweises von der alkoholbedingten Bewusstseinsstörung auf die (Mit-)Ursächlichkeit der Bewusstseinsstörung für den Unfall geschlossen. Der VN muss im Sinne einer sekundären Darlegungslast Informationen aus seiner Sphäre offenlegen.
Die Beweislast kann vom VR auf den VN übergehen, soweit eine Beweisvereitelung vorliegt, etwa wegen Vernichtung von Beweismitteln oder Verhinderung einer Ermittlung der Blutalkoholkonzentration (BAK) durch den Fahrer bzw. Unfallflucht. Problematisch sind Fälle des behaupteten Nachtrunks.
b) Alkoholbedingte Bewusstseinsstörungen im Straßenverkehr
Bei Unfällen im Straßenverkehr orientiert man sich im Rahmen der privaten Unfallversicherung an der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Fahruntüchtigkeit. So ist für Fahrer von Kraftfahrzeugen ab Erreichen einer BAK von 1,1 Promille eine absolute Fahruntüchtigkeit anzunehmen. Der VR kann sich den Inhalt der strafrechtlichen Ermittlungsakte mit den Feststellungen zur BAK zu eigen machen. Ab 1,1 Promille BAK nimmt die Rechtsprechung auch im Versicherungsrecht stets ohne Rücksicht auf die Besonderheiten des Einzelfalles und ohne Zulassung eines Gegenbeweises absolute Fahruntüchtigkeit und damit eine Bewusstseinsstörung im Sinne des Risikoausschlusses an.
Liegt der Alkoholisierungsgrad unter 1,1 Promille, müssen äußere Anzeichen für eine Fahruntüchtigkeit vorliegen, um den Ausschlussgrund, die Bewusstseinsstörung, bejahen zu können. Die Feststellung einer relativen Fahruntüchtigkeit muss individuell im Wege des Vollbeweises geführt werden. Diese liegt nur vor, wenn das zum Schaden führende Verhalten der VP den Rückschluss auf eine Ausfallerscheinung (z.B. Fahren in Schlangenlinien) zulässt, die gerade auf einer alkoholbedingten Bewusstseinsstörung beruht. Ergeben sich keine äußeren Anzeichen in Form von Ausfallerscheinungen, müssen Fahrfehler festgestellt werden, die typischerweise auf Alkoholgenuss zurückzuführen sind. Dem VR kommt die Erleichterung des Anscheinsbeweises erst wieder bei der Frage der Ursächlichkeit von Fahruntüchtigkeit und Unfall zugute.
Liegt die BAK unter 0,8 Promille, ist im Einzelfall zu entscheiden, ob die Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit der VP derart herabgesetzt war, dass sie der konkreten Gefahrenlage nicht gewachsen war. Je geringer der festgestellte Promillewert ist, desto höhere Anforderungen sind an das Vorliegen von Ausfallerscheinungen zu stellen. Nicht jede Beeinträchtigung durch Alkohol, die zu einem Unfall führt, welchen ein Nüchterner vermieden hätte, schließt den Versicherungsschutz aus. Es bedarf des Kausalzusammenhangs zwischen Bewusstseinsstörung und Unfall. Die Bewusstseinsstörung ist für den Unfall dann nicht kausal, wenn er sich auch bei einer niedrigeren alkoholischen Beeinflussung ohne Bewusstseinsstörung ereignet hätte.
Bei anderen Verkehrsteilnehmern werden teilweise andere Werte für eine absolute Fahruntüchtigkeit angenommen (z.B. bei Radfahrern ab Erreichen einer BAK von 1,6 Promille unwiderleglich). Entscheidend ist aber auch hier, dass letztlich im Einzelfall auf die Ausfallerscheinungen und die Mitursächlichkeit abzustellen ist.
c) Alkoholbedingte Bewusstseinsstörungen außerhalb des Straßenverkehrs
Für Unfälle außerhalb des Straßenverkehrs existieren keine festen Grenzwerte, ab wann eine alkoholbedingte Bewusstseinsstörung anzunehmen ist. Erforderlich ist eine Einzelfallbetrachtung. Tendenziell verlangt die Rechtsprechung einen erheblichen Grad der Alkoholisierung, der in der Zusammenschau mit den individuellen Verhältnissen und Verhaltensweisen der VP auf eine alkoholbedingte Bewusstseinsstörung schließen läss...