StVG § 17 Abs. 1
Leitsatz
Das auf Parkplätzen geltende Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme gilt dann nicht, wenn die Fahrwege wie solche außerhalb des Parkplatzgeländes im öffentlichen Straßenverkehr benutzt werden; das kann zu einem Vorfahrtsrecht des von rechts Kommenden führen.
AG Solingen, Urt. v. 30.11.2007 – 11 C 193/06
Sachverhalt
Auf einem Kundenparkplatzgelände eines Baumarktes stießen die Fahrzeuge der Parteien zusammen. Der Kundenparkplatz wird von der M-straße und der D-straße durch Zu- und Ausfahrten erschlossen. Um den äußeren Rand führt ein Fahrweg in Form eines sehr lang gestreckten Ovals, dessen beide Längsseiten durch rechtwinklig quer und untereinander parallel verlaufende Zufahrtswege verbunden werden. Zwischen diesen Zufahrtswegen befinden sich die Parkplätze. An den Zu- und Abfahrten zudem Gelände befinden sich Hinweisschilder darauf, dass auf dem Parkplatzgelände die "StVO" gilt. Durch Streckenverbotszeichen entsprechend § 41 Abs. 1 Nr. 7, Zeichen 274 der StVO ist eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 10 km/h bestimmt. Die Ehefrau des Klägers als Fahrerin des Fahrzeuges des Klägers fuhr von der Zufahrt der D-straße aus kommend in nordöstlicher Richtung, der Fahrweg parallel zur M-straße. Gegenüber der Zufahrt/Ausfahrt M-straße mündet in diesen Fahrweg von Nordwesten – aus der Sicht der Fahrerin des Fahrzeuges des Klägers von links – ein Verbindungsweg, über den sich die Beklagte zu 1) als Fahrerin und Halterin des Fahrzeuges des Erstbeklagten näherte. Die Fahrerin des Fahrzeuges des Klägers passierte die Zufahrt/Ausfahrt der M-straße. Dabei kam es zum Zusammenstoß beider Fahrzeuge in der Weise, dass das Fahrzeug des Beklagten mit der Front in die Mitte des Fahrzeuges des Klägers von links fuhr.
Der Kläger hat den Ersatz des ihm erwachsenen Nutzungsausfalls und die Unkostenpauschale geltend gemacht und gemeint, dass der Fahrerin seines Fahrzeuges als von rechts Kommender das Vorfahrtsrecht zugestanden habe. Die Beklagten haben darauf verwiesen, dass die Fahrerin des Fahrzeuges des Klägers in unfallursächlicher Weise gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen habe und eine überhöhte Geschwindigkeit von wenigstens 40 km/h eingehalten habe.
Nach Beweisaufnahme hat das AG der Klage in vollem Umfang stattgegeben.
Aus den Gründen
“Die zulässige Klage ist in vollem Umfang begründet.
Die Beklagten schulden dem Kläger den Ersatz des gesamten ihm bei dem Unfallereignis entstandenen Schadens. Dies ist das Ergebnis einer Abwägung der von den Parteien zu vertretenden Haftungsrisiken und eines gegebenenfalls unfallursächlichen Verschuldens der beteiligten Fahrzeugführer nach § 17 des Straßenverkehrsgesetzes, einer Vorschrift, die vorliegend anwendbar ist, weil sich das Unfallereignis weder als die Folge höherer Gewalt darstellt noch festgestellt werden kann, dass die beteiligten Fahrzeugführer daran kein Verschulden träfe.
Dies bedeutet grundsätzlich, dass die Parteien einander auf Schadensersatz haften, der Kläger als Halter seines Fahrzeugs gem. § 7 StVG, der Beklagte zu 1) als Fahrer und Halter seines Fahrzeugs, zumindest ebenfalls nach § 7 StVG und die Beklagte zu 3) nach § 3 des Pflichtversicherungsgesetzes i.V.m. den vorgenannten Vorschriften.
Bei der Abwägung nach § 17 StVG hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander die Verpflichtung zum Ersatz, sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, wie weit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
Dabei ist zunächst die von beiden Fahrzeugen ausgehende Betriebsgefahr gegeneinander abzuwägen. Ungeachtet des Umstandes, dass es sich bei dem Fahrzeug der Beklagten um ein sehr kleines Fahrzeug handeln mag, ist ein ins Gewicht fallender Unterschied zwischen der von diesem Fahrzeug ausgehenden Betriebsgefahr und derjenigen, die vom klägerischen Fahrzeug ausgehen, letztlich nicht festzustellen.
Alsdann ist ein gegebenenfalls unfallursächliches Verschulden der beteiligten Fahrzeugführer gegeneinander abzuwägen.
Der Erstbeklagte hat gegen §§ 1, 8 Abs. 1 S. 1 verstoßen, indem er der Fahrerin des klägerischen Fahrzeugs ihr Vorfahrtsrecht genommen hat. Auf dem gerichtsbekannten Großparkplatz, der einer praktisch nicht begrenzten Öffentlichkeit zugänglich ist, gilt die Straßenverkehrsordnung – sogar ungeachtet eines entsprechenden Hinweises, der an den Zufahrten allerdings angebracht ist.
Zusätzlich gilt auf Parkplätzen allerdings ein Gebot gegenseitiger Rücksichtnahme, wodurch den besonderen Gegebenheiten bei der Benutzung solcher Parkplätze Rechnung getragen werden soll, insbesondere den dort stets stattfindenden Rangiermanövern und insbesondere mit Rücksicht auf den Umstand, dass die Benutzer solcher Parkplätze der Suche nach freien Parkplätzen eine gesteigerte Aufmerksamkeit widmen.
Es ist freilich nicht ersichtlich, dass der vorliegende Unfall mit Derartigem in Zusammenhang stünde: Die Fahrer der beteiligten Fahrzeuge benutzten die Fahrwege wie solche außerhalb eines Parkplatzgeländes im öffentlichen Straßenverkehr. Der Fahreri...