Zivilrechtlich reicht nach ständiger Rechtsprechung für die Ersatzpflicht aus, wenn der Unfall "der letzte Tropfen" ist, der zum Schadeneintritt führt. Mögen die Vorerlebnisse und Vorbeschwerden auch noch so vielfältig sein, kommt es entscheidend lediglich darauf an, dass durch den Unfall die – u.U. sehr kleine – Schwelle zum konkreten Schaden überschritten wird. Eine Zurechnung erfolgt dabei nicht nur dann, wenn der schädigende Erfolg erst durch Hinzutreten einer Mitursache herbeigeführt wird, sondern bereits dann, wenn der Schaden durch das Hinzutreten der Mitursache vergrößert wird. Auch im letzteren Fall haftet der Schädiger für den Gesamtschaden.
Es findet also eine sehr strikte und im Einzelfall durchaus dramatische Anwendung des zivilrechtlichen Kausalitätsbegriffs statt. Im vorerwähnten Aufsatz von Rehfeldt, Sittaro und Wehking wird formuliert "das Ereignis ist banal, das Ergebnis katastrophal" – man könnte auch sagen "fatal".
Angesichts des nicht selten sehr schmalen Grades zur Schadensverwirklichung führt der extrem weite zivilrechtliche Kausalitätsbegriff manchmal zu unbilligen Ergebnissen. Deshalb hat die Rechtsprechung versucht, Extremfälle zu vermeiden und die Ersatzpflicht insoweit eingeschränkt, als der Unfall ein Ereignis hinreichender Schwere und Intensität darstellen und ein innerer Zusammenhang zwischen Unfall und Verletzung bestehen muss sowie die psychische Beeinträchtigung nicht außer Verhältnis zur Ursache steht; ansonsten fehlt es am haftungsrechtlichen Zurechnungszusammenhang.
Es handelt sich um ein gewisses Korrektiv beim zivilrechtlich weiten Kausalitätsbegriff im Vergleich zum sozialrechtlichen Begriff der wesentlichen Ursache/richtungweisenden Verschlimmerung. Steht die psychische Reaktion in einem groben Missverhältnis zu ihrem Anlass, dass sie schlechterdings unverständlich ist, können die psychischen Folgeschäden dem Schädiger nicht mehr zugerechnet werden. Handelt es sich um einen Unfall mit ganz geringen Verletzungsfolgen und steht die psychische Reaktion des Geschädigten hierauf in einem groben Missverhältnis zum Anlass, kommt ausnahmsweise eine Haftungsbegrenzung in Betracht.
Um den haftungsrechtlichen Zurechnungszusammenhang zu verneinen, muss es sich bei sekundären psychischen Schäden bei der primären physischen Verletzung um eine "Bagatellverletzung" handeln, d.h. um Beeinträchtigungen, die sowohl von der Intensität als auch der Art der Primärverletzung her ganz geringfügig sind und üblicherweise den Verletzten nicht nachhaltig beeindrucken, weil er schon auf Grund des Zusammenlebens mit anderen Menschen daran gewöhnt ist, vergleichbare Störungen seiner Befindlichkeit ausgesetzt zu sein. Bei primären psychischen Schäden muss der Unfall selbst eine Bagatelle sein – also nach seinem Verlauf und seinen Auswirkungen kein verständlicher Anlass für psychische Reaktionen bestehen, die über das Maß dessen hinausgeht, was im Alltagsleben vorkommt. Eine Ausnahme gilt, wenn das schädigende Ereignis gerade eine spezielle Schadenanlage des Geschädigten getroffen hat und nicht nur dessen allgemeine Anfälligkeit für neurotische Fehlentwicklungen. Das ist wiederum nicht der Fall, wenn ein Unfallgeschehen lediglich die Gelegenheit bot, latente innere Konflikte zu kompensieren, der Betroffene gewissermaßen in die neurotische Fehlentwicklung flieht.
Bei alledem ist zu berücksichtigen, dass eine grundsätzliche Gleichstellung von psychischen mit physischen Schäden besteht.
Diese vielfältige Rechtsprechung hat zwar das Ziel, "die Spreu vom Weizen zu trennen" und die Ersatzpflicht auf die wirklichen Unfallfolgen zu begrenzen.
In der Praxis sind aber letztlich nur wenige Fälle so geartet, dass auf der Grundlage dieser Rechtsprechung eine Ersatzpflicht dem Grunde nach ausscheidet. Das liegt – ohne dies jetzt an dieser Stelle werten zu wollen – insbesondere daran, dass die Rechtsprechung den Begriff der "Bagatellverletzung" sehr restriktiv auslegt (ein HWS-Schleudertrauma mit wenigen Tage attestierter – wirklich vorliegender? – Arbeitsunfähigkeit fällt nach der Rechtsprechung bereits nicht mehr darunter). Der Unfallhergang als solcher, nach dem eine primäre psychische Beeinträchtigung behauptet wird, mag in einigen wenigen Fällen tatsächlich eine Bagatelle sein – z.B. ein geringer Blechschaden oder sogar nur eine bedrohliche Situation, in der mit einem Unfall gerechnet wurde. Eine wirkliche Vielzahl von Fällen wird aber dadurch nicht von der Ersatzpflicht ausgeschlossen, sondern allenfalls die Extremfälle. Auch der Nachweis einer Begehrensneurose gelingt höchstens in eklatanten Fällen – zumal man sich insoweit im subjektiven Bereich befindet.
Während bei körperlichen Vorleiden (z.B. Bluter, Osteoporose etc). die Akzeptanz, den Geschädigten so nehmen zu müssen, wie er halt im Unfall ist, weil kein Schädiger Anspruch auf einen gesunden, belastbaren Geschädigten hat, so fällt dies bei psychischen Schäden – wohl unbewusst – schwerer. Das ist vor dem Hintergrund der Gleichstellung von ph...