RA Dr. Michael Burmann
Bislang ist es unstreitig Teil unserer Rechtskultur, dass auch Personen, die über keine Einkünfte verfügen, den Zugang zum Recht erhalten müssen. Allerdings ist Rechtsberatung nicht zum Null-Tarif möglich. Vor dem Hintergrund, dass die Ausgaben für Beratungshilfe in den letzten Jahren angestiegen sind, will der Gesetzgeber nunmehr das Beratungshilfegesetz ändern. Er will insbesondere verhindern, dass unter dem Deckmantel der Rechtsberatung Hilfe in allgemeinen Lebenslagen erteilt wird. Mag man dieses Bestreben noch nachvollziehen können, so stoßen die geplanten Änderungen des Beratungshilfegesetzes jedoch auf erhebliche Bedenken. Beratungshilfe kann auch heute schon versagt werden, wenn die Inanspruchnahme der Beratungshilfe mutwillig ist. Wenn man nun wie der Gesetzgeber den Begriff der Mutwilligkeit definieren will, so liegt es nahe, dass der bisherige Begriff der Mutwilligkeit ausgedehnt werden soll. Ferner ist geplant, dass regionale Listen geführt werden sollen, in denen das vor Ort bestehende Beratungsangebot außerhalb der Anwaltschaft aufgeführt werden soll. Derartige Listen können jedoch nichts darüber aussagen, ob eine Beratung des Rechtsuchenden bei den dort aufgeführten Organisationen zumutbar ist. Wer prüft die Qualität der dort erteilten Beratung? Im Übrigen ist auch darauf hinzuweisen, dass der Rechtsuchende nur bei einem Anwalt darauf vertrauen kann, dass er eine unabhängige, nur seinen Interessen verpflichtende Beratung erhält. Beratungsorganisationen können beispielsweise von staatlichen Fördermitteln abhängig sein. Von daher besteht dann immer die Gefahr, dass man auf diese Situation auch im Rahmen der Beratung Rücksicht nimmt.
Einschneidend ist auch das Vorhaben des Gesetzesentwurfs, dass eine Vertretung im Rahmen der Beratungshilfe nur noch dann erforderlich sein soll, wenn der Rechtssuchende nach der Beratung angesichts des Umfangs, der Schwierigkeit und der Bedeutung der Rechtsangelegenheit seine Rechte nicht selbst wahrnehmen kann. Es entspricht nun der Erfahrung, dass ein Großteil der rechtsuchenden Bevölkerung nicht in der Lage ist, sich in adäquater Weise schriftlich mit Behörden oder anderen Institutionen bzw. Firmen auseinanderzusetzen. Im Regelfall wird eine Beratung nur dann sinnvoll sein, wenn auch die nachfolgende Vertretung durch den Anwalt sichergestellt wird. Wenn man die Vertretungsmöglichkeiten der Anwaltschaft insoweit einschränken will, so gefährdet man auch eine effektive Rechtsberatung.
Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Staatskasse auch die Möglichkeit erhalten, gegen die Erteilung eines Berechtigungsscheines für Beratungshilfe nachträglich Erinnerung einzulegen. Der Rechtsanwalt, dem ein Beratungshilfeschein vorgelegt wird, muss darauf vertrauen könne, dass er dann die sicherlich nicht annähernd kostendeckenden Gebühren für die Erteilung der Beratungshilfe auch abrechnen kann. Der Anwalt hatte ja auf die Erteilung der Bewilligung überhaupt keinen Einfluss. Weshalb soll es dann berechtigt sein, vom Anwalt zu verlangen, gegebenenfalls auch ohne Gebühren anwaltliche Leistungen zu erbringen. Vom Beratungshilfesuchenden wird man im Regelfall die Gebühren nicht erhalten können.
Es ist daher zu befürchten, dass die vom Gesetzgeber geplanten Einschränkungen des Beratungshilfegesetzes dazu führen, dass die finanziell schwachen Teile der Bevölkerung nur noch eine Rechtsberatung verminderter Qualität erhalten können. Derartiges ist jedoch unakzeptabel.
Dr. Michael Burmann, RA Dr. Eick & Partner, Erfurt