Fortsetzung aus zfs 1/2009, S 62 ff.
III. Einfluss des Geschädigten auf die Schadensentwicklung
1. Kfz-Schäden
Bei den Kfz-Schäden sind die Auswahlmöglichkeiten des Geschädigten besonders groß. Das hat eine Vielzahl von Urteilen zur Folge, weil die Landgerichte uns ständig neue Konstellationen unterbreiten und wir immer nur den jeweiligen Einzelfall entscheiden können, wobei wir auf vorangegangenen Entscheidungen aufbauen müssen und deshalb kein geschlossenes Abrechnungssystem entfalten können.
a) Grundsätzlich kann der Geschädigte zwischen der Reparatur des Fahrzeugs und der Anschaffung eines (gleichwertigen) Ersatzfahrzeugs wählen. Im Prinzip steht auch zu seiner Disposition, ob und wie er sein Fahrzeug reparieren lässt.
Lässt er reparieren, muss er allerdings das Wirtschaftlichkeitsgebot beachten und kann nicht Reparaturkosten verlangen, die außer Verhältnis zum Wert des Fahrzeugs stehen. Er sollte deshalb ein Gutachten zu den voraussichtlichen Reparaturkosten einholen – dessen Kosten natürlich erstattungsfähig sind –, wobei das Risiko einer falschen Prognose im Regelfall den Schädiger trifft. Liegen die Reparaturkosten um mehr als 130 % über dem Zeitwert (Wiederbeschaffungswert) des unbeschädigten Kfz, so ist eine Reparatur in aller Regel unwirtschaftlich und deshalb unvernünftig. Lässt der Geschädigte dennoch reparieren, kann er nur den Zeitwert verlangen. Sind die Reparaturkosten niedriger, ist zu unterscheiden: im kritischen Bereich – bis zu 30 % über dem Zeitwert – sind sie nur dann erstattungsfähig, wenn der Geschädigte ein besonderes Integritätsinteresse an der Wiederherstellung des vertrauten Fahrzeugs hat. Dieses muss er durch angemessene Qualität der Reparatur und fortdauernde Nutzung zum Ausdruck bringen. Übersteigen die geschätzten Reparaturkosten den Zeitwert nicht, kommt es ebenfalls auf fortdauernde Nutzung an, nicht aber auf die Qualität der Reparatur.
bb) Lässt der Geschädigte nicht oder nur teilweise reparieren, sondern benutzt das Fahrzeug weiter, so kann er den Schaden fiktiv abrechnen. Sie wissen, dass die Rechtsprechung den Bedürfnissen der Praxis durch die Zulassung einer fiktiven Schadensabrechnung Rechnung trägt und der Gesetzgeber das bei der Neuregelung des Schadensersatzrechts ausdrücklich gebilligt hat. Eine Korrektur ist lediglich durch § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB erfolgt. Hiernach ist die Umsatzsteuer nur zu ersetzen, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist. Den Restwert muss sich der Geschädigte bei Weiternutzung im Rahmen der fiktiven Abrechnung nicht abziehen lassen, weil er ihn nicht realisiert. Anders aber, wenn die Reparaturkosten im kritischen Bereich oder gar oberhalb der Toleranzgrenze liegen, weil er in diesen Fällen mangels (vollständiger) Reparatur kein Integritätsinteresse gelten machen kann bzw. eine Reparatur unvernünftig wäre. An die zunächst gewählte fiktive Abrechnung ist er nicht unbedingt gebunden, sondern kann zur konkreten Abrechnung übergehen, wenn er später tatsächlich reparieren lässt. Im Übrigen ist ihm eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung verwehrt. Soweit es auf die Fortdauer der Nutzung ankommt, gilt auch hier die Untergrenze von sechs Monaten.
cc) Nimmt der Geschädigte eine Ersatzbeschaffung vor, kann er deren Kosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts oder die fiktiven Reparaturkosten verlangen, jeweils unter Abzug des Restwerts. Realisiert er diesen durch Verkauf, kann er der Schadensberechnung grundsätzlich den erzielten Betrag zugrundelegen, wobei die Erzielbarkeit eines besseren Preises ggf. zur Beweislast des Schädigers steht. Auch der Restwert bzw. die Verwertung des beschädigten Fahrzeugs unterliegt dem Gebot der Wirtschaftlichkeit. Diesem genügt der Geschädigte regelmäßig, wenn er das Fahrzeug zu dem vom Sachverständigen geschätzten Restwert verkauft oder in Zahlung gibt und der Schädiger ihm nicht eine günstigere Verwertungsmöglichkeit nachweist, die ohne weiteres wahrgenommen werden kann. Maßgeblich ist der regionale Markt. Der Geschädigte ist deshalb nicht verpflichtet, einen Sondermarkt für Restwertaufkäufer im Internet in Anspruch zu nehmen, muss sich aber einen höheren Erlös anrechnen lassen, den er auf diese Weise ohne besondere Anstrengungen erzielt hat.
Sie sehen, wie die Rechtsprechung bestrebt ist, die gegensätzlichen Interessen auszubalancieren und das Prinzip eines möglichst vollständigen Schadensausgleichs mit dem Gebot der Wirtschaftlichkeit und dem Verbot der Bereicherung in Einklang zu bringen.
b) Das gilt auch für die Mietwagenkosten. Hier wird die neuere Rechtsprechung durch die besondere Konstellation dieses Schadens geprägt. An sich hat der Geschädigte als Fahrzeugmieter kein Interesse an einem günstigen Tarif, während die am Mietvertrag nicht beteiligten Dritten – also der Schädiger und sein Versicherer – zwar die Kosten tragen müssen, aber keinen Einfluss auf die Tarifwahl nehmen können. Das hat dazu geführt, dass die sog. Unfallersatztarife jedes Maß überschritten und ...