Zur Reichweite des Abfindungsvergleichs bei Vorbehalt weiterer Ansprüche wegen künftiger Verschlechterungen des Gesundheitszustandes des Geschädigten vgl. OLG Thüringen zfs 2007, 27; OLG München zfs 2007, 380.
Das hohe anwaltliche Risiko bei Abschluss eines Abfindungsvergleichs beruht darauf, dass der von ihm vertretene Mandant der Angemessenheit des Vergleichs weniger vertraut als einem Urteil, das als "höhere Gewalt" (Borgmann/Jungk, "Anwaltshaftung", 4. Aufl., Kapitel IV Rn 112) angesehen wird. Hinzu kommt, dass die Rspr. von dem Anwalt vor Abschluss des Vergleichs eine vollständige Subsumtion des Prozessstoffs und auf dieser Grundlage die Beratung des Mandanten über die Möglichkeiten und Nachteile des Prozessvergleichs erwartet (vgl. OLG Frankfurt NJW1988, 3269 (3270); OLG Stuttgart VersR 1984, 450). Defensive, das Eingehen von Risiken vermeidende Strategie des Anwalts ist es jedenfalls in zweifelhaften Fällen, von einem Abschluss eines Vergleichs abzuraten. Andererseits kann bei einem günstigen Vergleichsvorschlag ein Abraten von einem Vergleichsvorschlag ebenfalls haftungsbegründend sein (vgl. auch Borgmann/Jungk, a.a.O. Rn 114, 115).
Abweichend von den üblichen Fallgestaltungen, dass künftig wegfallende in den Berechnungsweg des Abfindungsvergleichs eingestellte Rechnungsposten die künftige Angemessenheit des Vergleichsbetrages zweifelhaft erscheinen lassen, liegt dem entschiedenen Fall eine gänzlich abweichende Konstellation zu Grunde. Von Anfang an war der als Abzugsposten bei der Kapitalisierung des Vergleichsbetrages angesehene Betrag der monatlichen Zahlungen der Berufsgenossenschaft übersetzt. Es lag ein gemeinschaftlicher Irrtum der Vertragsschließenden vor, der gerade nicht zu einer Anfechtungsmöglichkeit des Vergleichs führte, sondern die Grundsätze des (anfänglichen) Fehlens der Geschäftsgrundlage anwendbar erscheinen lässt. § 313 Abs. 2 BGB bestimmt, dass das ursprüngliche Fehlen der subjektiven Geschäftsgrundlage als Anwendungsfall der Störung der Geschäftsgrundlage einzuordnen ist. Die "Segelanweisung" des BGH, die dem Berufungsgericht aufgibt, zu überprüfen, ob von einem gemeinsamen Irrtum beider Parteien ausgegangen werden kann und ob bei Bejahung dieser Frage eine Anpassung der Abfindungssumme erfolgen muss, könnte dazu führen, dass der als Abzugsposten bei der Kapitalisierung des Abfindungsbetrages eingesetzte überhöhte Betrag der berufsgenossenschaftlichen Rente nicht mehr abgezogen wird und eine erneute, diesmal höhere Abfindungssumme ausgeworfen wird. Bei richtiger Würdigung dieses Ausgangsbetrages wäre ein höherer Abfindungsbetrag errechnet worden (vgl. auch Medius, in: Festschrift Flume I, 1978, S. 629 ff.).
RiOLG Heinz Diehl, Frankfurt am Main