BGB § 651d Abs. 1
Leitsatz
Bei besonderer Schwere kann ein Ereignis, das zu einem Mangel führt, eine Minderung rechtfertigen, die nicht auf den anteiligen Reisepreis für die Dauer des Ereignisses beschränkt ist.
BGH, Urt. v. 15.7.2008 – X ZR 93/07
Sachverhalt
Der Kläger macht gegen den beklagten Reiseveranstalter aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau Ansprüche aus einem Reisevertrag geltend.
Er buchte für sich und seine Ehefrau bei der Beklagten eine Pauschalreise mit Flug und Aufenthalt in einer Hotelanlage in der Südtürkei zum Gesamtpreis von 1.110 EUR.
Während des Rückflugs am 8.10.2005 traten technische Probleme am Flugzeug auf, die zu einer außerplanmäßigen Landung in I [Türkei] führten. Nachdem den im Transitbereich wartenden Passagieren mitgeteilt worden war, dass das Flugzeug repariert sei, verweigerte ein Teil der Passagiere den Weiterflug mit diesem Fluggerät. Eine daraufhin bereitgestellte Ersatzmaschine startete rd. 12 Stunden nach der außerplanmäßigen Landung und erreichte ohne weitere Zwischenfälle den Zielflughafen.
Der Kläger machte geltend, die technischen Probleme hätten zu einem Beinaheabsturz des Flugzeugs geführt, und er sowie seine Ehefrau hätten Todesangst ausgestanden. Dadurch sei der Erholungswert der Reise vollständig aufgehoben worden. Mit seiner Klage hat der Kläger die vollständige Rückzahlung des Reisepreises und eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von 72 EUR je Tag und Person verlangt, insgesamt einen Betrag von 3.270 EUR nebst Zinsen. Die Beklagte anerkannte die Forderung in Höhe eines Betrages von 280 EUR nebst Zinsen und begehrte im Übrigen Klageabweisung.
Durch Teilanerkenntnis- und Schlussurteil hat das AG die Beklagte zur Zahlung von 280 EUR nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben (das Berufungsurteil ist in RRa 2008, 69 abgedruckt).
Die Revision des Klägers führte zur teilweisen Aufhebung und Zurückweisung.
Aus den Gründen
Aus den Gründen: [5] „I. Soweit die Revision die Verneinung einer Minderung des Reisepreises (§ 651d Abs. 1 BGB) nebst Zinsen angreift, führt sie zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens zu übertragen ist. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass sich aus den Entscheidungen der Vorinstanzen nicht mit hinreichender Sicherheit ergibt, auf welche der geltend gemachten Forderungen der anerkannte Betrag von 280 EUR nebst Zinsen angerechnet worden ist, auch wenn einiges dafür spricht, dass die Anrechung zumindest teilweise auf den geltend gemachten Minderungsbetrag erfolgen sollte. Dafür, dass eine Tilgungsbestimmung bei der Leistung durch die Beklagte erfolgt ist (§ 366 Abs. 1 BGB), fehlt es an Feststellungen. Der festgestellte Sachverhalt lässt zudem auch eine Beurteilung dahin, ob sich die Tilgung aus der Regelung in § 366 Abs. 2 BGB ergibt, nicht zu.
[6] 1. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Regelung in § 651d Abs. 1 S. 1 BGB eine Minderung ausdrücklich nur “für die Dauer des Mangels’ vorsehe und dass, da nach dem Klagevortrag lediglich der Rückreisetag mangelbehaftet gewesen sei, bei einer Reisedauer von 14 Tagen lediglich eine Minderungsquote von 1/14, bezogen auf den Reisepreis, und damit ein Minderungsbetrag von 79,29 EUR in Betracht komme. Soweit der Kläger geltend mache, dass der behauptete Beinaheabsturz den Erholungswert der Reise vollständig zunichte gemacht habe, sei die Frage der Rückwirkung eines Mangels angesprochen. Dessen Behandlung sei zwar dogmatisch umstritten, jedoch nur über Schadensersatzansprüche nach § 651f BGB zu lösen. Auch wenn sich aus der Rspr. des BGH ergebe, dass eine Preisanpassung ausnahmsweise auch dann zugelassen werden könne, wenn der Mangel schon kurz nach Reisebeginn auftrete, sei im vorliegenden Fall der der Erholung dienende Teil der Reise bereits abgeschlossen gewesen, bevor der Mangel aufgetreten sei. Eine im Wesentlichen mangelfreie Reisezeit könne nicht dadurch rückwirkend mangelbehaftet werden, dass die bis dahin erreichte Erholung durch einen nachfolgenden Mangel wieder beseitigt werde. Auch die Nachwirkungen eines Mangels könnten allenfalls soweit zu einer Minderung führen, als sie in die Reisezeit fielen, minderten aber nicht den Wert der Reise selbst, sondern stellten einen Mangelfolgeschaden dar.
[7] 2. Dies hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in vollem Umfang stand. Dem Kläger kann unter dem Gesichtspunkt der Minderung ein Anspruch auf Rückzahlung des Reisepreises bis hin zu dessen vollständiger Rückzahlung zustehen (§§ 651d Abs. 1, 651c Abs. 1, 638 Abs. 3, 398 BGB).
[8] a) Nicht zu beanstanden ist allerdings die Auffassung des Berufungsgerichts, dass erst nach Beendigung der Reise auftretende Beeinträchtigungen des Reisenden im Weg des Schadensersatzes nach § 651f BGB auszugleichen sind und nicht im Weg der Minderung nach § 651d BGB. Ob dies auch für Nachwirkungen des Mangels während der Dau...