AUB § 1 Abs. III; § 2 U(1)
Eine sonnen- und hitzebedingte Kreislaufreaktion, in deren Folge der Versicherte zusammensackt und mit dem Kopf auf den Boden schlägt, stellt eine gesundheitliche Beeinträchtigung dar, die eine Reaktion auf die drohende Gefahr nicht zulässt; unbeschadet der Dauer der Beeinträchtigung liegt der Ausschluss vom Versicherungsschutz wegen Bewusstseinsstörung vor.
BGH, Beschl. v. 24.9.2008 – IV ZR 219/07
Aus den Gründen:
[2] “… I. Zwischen den Parteien gelten die Allgemeinen Unfallversicherungs-Bedingungen (AUB 88). Nach § 2 I (1) S. 1 und 2 AUB 88 fallen Unfälle durch Geistes- oder Bewusstseinsstörungen nicht unter den Versicherungsschutz. Dieser besteht nur dann, wenn die Störung durch ein unter diesen Vertrag fallendes ‘Unfallereignis’ – das heißt durch ein Unfallereignis i.S.v. § 1 III AUB 88 – verursacht war.
[3] 1. Der Senat hat zuletzt im Urt. v. 17.5.2000 (VersR 2000, 1090 unter 3a) ausgeführt, dass eine Bewusstseinsstörung i.S.d. § 3 (4) S. 1 AUB 61, der inhaltlich dem § 2 I (1) S. 1 AUB 88 entspricht, nicht den Eintritt völliger Bewusstlosigkeit voraussetzt, es genügen vielmehr solche gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit des Versicherten, die die gebotene und erforderliche Reaktion auf die vorhandene Gefahrenlage nicht mehr zulassen ( … ).
[4] Die Klägerin selbst hat vorgetragen, sie habe eine sonnen- und hitzebedingte Kreislaufreaktion erlitten, in deren Folge sie zusammengesackt und mit dem Hinterkopf auf die Betonkante eines Blumenbeetes geschlagen sei. Sie hat damit eine gesundheitliche Beeinträchtigung dargestellt, die ihr eine Reaktion auf die drohende Gefahr – das Aufschlagen des Kopfes auf den Boden – nicht mehr gestattete. Das stellt – unbeschadet der Dauer der Beeinträchtigung – eine Bewusstseinsstörung i.S.d. Klausel dar. Das Berufungsgericht durfte davon ausgehen, dass sich die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte diesen Vortrag der Klägerin zu Eigen gemacht hat; es hat daher zu Recht einen Ausschluss nach § 2 I (1) S. 1 AUB 88 angenommen.
[5] 2. Die Voraussetzungen für einen Wiedereinschluss nach § 2 I (1) S. 2 AUB 88 sind hingegen nicht dargetan.
[6] Die Klägerin macht geltend, sich am 21.10.2003 an den Hotelstrand begeben zu haben und dort im Schatten unter einem Sonnenschirm eingeschlafen zu sein. Während des Schlafes habe sich der Sonnenstand verändert, sodass sie schließlich in der prallen Sonne liegend aufgewacht sei.
[7] Mit Fällen allmählicher Einwirkungen von Witterungsbedingungen hat sich der Senat bereits in den Beschlüssen vom 21.2.1996 (IV ZR 327/94 – nicht veröffentlicht) und vom 26.6.1996 (IV ZR 274/95 – nicht veröffentlicht) befasst. Durch diese Beschlüsse wurden Revisionen gegen Urteile des OLG Stuttgart (VersR 1997, 176) und des OLG Karlsruhe (nicht veröffentlicht) nicht angenommen. In der Sache hat der Senat damit entschieden, dass in solchen Fällen ein Unfallereignis i.S.d. § 1 III AUB 88 nur dann angenommen werden kann, wenn der Versicherte durch ein hinzutretendes äußeres Ereignis in seiner Bewegungsfreiheit so beeinträchtigt wird, dass er den Einwirkungen von z.B. Kälte oder Hitze hilflos ausgesetzt ist (grundlegend hierzu bereits BGH VersR 1962, 341).
[8] Auf dieser Grundlage ist die Ablehnung des Wiedereinschlusses nach § 2 I (1) S. 2 AUB 88 durch das Berufungsgericht nicht zu beanstanden. Es fehlt an einem der Sonneneinstrahlung vorausgehenden, von außen auf den Körper der Klägerin einwirkenden und sie in ihrer Bewegungsfähigkeit derart einschränkenden Ereignis, dass sie der Sonneneinstrahlung hilflos ausgeliefert gewesen wäre. Das behauptete Einschlafen kann bereits deshalb kein solches Ereignis sein, weil es kein von außen wirkender, sondern ein innerer Vorgang ist.”
1. Mit diesem Beschluss äußert sich der BGH erneut u.a. (zum Wiedereinschluss siehe Marlow/Tschersich, RuS 2009, 441, 443) zu der Frage, ob es für die Annahme einer Bewusstseinsstörung, die nicht auf Alkoholisierung oder Drogenkonsum beruht, einer zugrunde liegenden Krankheit bedarf oder eine kurzfristige Gesundheitsbeeinträchtigung ausreichend ist. Trotz seiner jüngeren, jetzt bestätigten, Rspr. (BGH RuS 2000, 478 = VersR 2000, 1090) wird z.T. noch immer vertreten, dass die Gefährdung der Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit krankhafter Natur sein muss (Grimm, AUB, 4. Aufl., Nr. 5 AUB 99 Rn 8 m.w.N.; Kloth, Private Unfallversicherung, S. 170; Marlow, RuS 2004, 353, 356). Das ist unrichtig. Auch eine nur kurzfristig auftretende gesundheitliche Beeinträchtigung der Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit ist eine Bewusstseinsstörung, wenn sie dazu führt, dass die konkrete Gefahrenlage nicht mehr beherrscht werden kann (vgl. Terbille/Hormuth, Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht, 2. Aufl., § 24 Rn 125; Beckmann/Matusche-Beckmann/Mangen, Versicherungsrecht-Handbuch, 2. Aufl., § 47 Rn 42).
2. Ausreichend sind nach dieser Maßgabe für eine Bewusstseinsstörung daher auch eine – wie hier – vorübergehende Kreislaufreaktion ("Schwarz vor A...