§§ 249, 254 Abs. 2
1. Der Geschädigte darf seiner (fiktiven) Schadensberechnung grundsätzlich die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zu Grunde legen, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (Bestätigung des Senatsurteils BGHZ 155, 1 = r+s 2003, 301).
2. Will der Schädiger den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht i.S.d. § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen "freien Fachwerkstatt" verweisen, muss der Schädiger darlegen und ggf. beweisen, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht.
3. Zur Frage, unter welchen Umständen es dem Geschädigten gleichwohl unzumutbar sein kam, sich auf eine technisch gleichwertige Reparaturmöglichkeit außerhalb der markengebundenen Fachwerkstatt verweisen zu lassen.
BGH, Urt. v. 20.10.2009 – VI ZR 53/09
Der Kläger macht gegen den Beklagten restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend. Dabei wurde das Fahrzeug des Klägers, ein zum Unfallzeitpunkt ca. 9 ½ Jahre alter VW Golf mit einer Laufleistung von über 190.000 km, beschädigt.
Die Haftung des Beklagten steht dem Grunde nach außer Streit. Die Parteien streiten nur noch um die Frage, ob sich der Kläger im Rahmen der fiktiven Abrechnung seines Fahrzeugschadens auf niedrigere Stundenverrechnungssätze einer ihm vom Schädiger bzw. von dessen Haftpflichtversicherer benannten "freien Karosseriefachwerkstatt" verweisen lassen muss oder ob er auf der Grundlage des von ihm vorgelegten Sachverständigengutachtens die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen VW-Fachwerkstatt erstattet verlangen kann.
Der Haftpflichtversicherer des Beklagtenfahrzeugs hat die Stundenverrechnungssätze (Arbeitslohn und Lackierkosten) entsprechend den günstigeren Preisen der benannten freien Reparaturwerkstatt um insges. 220,54 EUR gekürzt. Dieser Differenzbetrag nebst Zinsen ist Gegenstand der vorliegenden Klage.
Das AG hat die Klage abgewiesen. Auf die zugelassene Berufung des Klägers hat das LG das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage antragsgemäß stattgegeben. Mit der vom BG (BG) zugelassenen Revision begehrt der Beklagte eine Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Aus den Gründen:
[7] “… 1. Das BG ist zutreffend von dem Senatsurt. BGHZ 155, 1 = (sog. Porsche-Urteil) ausgegangen, in welchem der Senat entschieden hat, dass der Geschädigte, der fiktive Reparaturkosten abrechnet, der Schadensberechnung grundsätzlich die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zu Grunde legen darf.
[8] Ist wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, kann der Geschädigte vom Schädiger gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag beanspruchen. Was insoweit erforderlich ist, richtet sich danach, wie sich ein verständiger, wirtschaftlich denkender Fahrzeugeigentümer in der Lage des Geschädigten verhalten hätte (vgl. Senatsurt. BGHZ 61, 346.; 132, 373 = r+s 1996, 266; vom 4.12.1984 – r+s 1985, 62 = VersR 1985, 283 und v. 15.2.2005 – r+s 2005, 217 = VersR 2005, 568). Der Geschädigte leistet im Reparaturfall dem Gebot zur Wirtschaftlichkeit im Allgemeinen Genüge und bewegt sich in den für die Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gezogenen Grenzen, wenn er der Schadensabrechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zu Grunde legt, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat (vgl. Senatsurt. BGHZ 155, 1 = r+s 2003, 301). Wählt der Geschädigte den vorbeschriebenen Weg der Schadensberechnung und genügt er damit bereits dem Wirtschaftlichkeitsgebot nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB, so begründen besondere Umstände, wie das Alter des Fahrzeuges oder seine Laufleistung keine weitere Darlegungslast des Geschädigten.
[9] 2. In seinem Urteil BGHZ 155, 1 = r+s 2003, 301 ist der Senat dem dortigen BG vom Ansatz her allerdings auch in der Auffassung beigetreten, dass der Geschädigte, der mühelos eine ohne Weiteres zugängliche günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit hat, sich auf diese verweisen lassen muss. Rechnet der Geschädigte – konkret oder fiktiv – die Kosten der Instandsetzung als Schaden ab und weist er die Erforderlichkeit der Mittel durch eine Reparaturkostenrechnung oder durch ein ordnungsgemäßes Gutachten eines Sachverständigen (vgl. BGHZ, a.a.O.) nach, hat der Schädiger die Tatsachen darzulegen und zu beweisen, aus denen sich ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht i.S.d. § 254 Abs. 2 BGB ergibt.
[10] a) Welche konkreten Anforderungen in diesem Zusammenhang an eine ‘gleichwertige’ Reparaturmöglichkeit zu stellen sind, konnte im vorgenannten Senatsurteil offen bleiben, weil der dort vom BG der Schadensabrechnung zu Grunde gelegte abstrakte Mittelwert der Stundenverrechnungssätze aller repräsentativen Marken- u...