BGB § 842 § 843 § 252; StVG § 11 S. 1
Leitsatz
1. Der Unternehmer kam seinen Erwerbsschaden nicht fiktiv in Höhe des Gehalts einer gleichwertigen Ersatzkraft geltend machen, weil der zu ersetzende Schaden nicht im Wegfall oder der Minderung der Arbeitskraft als solcher liegt, sondern nur in der unfallbedingt tatsächlich eingetretenen Minderung des Gewinns.
2. Kosten für eine tatsächlich eingestellte Ersatzarbeitskraft begründen regelmäßig einen erstattungsfähigen Erwerbsschaden des Unternehmers, wenn durch deren Einsatz ein Betriebsergebnis erzielt worden ist, das jedenfalls nicht höher lag als es durch den unfallbedingt ausgefallenen Mitarbeiter hätte wahrscheinlich erzielt werden können.
3. Betragen die tatsächlich angefallenen Kosten einer Ersatzkraft mehr als das 6,5-fache des durchschnittlichen monatlichen Unternehmenslohns des Inhabers und Geschäftsführers eines Bestattungsunternehmens, ist der Einsatz der Ersatzkraft betriebswirtschaftlich nicht vertretbar und bedeutet einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht (§ 254 BGB).
(Leitsätze des Einsenders)
KG, Beschl. v. 8.7.2010 – 12 U 81/10
Sachverhalt
Der Kläger hat einen behaupteten Erwerbsschaden nach einem zu seiner Verletzung führenden Verkehrsunfall geltend gemacht, für dessen Folgen die beklagte Haftpflichtversicherung zu 100 % haftet
Der Kläger, der Inhaber und Geschäftsführer eines Bestattungsunternehmens mit drei Angestellten ist, hatte vor dem Unfallereignis einen monatlichen Unternehmerlohn in Höhe von 3.266,67 EUR erzielt. Er hat angeführt, auf Grund des bei dem Unfall erlittenen Schleudertraumas und einer Prellung des Thorax in der Zeit vom 2. – 23.3.2009 arbeitsunfähig krank gewesen zu sein. Er habe sich während dieser Zeit in der Geschäftsführung seines Unternehmens durch seine Mutter, die ihrerseits Inhaberin eines anderen Bestattungsunternehmens sei, vertreten lassen. Die Mutter des Klägers hatte ihm für die Vertretung 22.089,15 EUR in Rechnung gestellt. Seinen Erwerbsschaden berechnet er in der Weise, dass er von einem Betrag von 8.634 EUR, den nach seiner Darstellung ein Bestattungsdienstleister für die Vertretung in Rechnung gestellt hätte, den auf den Erwerbsschaden von der Beklagten geleisteten Betrag von 3.266,67 EUR abzieht und damit einen Erwerbsschaden von noch 5.097, 33 EUR geltend gemacht hat.
Das LG hat unter Hinweis darauf, dass es unter kaufmännischen Gesichtspunkten nicht zu vertreten gewesen sei, im Hinblick auf einen zu erwartenden Gewinn von allenfalls 3.266,67 EUR im Monat Mehraufwendungen für eine Ersatzkraft in Höhe eines Vielfachen entstehen zulassen. Die Berufung des Klägers meint, die besondere Rolle der Arbeitsleistung des Klägers für den Bestand des Kleinbetriebes sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Seiner Schadensminderungspflicht sei er dadurch ausreichend nachgekommen, dass er sich sofort um Ersatz für seine unternehmerische Tätigkeit bemüht habe. Zum Zeitpunkt seines Unfalls sei ihm auch nicht klar gewesen, wie lange er unfallbedingt ausfallen werde. Der Senat wies auf die mangelnde Erfolgsaussicht der Berufung hin.
2 Aus den Gründen:
"Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzlich Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rspr. erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts, § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO.
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung erfolgreich nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist hier indes nicht der Fall.
Das LG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger stehen die gem. §§ 7 Abs. 1, 11 S. 1 StVG, §§ 823 Abs. 1, 252 BGB, § 115 VVG geltend gemachten Ansprüche nicht zu.
1. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Ersatz eines weiteren Erwerbsschadens.
a) Der Kläger kann seinen Erwerbsschaden nicht unter Hinweis auf das Kostenangebot des Bestattungsdienstleisters E begründen.
Der Unternehmer kann seinen Schaden nämlich nicht abstrakt in Höhe des Gehalts einer gleichwertige Ersatzkraft geltend machen. Denn der zu ersetzende Schaden liegt nicht im Wegfall oder der Minderung der Arbeitskraft als solcher, sondern setzt voraus, dass sich der Ausfall oder die Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit im Erwerbsergebnis konkret ausgewirkt hat (BGH NZV 2004, 344, 346; NJW-RR 1992, 852).
Da der Kläger den Bestatter E zur Vertretung gar nicht beschäftigt hat, kann er das von diesem in seinem Angebot geforderte Entgelt als Schaden nicht geltend machen.
b) Dem Kläger steht über den bereits von der Beklagten gezahlten Betrag in Höhe von 3.266,67 EUR hinaus auch im Hinblick auf die durch seine Mutter für die behauptete Vertretung in der Geschäftsführung in Rechnung gestellten 22.089,15 EUR kein weiterer Anspruch zu.
aa) Nach der Rspr. des BGH bedarf es bei selbstständig Tätigen zur Beantwortung der Frage, ob diese einen Verdienstausfallschaden erlitten haben, der Prüfung, wie sich das von ihnen betr...