Einführung
Nachdem jahrelang um das so genannte "Geldsanktionsgesetz" gekämpft wurde, ist dieses nun im Herbst 2010 in Kraft getreten. Das Gesetz setzt den Rahmenbeschluss 2005/214/JI des Rates vom 24.2.2005 um und ermöglicht die Vollstreckung ausländischer Geldsanktionen nach Straf- und Ordnungswidrigkeiten in Deutschland. Der Beitrag gibt einen Überblick über die Einspruchseinlegung und das nachfolgende gerichtliche Verfahren bis zum Beschluss des Amtsgerichts hierüber.
I. Einspruchseinlegung
Der Gesetzgeber hat für den Fall eines "normalen" Vollstreckungsverlaufs gem. § 87f Abs. 1 bis 3 IRG eine Bewilligungsentscheidung der Vollstreckungsbehörde (= Bundesamt für Justiz in Bonn) vorgesehen. Nach Zustellung einer derartigen Vollstreckungsentscheidung besteht dann gem. § 87f Abs. 4 IRG in Anlehnung an § 67 Abs. 1 OWiG die Möglichkeit der Einspruchseinlegung.
1. Allgemeines
Nähere eigene Regelungen zum Einspruch hat der Gesetzgeber nicht geschaffen, sondern – wie im OWiG – auf die strafprozessualen Rechtsmittelvorschriften der §§ 297 bis 300 und 302 StPO verwiesen. Zudem gelten die §§ 42 bis 47 StPO über Fristen und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen § 87f Abs. 4 S. 2 IRG sinngemäß. Damit wird auch dem Ausschluss der Anfechtungsmöglichkeit nach Maßgabe des § 87h Abs. 2 S. 2 IRG Rechnung getragen. Bleiben dann noch Probleme ungeklärt, so sind nach § 77 Abs. 1 IRG die StPO und OWiG sinngemäß anzuwenden.
2. Einspruchsberechtigter
Zunächst ist natürlich der Vollstreckungsschuldner selbst einspruchsberechtigt. Der gesetzliche Vertreter des Betroffenen kann nach § 87f Abs. 4 S. 2 IRG i.V.m § 298 Abs. 1 StPO auch für diesen Einspruch einlegen. Auch ohne ausdrücklichen Verweis auf das JGG dürfte das gleiche Recht auch den Erziehungsberechtigten in entsprechender Anwendung von § 67 Abs. 3 JGG (vgl. nämlich § 77 Abs. 1 IRG) zustehen. Der Einspruch kann natürlich auch durch den bevollmächtigten Beistand eingelegt werden. Er kann dies aus eigenem Recht und in eigenem Namen tun. Dieses Recht hat zur Folge, dass die Einspruchseinlegung durch den Beistand nicht die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht erfordert. Er darf natürlich auch nicht über die ihm erteilte Vollmacht hinausgehen oder gegen den ausdrücklichen Willen des Betroffenen Einspruch einlegen, was dann auch zur Unwirksamkeit der Einspruchseinlegung führt. Auch die Einspruchseinlegung durch andere bevollmächtigte Personen ist nach h.m. wirksam. Sie haben natürlich stets kein eigenes Einspruchsrecht, sondern treten im Namen des Betroffenen auf. So können etwa Einspruchseinlegungen "auf den letzten Drücker" durch den Bürovorsteher eines Anwaltes erfolgen. Die Vollmacht kann dann noch nachgereicht werden.
3. Einspruchserklärung/Falschbezeichnung
Der Einspruch ist grundsätzlich als solcher zu bezeichnen. Die Falschbezeichnung des Einspruchs ist aber unschädlich (§ 87f Abs. 4 S. 2 IRG i.V.m. § 300 StPO). Zweifel daran, ob eine Erklärung des Betroffenen als Einspruch zu werten ist, muss die Behörde durch Rückfrage bei dem Betroffenen beheben.
4. Bedingung/Beschränkung/Begründung
Unwirksam ist der Einspruch dann, wenn er bedingt eingelegt wird und die Bedingung auf ein künftiges ungewisses Ereignis abstellt. Reine Rechtsbedingungen sind dagegen unschädlich. Einen beschränkten Einspruch hat der Gesetzgeber im IRG nicht vorgesehen – da das Rechtsmittelrecht der StPO aber anwendbar ist, erscheint auch die Beschränkung des Einspruchs theoretisch durchaus möglich. Aus jetziger Sicht mag dies allenfalls dort praxisrelevant werden, wo mehrere Entscheidungen des ersuchenden Staates in einem Verfahren vollstreckt werden sollen. Einer Einspruchsbegründung bedarf es (wie im Bußgeldverfahren) nicht. Sie ist für den Anwalt jedoch aus anwaltlicher Vorsicht unbedingt empfehlenswert.
5. Form des Einspruchs
Der Einspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift beim Bundesamt für Justiz zu erheben, §§ 87f Abs. 4 S.1 i.V.m. 74 IRG. Der Beistand sollte – falls noch möglich – immer den Eingang seines Einspruchsschreibens telefonisch überprüfen, insbesondere wenn er eine der nachfolgend dargestellten (fehleranfälligen) elektronischen Übermittlungsformen zur Einspruchseinlegung gewählt hat. Hinsichtlich des Schriftformerfordernisses ist die Rechtsprechung recht großzügig...