OWiG § 107 Abs. 5 § 110d Abs. 1
Leitsatz
Die Aktenversendungspauschale nach § 107 Abs. 5 OWiG fällt nur dann an, wenn die Akteneinsicht vollständig gewährt wird. Bei einer in elektronischer Form geführten Akte muss der Aktenausdruck gem. § 110d Abs. 1 S. 3 OWiG auch die Vermerke nach § 110d Abs. 1 S. 3 OWiG wiedergeben, wenn sich der Verteidiger sich nicht mit einer anderen Form zufriedengibt.
(Leitsatz der Schriftleitung)
AG Osnabrück, Beschl. v. 18.1.2013 – 201 OWi 570/12
Sachverhalt
Der Verteidiger des Betr. hatte in dem Bußgeldverfahren die Gewährung von Akteneinsicht beantragt. Die Stadt Osnabrück, bei der die betreffende Akte in elektronischer Form geführt wurde, gewährte dem Verteidiger Akteneinsicht durch Übersendung eines Aktenauszugs. Dafür setzte die Verwaltungsbehörde die Aktenversendungspauschale nach § 107 Abs. 5 OWiG i.H.v. 12 EUR an. Der gegen diesen Kostenansatz gerichtete Antrag auf gerichtliche Entscheidung hatte beim AG Osnabrück Erfolg.
2 Aus den Gründen:
“ … Der Antrag des Verteidigers auf gerichtliche Entscheidung als Rechtsbehelf gegen den Ansatz der erhobenen Auslagen ist zulässig und begründet.
Die Erhebung der Auslagenpauschale kann nämlich nur verlangt werden, wenn die Akteneinsicht vollständig erfolgt, was bisher hier nicht der Fall ist. Die Akte, in die der Verteidiger Einsicht begehrt, wird bei der Stadt Osnabrück in elektronischer Form geführt, weshalb sich die Akteneinsicht – jedenfalls wenn der Verteidiger sich nicht mit einer anderen Form begnügt – nach § 110d OWiG richtet und insoweit auch nur in dieser Form ein Aktenausdruck erfolgen kann. Ein zur Akteneinsicht bestimmter Aktenauszug muss gem. § 110d Abs. 1 S. 3 OWiG vorhandene Vermerke gem. § 110b Abs. 2 S. 2 OWiG wiedergeben. Darüber hinaus bedarf es eines zusätzlichen Vermerks betreffend die qualifizierte Signatur des elektronischen Dokuments gem. § 298 Abs. 2 ZPO.
Diesen Anforderungen genügt die dem Gericht vorliegende Akte nicht. So tragen die Dokumente schon keine Vermerke, aus denen sich das Datum des Einscannens und der Name des Arbeitsplatzes ergibt (vgl. AG Duderstadt, Beschl. v. 1.2.2012 – 3 OWi 366/11, VRR 2012, 234; AG Eutin, Beschl. v. 15.6.2009 – 36 OWi 4/09, VRR 2009, 480). Auch ein Vermerk i.S.d. § 298 Abs. 2 ZPO fehlt … .“
3 Anmerkung:
Gem. § 107 Abs. 5 OWiG werden von demjenigen, der die Versendung von Akten beantragt, je durchgeführte Sendung einschließlich der Rücksendung durch Behörden pauschal 12 EUR als Auslagen erhoben. Wird die Akte elektronisch geführt und erfolgt ihre Übermittlung elektronisch, beträgt die Pauschale 5 EUR.
Auf welche Weise die Akteneinsicht bei elektronisch geführten Akten gewährt werden kann, bestimmt sich nach § 110d Abs. 2 S. 1 OWiG:
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Zum einen kann sie durch Übermittlung von elektronischen Dokumenten, deren Wiedergabe auf einem Bildschirm erfolgt, gewährt werden. |
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Dem Verteidiger kann nach Abschluss der Ermittlungen auf Antrag auch Akteneinsicht durch Gestattung des automatisierten Abrufs der elektronisch geführten Akte gewährt werden, § 110d Abs. 2 S. 2 OWiG. |
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Zum anderen erfolgt die Akteneinsicht durch Erteilung eines Aktenausdrucks. |
Welche Anforderungen an den Aktenausdruck zu richten sind, bestimmt § 110d Abs. 1 OWiG:
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Infolge der Verweisung in § 110d Abs. 1 S. 2 OWiG auf § 298 Abs. 2 ZPO muss der Aktenausdruck einmal den dort beschriebenen Vermerk enthalten, nämlich 1. welches Ergebnis die Integritätsprüfung des Dokumentes ausweist, 2. wen die Signaturprüfung als Inhaber der Signatur ausweist, 3. welchen Zeitpunkt die Signaturprüfung für die Anbringung der Signatur ausweist. |
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Ferner müssen nach § 110d Abs. 1 S. 2 OWiG vorhandene Vermerke nach § 110b Abs. 2 S. 2 und Abs. 4 OWiG wiedergegeben werden: 1. Das elektronische Dokument muss den Vermerk enthalten, wann und durch wen die Urschrift übertragen worden ist. 2. Enthält das elektronische Dokument zusätzlich zu dem vorgenannten Vermerk einen mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehenen Vermerk darüber, so muss der Aktenausdruck auch den Vermerk enthalten, a) dass die Wiedergabe auf dem Bildschirm mit der Urschrift inhaltlich und bildlich übereinstimmt sowie b) ob die Urschrift bei der Übertragung als Original oder in Abschrift vorgelegen hat. |
Um einen ordnungsgemäßen Aktenausdruck zu erstellen, muss die Verwaltungsbehörde folglich einige Formalien erfüllen. Erfüllt der dem Verteidiger erteilte Aktenauszug diese Formalien nicht, wird die Aktenversendungspauschale nach § 107 Abs. 5 OWiG nicht ausgelöst (s. hierzu AG Eutin VRR 2009,480; AG Duderstadt VRR 2012, 234; s. ferner AG Bad Segeberg VRR 2009, 480).
VRiLG Heinz Hansens