Oder: Zum Schadensmanagement der Rechtsschutzversicherer
Wer hat es noch nicht erlebt? Man bearbeitet ein Mandat gründlich und sorgfältig, ist erfolgreich für den Mandanten, weil es z.B. in einem Ordnungswidrigkeitsverfahren zur Einstellung kommt, man rechnet mit "Mittelgebühren" ab und bittet die Rechtschutzversicherung des Mandanten um Ausgleich. Eine Reihe von Rechtsschutzversicherern meint nun, ihrer vertraglichen Verpflichtung gegenüber dem eigenen Versicherungsnehmer auf Freistellung von den Gebühren des von diesem frei gewählten Rechtsanwalts nur teilweise nachkommen zu müssen. Immer häufiger erhalte ich Beschwerden der Kollegen, die mir mitteilen, dass die Rechtschutzversicherer die Gebühren gerade in den OWi-Verfahren willkürlich um rund ein Drittel kürzen, wohl in dem Glauben, das dem Rechtsanwalt zustehende Recht aus § 14 I 1 RVG stehe zu ihrer Dispositionsbefugnis. Satz 3 der vorgenannten Vorschrift greift regelmäßig nicht, da die Bestimmung der Höhe der Gebühren durch die Rechtsanwälte in den seltensten Fällen "unbillig" ist.
Was bezwecken die Rechtsschutzversicherer mit einer solchen Vorgehensweise?
Den Anwälten sind die Hände gebunden, denn kaum ein Anwalt wird seine Gebührenansprüche klageweise gegen den eigenen – rechtsschutzversicherten – Mandanten geltend machen. Die Versicherer wissen, dass durch eine solche Klage das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant nachhaltig gestört würde. Und gerade diesen Umstand nutzen sie zum eigenen Vorteil, der Aufwandreduzierung durch Gebührenersparnis.auf Kosten der Anwälte.
Das Verhalten passt ins Bild: Viele Versicherer versuchen bekanntlich, in dieses besondere Vertrauensverhältnis einzugreifen, in dem sie für ihre Versicherungsnehmer wirtschaftliche Anreize setzen, um diese davon abzuhalten, den Anwalt ihres Vertrauens zu mandatieren. Die Rechtsschutzversicherer wollen bestimmen, welche Anwälte ihre Kunden vertreten dürfen und zwar nicht zum Vorteil des Kunden, wie seitens der Assekuranz gern behauptet wird, sondern zum eigenen wirtschaftlichen Vorteil, wie das anfangs beschriebene Verhalten zeigt. Gern betonen die Rechtsschutzversicherer, dass die Vergütung der Anwälte des Netzwerks im Rahmen der gesetzlichen Gebühren vorgenommen werde, so auch anlässlich des Verkehrsgerichtstages in Goslar durch einen Vertreter einer namhaften Rechtsschutzversicherung in Franken. Klar, wenn der Rahmen zwischen 0,5 und 2,5 Gebühren reicht, ist das allerunterste Niveau auch im Bereich des Rahmens. Angemessen dürfte diese Bestimmung der Höhe der Gebühren durch den Rechtsschutzversicherer in den seltensten Fällen sein. Wer sich einem solchen Netzwerk anschließt, wird wissen, welche Argumente für ihn, den Rechtsanwalt, sprechen, um sich mit nicht unerheblichen Gebührenabschlägen zufrieden zu geben.
Nicht hingenommen werden kann es aber, dass Rechtsanwälte, die keinem Netzwerk angehören, die willkürlichen Gebührenkürzungen der Assekuranz schulterzuckend zur Kenntnis nehmen müssen. Transparenz ist angesagt; der zufriedene Mandant wird Verständnis dafür haben, dass "seinem" Rechtsanwalt die ihm zustehende Vergütung auch in voller Höhe zusteht.
Als junge Anwältin erhielt ich den Rat eines Kollegen, der am Ende seines Berufslebens stand:
"Sie erbringen eine Dienstleistung und diese hat ihren Preis. Machen Sie das jedem Mandanten gleich im ersten Gespräch klar, das wird das Vertrauensverhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Mandanten stärken."
Ich bin diesem Rat gefolgt und habe keine schlechten Erfahrungen gemacht. Darüber hinaus sollten wir über die Anregung einer Gesetzesinitiative nachdenken, die es ermöglicht, dass der Versicherungsnehmer uns seinen Freistellungsanspruch gegen die Rechtsschutzversicherer abtritt. Dann könnten wir vor Gericht ausstreiten, welche berechtigten Gebühren uns zustehen und zwar direkt mit dem Rechtsschutzversicherer!
Autor: Monika Maria Risch
RAin Monika Maria Risch, FAin für Versicherungsrecht, Berlin