BGB § 535 § 548 § 195 § 199
Leitsatz
Die in einem Kfz-Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung enthaltene Formularklausel, wonach der Leasingnehmer "zum Ersatz des entsprechenden Schadens" verpflichtet ist, wenn das Fahrzeug bei Vertragsende nicht "in einem dem Alter und der vertragsgemäßen Fahrleistung entsprechenden Erhaltungszustand, frei von Schäden sowie verkehrs- und betriebssicher" zurückgegeben wird, ist als Regelung über einen – der regelmäßigen Verjährung unterliegenden – leasingtypischen Minderwertausgleich mit Amortisationsfunktion und nicht über einen – der kurzen Verjährung unterworfenen – Schadensersatzanspruch aufzufassen.
BGH, Urt. v. 14.11.2012 – VIII ZR 22/12
Sachverhalt
Die klagende Leasinggesellschaft schloss mit der Bekl. zwei Leasingverträge über Kfz mit Kilometerabrechnung und einer Vertragsdauer von jeweils 12 Monaten. In den den Verträgen zugrunde liegenden Allgemeinen Leasingbedingungen wurde unter Ziffer IV. 1 bestimmt, dass die Leasingraten, eine vereinbarte Sonderzahlung und eine Mehrkilometerbelastung Gegenleistung für die Gebrauchsüberlassung des Fahrzeugs sein sollten. Zur Rückgabe der Fahrzeuge enthielten die Leasingbedingungen folgende Regelungen:
"XVI. 2. Bei Rückgabe muss das Fahrzeug in einem dem Alter und der vertragsgemäßen Fahrleistung entsprechenden Erhaltungszustand, frei von Schäden sowie Verkehrs- und betriebssicher sein. Normale Verschleißspuren gelten nicht als Schaden, über den Zustand wird bei der Rückgabe ein gemeinsames Protokoll angefertigt und von beiden Vertragsparteien oder ihren Bevollmächtigten unterzeichnet."
3. Bei Rückgabe des Fahrzeugs nach Ablauf der bei Vertragsschluss vereinbarten Leasing-Zeit gilt folgende Regelung:
Entspricht das Fahrzeug bei Verträgen ohne Gebrauchtwagenabrechnung nicht dem Zustand gem. Ziffer 2 Abs. 1, ist der Leasingnehmer zum Ersatz des entsprechenden Schadens verpflichtet. … “
Bei Rückgabe der Fahrzeuge wurde ein Übergabeprotokoll nicht erstellt. Der Kl. machte erst nach mehr als sechs Monaten nach der Rückgabe der Fahrzeuge Ansprüche wegen behaupteter Schäden und Mängel an den Fahrzeugen geltend. Die Berufungskammer des LG bestätigte die Klageabweisung durch das AG. Das LG, das die Revision zugelassen hat, ging von einer Verjährung des als Schadensersatzanspruch einzuordnenden Anspruchs auf Ausgleich des Minderwertes nach § 548 BGB aus.
Die Revision führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung an das LG.
2 Aus den Gründen:
[13]“ … Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom BG gegebenen Begründung kann ein Anspruch der Kl. auf Ersatz des Wertverlusts, der auf eine über normale Verschleißerscheinungen hinausgehende Verschlechterung der geleasten Fahrzeuge zurückzuführen ist, nicht verneint werden. Anders als das BG meint, handelt es sich bei dem unter XVI. Nr. 3 der Allgemeinen Lieferbedingungen der Kl. für den Fall der Rückgabe der Leasingfahrzeuge in einem vertragswidrigen Erhaltungszustand vorgesehenen Anspruch auf “Ersatz des entsprechenden Schadens’ nicht um einen – der kurzen Verjährung unterliegenden – Schadensersatzanspruch, sondern um einen vertraglichen Erfüllungsanspruch. …
[16] Das BG ist … zu sehr am Wortlaut der Klausel unter XVI. Nr. 3 AGB-LV haften geblieben und hat sich den Blick dafür verstellt, dass die Formulierung “Ersatz des entsprechenden Schadens’ in Anbetracht der gewählten Vertragskonstruktion dahin zu deuten ist, dass hiermit nicht eine – auf der Sekundärebene angesiedelte – Schadensersatzhaftung, sondern ein Anspruch auf Minderwertausgleich angesprochen ist, der Bestandteil des Erfüllungsanspruchs des Leasinggebers ist. Dabei hat das BG inbs. die typische Interessenlage bei Kfz-Leasingverträgen mit Kilometerabrechnung und die hieraus resultierende leasingtypische Amortisationsfunktion eines Minderwertausgleichs verkannt.
[17] a) Bei solchen Verträgen handelt es sich um einen besonderen Typus von Leasinggeschäften, bei denen für die gesamte Vertragsdauer, ggf. aufgeteilt in Zeitabschnitten (Monat, Jahr), eine bestimmte Kilometerleistung des überlassenen Fahrzeugs vereinbart wird. Auch wenn der Leasingnehmer bei Rückgabe des Fahrzeugs nach Vertragsablauf nicht zum Restwertausgleich verpflichtet ist, zielt der Kfz-Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung gleichwohl insgesamt darauf ab, dass der Leasinggeber bei planmäßigem Vertragsablauf die volle Amortisation des zum Erwerb des Fahrzeugs eingesetzten Kapitals einschließlich des kalkulierten Gewinns erlangt (vgl. Senatsurt. v. 1.3.2000 – VIII ZR 177/99, NJW-RR 2000, 1303 unter [II] 2b; v. 24.4.1996 – VIII ZR 150/95, NJW 1996, 2033 unter II 1b bb und v. 11.3.1998 – VIII ZR 205/97, NJW 1998, 1637 unter II 2a). Der Anspruch des Leasinggebers auf Amortisation seines Anschaffungs- und Finanzierungsaufwands (vgl. Senatsurt. v. 22.1.1986 – VIII ZR 318/84, BGHZ 97, 65, 72) wird im Wege der “Mischkalkulation’ durch die vom Leasingnehmer geschuldeten Zahlungen und durch Verwertung des Leasingfahrzeugs nach Vertragsablauf erreicht, für dessen ordnungsgemäßen Zus...