“ … Die Rüge der Bekl., das vom VG Stuttgart im Klageverfahren eingeholte Gutachten des Sachverständigen J v. 21.5.2002 sei mit so erheblichen Mängeln behaftet gewesen, dass die Vergütung entfallen müsse, greift nicht durch. Dementsprechend hat das VG im angefochtenen Beschl. v. 10.7.2012 zu Recht angenommen, dass die Bekl. für die Verfahrenskosten (Gebühren und Auslagen) und im Rahmen der Auslagen auch für die Vergütung des durch das VG beauftragten Sachverständigen (teilweise) haftet. Zu den Auslagen gehören auch die Beträge, die gem. § 98 VwGO i.V.m. § 413 ZPO für die Entschädigung bzw. Vergütung eines Sachverständigen nach den Vorschriften des ZSEG bzw. JVEG aufgewendet wurden.
1. Nach ganz überwiegender Meinung handelt der beauftragte Sachverständige nicht im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrags. Seine Vergütung bezieht sich nicht auf ein Werk, sondern auf seine Tätigkeit als Gehilfe des Gerichts, die er in Erfüllung einer staatsbürgerlichen Pflicht erbringt. Zivilrechtliche Regelungen über Leistungsstörungen oder Mängelhaftung sind hierauf nicht anwendbar. Demzufolge sind sachliche Richtigkeit und Überzeugungskraft eines Sachverständigengutachtens kein Maßstab für die Höhe der dem Sachverständigen zu gewährenden Entschädigung. Es kommt lediglich darauf an, dass die Leistung überhaupt erbracht wurde, nicht etwa auch darauf, wie Gericht oder Verfahrensbeteiligte das Gutachten inhaltlich beurteilen. Der Honoraranspruch steht dem Sachverständigen daher auch dann zu, wenn das Gericht das Gutachten nicht für überzeugend erachtet und deshalb nicht zur Grundlage seiner Entscheidung macht. Ein Entschädigungsanspruch ist ausnahmsweise nur dann zu verneinen, wenn das Gutachten wegen objektiv feststellbarer Mängel unverwertbar ist und der Sachverständige darüber hinaus die Unverwertbarkeit verschuldet hat. Hinsichtlich Letzterem muss ihm zumindest grobe Fahrlässigkeit anzulasten sein. Denn zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben im gerichtlichen Verfahren, in welchem er i.d.R. aufgrund besonderer Sachkunde wesentlichen Einfluss auf die Entscheidung gewinnt, ist die innere Unabhängigkeit des Sachverständigen von besonderer Bedeutung. Zu deren Sicherung und damit im Interesse einer funktionierenden und geordneten Rechtspflege wäre es verfehlt, dem Sachverständigen schon im Falle eines einfachen Verschuldens an der Unverwertbarkeit seines Gutachtens einen Entschädigungsanspruch zu versagen und ihn damit – wenn auch unbewusst – je nach dem Ergebnis seiner Arbeit dem Druck und der Drohung möglichen Rückgriffs auszusetzen (vgl. zum Ganzen etwa: OLG Koblenz NStZ-RR 2011, 158 L = BechRS 2011, 02120; Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl., § 8 JVEG Rn 8–10; Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, in: GKG/FamGKG/JVEG, 2. Aufl., § 8 JVEG Rn 14, 18).
2. Nach diesen Maßstäben kann dem Sachverständigen J der Vergütungsanspruch nicht aberkannt werden.
a) Allein der Umstand, dass das VG Stuttgart das Gutachten (wohl) nicht für überzeugend erachtet und deshalb nicht zur Grundlage seiner Entscheidung gemacht hat, steht dem Honoraranspruch des Sachverständigen nicht entgegen (vgl. etwa OVG Weimar, Beschl. v. 29.12.2009 – 4 VO 1005/06, BeckRS 2010, 50387). Die Nichtverwertung des Gutachtens durch das Gericht mag ein Indiz für etwaige Qualitätsmängel sein; eine Aussage über eine “Unbrauchbarkeit’ im dargestellten Sinne oder gar über ein qualifiziertes Verschulden des Sachverständigen lässt sich hieraus jedoch noch nicht ableiten.
b) Auch in der Sache kann der Einschätzung der Bekl., das Gutachten sei unbrauchbar gewesen, nicht gefolgt werden. Das Gutachten ist im Kern zu der Einschätzung gelangt, dass die Bekl. für die Herstellung der Erschließungsanlage H im Rahmen der Beitragsberechnung einen überhöhten Aufwand zugrunde gelegt hat. Diese Kernaussage hat auch der im Berufungsverfahren vor dem VGH Mannheim beauftragte Sachverständige bestätigt.
Dementsprechend hat der VGH im Berufungsurteil v. 11.2.2010 (2 S 2562/04, BeckRS 2012, 59244) entschieden, dass etwa der durch den Ausbau der H-Gasse durch die Firma G im Jahre 1969 entstandene Erschließungsaufwand – anstatt mit einem Betrag von 93.192,31 DM – lediglich mit einem Betrag von 25.791,04 DM anzusetzen ist.
Auch wenn das Gutachten des Sachverständigen J im Übrigen etliche Ungereimtheiten, Ungenauigkeiten und unzutreffende Annahmen enthalten hat, kann bei einer wertenden Gesamtbetrachtung keine Unverwertbarkeit angenommen werden. Eine solche Annahme setzte voraus, dass auch Nachbesserungen und Ergänzungen des Gutachtens den Mangel der Verwertbarkeit nicht abstellen könnten (vgl. dazu OVG Weimar, Beschl. v. 29.12.2009 – 4 O 1005/06, BeckRS 2010, 50387; VGH München, Beschl. v. 22.11.2007 – 8 C 07.1535, BeckRS 2010, 48502). Davon kann jedoch im vorliegenden Fall keine Rede sein. Dabei ist insb. zu berücksichtigen, dass das erstinstanzliche VG Stuttgart den Sachverständigen überhaupt nicht zur Nachbesserung und Ergänzung seines Gutachtens aufgefordert hat und er deshalb im weiteren Verlauf de...