StVO § 23 Abs. 1a
Leitsatz
Ein Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO n.F. setzt voraus, dass der Fahrzeugführer eines der dort genannten elektronischen Geräte benutzt und es hierfür aufnimmt oder hält.
OLG Stuttgart, Beschl. v. 3.1.2019 – 2 Rb 24 Ss 1269/18
Sachverhalt
Durch Bußgeldbescheid wurde gegen den Betr. eine Geldbuße von 100 EUR festgesetzt, weil er – tateinheitlich – als Führer eines Kraftfahrzeuges ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, in vorschriftswidriger Weise (Handy in der linken Hand gehalten) benutzt, den vorgeschriebenen Führerschein nicht mit sich geführt und mit einem Kraftfahrzeug einen Verkehrsbereich, obwohl dieser für ihn durch Zeichen 260 gesperrt war, benutzt hat. Nach identischem Urteil begehrte der Betr. die Zulassung der Rechtsbeschwerde. Das OLG Stuttgart hat die Rechtsbeschwerde zugelassen und sodann das Urteil des AG aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.
2 Aus den Gründen:
"… Die nach § 79 Abs. 1 S. 2 OWiG zulässige Rechtsbeschwerde des Betr. hat auch in der Sache jedenfalls vorläufigen Erfolg."
Das angefochtene Urteil des AG Ludwigsburg ist materiell-rechtlich fehlerhaft, weil die tatrichterlichen Feststellungen weder in objektiver noch in subjektiver Hinsicht die Verurteilung wegen eines Verstoßes gegen § 23 Abs. 1a StVO n.F. tragen.
Ein Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO n.F. setzt – wie nach alter Rechtslage bis zu der durch die 53. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 6.10.2017 mit Wirkung vom 19.10.2017 in Kraft getretenen Änderung des § 23 Abs. 1a StVO – nach wie vor voraus, dass der Fahrzeugführer ein Mobiltelefon oder nunmehr aufgrund der Neufassung des § 23 Abs. 1a StVO ein anderes elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, benutzt und es hierfür aufnimmt oder hält.
Das bloße Halten eines in § 23 Abs. 1a StVO n.F. definierten elektronischen Gerätes in der Hand ohne Inanspruchnahme einer gerätespezifischen Bedienfunktion stellt keine Benutzung im Sinne dieser Vorschrift dar. Nicht das Aufnehmen oder Halten eines elektronischen Gerätes als solches wird untersagt, sondern – wie das zweckgerichtete Tatbestandsmerkmal “hierfür' verdeutlicht – allein dessen bestimmungsgemäße Verwendung.
Hierfür spricht vor allem der Wortlaut des § 23 Abs. 1a StVO n.F. Sowohl in der bisherigen als auch in der neuen Fassung dieser Vorschrift ist die Rede von einer Nutzung des Gerätes. Während es in § 23 Abs. 1a StVO a.F. hieß: Wer ein Fahrzeug führt, darf ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss (…), wird nunmehr in der “Neufassung' formuliert: Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmen ist, nur benutzen, wenn (1.) hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird und (…).
Der Wortlaut beider Verordnungstexte lässt keinen Interpretationsspielraum zu, sondern es wird insoweit auch nach neuer Rechtslage weiterhin eine gerätespezifische Nutzung vorausgesetzt.
Dass die Neuregelung anstatt des bisherigen Verbots nunmehr ein Gebot enthält, unter welchen Voraussetzungen eine Gerätenutzung zulässig ist, führt nicht zu einer Änderung oder Ausweitung des Anwendungsbereichs der neuen Vorschrift im Hinblick auf eine nach wie vor erforderliche Nutzung des elektronischen Gerätes. Hierfür sprechen im Übrigen auch die ebenfalls durch die 53. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vorgenommenen Änderungen der Bußgeldkatalog-Verordnung (BKatV) und der Anlage zu dieser Verordnung (Bußgeldkatalog – BKat). Unter Bezugnahme auf § 23 Abs. 1a StVO n.F. heißt es in Nr. 246 und Nr. 246.1 des Bußgeldkatalogs wie folgt: “Elektronisches Gerät rechtswidrig benutzt beim Führen eines Fahrzeugs' (Regelgeldbuße: 100 EUR). Auch der 1. Senat für Bußgeldsachen des OLG Stuttgart hat mit Beschl. v. 16.11.2018 (1 Rb 25 Ss 1157/18) im Rahmen der Entscheidung über ein Doppelverwertungsverbot aus der zitierten Passage des Bußgeldkataloges bereits zu Recht den Schluss gezogen, dass die (rechtswidrige) Benutzung eines elektronischen Gerätes beim Führen eines (Kraft-)Fahrzeugs für den Tatbestand des § 23 Abs. 1a StVO konstitutiv und deshalb durch das Doppelverwertungsverbot vom Bußgeldbemessungsakt ausgeschlossen ist.
Eine dem Wortlaut der Vorschrift entgegenstehende Intention des Verordnungsgebers, bereits das bloße Halten eines elektronischen Gerätes während des Führens eines Fahrzeugs, ohne dass es auf den Grund des Haltens ankommt, als Verstoß gegen § 23 Abs. 1a StVO n.F. anzusehen, lässt sich entgegen dem missverständlichen Leitsatz des OLG Oldenburg in seiner Entscheidung vom 25.7.2018 (2 Ss (OWi) 201/18, SVR 2018, 434) nicht der Begründung des Entwurfs der Verordnung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur und des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und R...