Die sehr knapp gehaltene Begründung des Beschl. des OLG Brandenburg gibt Anlass, sich mit der Problematik etwas näher zu befassen. Dabei ist zwischen einem im Kostenfestsetzungsverfahren erhobenen Einwand betreffend die Kostenentscheidung einerseits und dem hier vorliegenden Einwand, diese Kostenentscheidung habe wegen anderweitiger Vereinbarungen keinen Bestand mehr, zu unterscheiden.

Einwand betreffend die Kostenentscheidung

In der Praxis geht der Einwand des Erstattungspflichtigen gegen eine Kostenentscheidung meist dahin, die vom Erstattungsberechtigten geltend gemachten Kosten seien von der Kostenentscheidung nicht oder nicht in vollem Umfang erfasst. In diesem Fall hat der mit dem Kostenfestsetzungsverfahren befasste Rechtspfleger/Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die Kostenentscheidung auszulegen, wenn sie nicht ohnehin eindeutig ist. Dies kommt etwa für die Frage in Betracht, ob die Kosten eines im Zwangsvollstreckungsverfahren geschlossenen Vergleichs entsprechend § 98 S. 1 ZPO als gegeneinander aufgehoben anzusehen sind oder nicht (siehe den Fall des BGH RVGreport 2007, 276 [Hansens] = AGS 2007, 366 = JurBüro 2007, 411 m. Anm. Enders; siehe hierzu auch N. Schneider AGS 2018, 53).

Ebenso stellt sich in der Praxis häufig die Frage, ob die gerichtliche Entscheidung, nach der ein Antrag oder eine Beschwerde "kostenpflichtig" zurückgewiesen werde, im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit auch eine Kostenregelung über die außergerichtlichen Kosten enthält (siehe neulich den Fall des OLG Hamm RVGreport 2020, 27 [Hansens]). Auch in einem solchen Fall hat der Rechtspfleger/UdG die Kostenentscheidung auszulegen. Ergibt die Auslegung, dass die Kostenentscheidung die zur Festsetzung angemeldeten Kosten mit erfasst, hat er diese Kosten festzusetzen. Anderenfalls hat der Rechtspfleger/UdG den Kostenfestsetzungsantrag zurückzuweisen.

Gleiches gilt für den Einwand, die dem Kostenfestsetzungsantrag zugrunde liegende Kostengrundentscheidung sei nicht (mehr) wirksam, weil sie im Berufungsverfahren abgeändert oder aufgehoben worden sei. Dies müsste der Rechtspfleger/UdG jedoch ohnehin von Amts wegen prüfen, weil das Vorliegen eines zur Zwangsvollstreckung geeigneten Titels gem. § 103 Abs. 1 ZPO gesetzliche Grundlage für die Kostenfestsetzung ist. Liegen mehrere Titel vor, hat der Rechtspfleger/UdG zu prüfen, welcher Titel wirksam ist und ob er Grundlage für den mit dem Kostenfestsetzungsantrag begehrten Kostenfestsetzungsbeschluss sein kann.

Materiell-rechtliche Einwendungen

Anders ist die Verfahrensweise des mit dem Kostenfestsetzungsantrag befassten Rechtspflegers/UdG, wenn der Erstattungspflichtige gegen den geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch materiell-rechtliche Einwendungen erhebt. Der Einwand des Antragsgegners im Fall des OLG Brandenburg ging dahin, dass die Antragstellerin in dem in einem anderen Verfahren gerichtlich protokollierten Vergleich auf die Kostenerstattung aus dem Beschl. des OLG v. 10.7.2018 verzichtet habe. Dieser Einwand betrifft also nicht die hier unstreitige Frage, ob der Kostenbeschl. des OLG Brandenburg v. 10.7.2018 Grundlage für die Kostenfestsetzung entsprechend den beschlossenen Quoten sein kann. Vielmehr hatte der Einwand des Antragsgegners seine Grundlage in einer – angeblichen – Vereinbarung der Beteiligten, nämlich in einem Verzichtsvertrag.

Grundsätzlich nicht zu berücksichtigen

Derartige materiell-rechtliche Einwendungen hat der Rechtspfleger/UdG im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zu prüfen. Dieses Verfahren hat allein die Frage zum Gegenstand, welcher Betrag nach der Kostengrundentscheidung zu erstatten ist. Deshalb ist das Kostenfestsetzungsverfahren auf eine formale Prüfung der Kostentatbestände und auf die Klärung einfacher Fragen des Kostenrechts zugeschnitten und aus diesem Grunde auf den Rechtspfleger/UdG übertragen. Demgegenüber ist die Klärung von zwischen den Parteien streitigen Tatsachen und von komplizierteren Rechtsfragen im Kostenfestsetzungsverfahren nicht vorgesehen.

Dies hat zur Folge, dass im Kostenfestsetzungsverfahren materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Kostenerstattungsanspruch grds. nicht zu berücksichtigen sind (BAG RVGreport 2015, 388 [Hansens] = zfs 2015, 584 m. Anm. Hansens = AGS 2015, 588 für eine Abgeltungsklausel; BGH RVGreport 2014, 318 [Ders.] = AGS 2014, 296 für die Aufrechnung; BGH RVGreport 2010, 152 [Ders.] für die Anrechnung eines unterhaltsrechtlichen Prozesskostenvorschusses bei einer Kostenquotelung; BGH RVGreport 2007, 110 [Ders.] = NJW-RR 2007, 422 für den Einwand, der gegnerische Prozessbevollmächtigte habe gegen ein Tätigkeitsverbot nach § 45 BRAO verstoßen, sodass der Anwaltsvertrag nichtig sei).

Solche materiell-rechtlichen Einwendungen sind im Kostenfestsetzungsverfahren grds. nicht zu prüfen. Der Erstattungspflichtige hat seinen Einwand deshalb außerhalb des Kostenfestsetzungsverfahrens, etwa durch Erhebung einer Vollstreckungsabwehrklage gegen den dann gegen ihn ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss, geltend zu machen.

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