Arbeitskreis I: Grenzüberschreitende Unfallregulierung in der EU

Der Arbeitskreis stellt fest, dass sich die im Interesse der Geschädigten geschaffenen europäischen Regulierungssysteme für internationale Verkehrsunfälle bewährt haben. Er sieht aber folgenden Verbesserungsbedarf:

1. Der Schadenregulierungsbeauftragte ist nach Art. 21 Abs. 5 der EU-Kraftfahrzeughaftpflichtrichtlinie 2009/103/EG berechtigt und verpflichtet, begründete Ansprüche der Geschädigten unabhängig von Vorleistungen des ausländischen Versicherers zu befriedigen. Für den Fall, dass der ausländische Versicherer dem Schadenregulierungsbeauftragten die Aufwendungen nicht erstattet, sollte der europäische Gesetzgeber eine Garantiehaftung der Entschädigungsstelle schaffen.

2. Der Zugang zu Informationen über das Schadensersatzrecht in den EU-Mitgliedstaaten ist zu verbessern. Zu diesem Zweck sollte die EU-Kommission der Rechtspraxis Hilfsmittel zur Ermittlung des ausländischen Schadensersatzrechts bereitstellen (im Anschluss an den 47. VGT 2009).

3. Der Arbeitskreis fordert, zur Unterstützung der Prozessgerichte bei der Anwendung ausländischen Straßenverkehrs- und Schadensrechts ein System nach dem Vorbild der Verbindungsrichter des Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen zu schaffen.

4. Die unmittelbare Beweisaufnahme durch das Prozessgericht im Ausland sollte erleichtert werden (z.B. durch erweiterte Zulassung der Vernehmung durch Videokonferenz).

5. Zur Durchführung von Gerichtsverfahren bedarf es einer Klarstellung der Abgrenzung von materiellem und prozessualem Recht (z.B. Beweisanforderungen, Ehegatte als Zeuge).

6. Die in einigen Mitgliedstaaten bestehenden unangemessen kurzen Verjährungsfristen für Schadensersatzansprüche können bei internationalen Verkehrsunfällen die Durchsetzung der Ansprüche der Geschädigten gefährden. Der Arbeitskreis fordert daher bei der Überarbeitung der EU-Kraftfahrzeughaftpflichtrichtlinie für die Verjährung des Direktanspruchs eine Mindestfrist von drei oder vier Jahren vorzuschreiben.

Arbeitskreis II: Abschied vom fiktiven Schadensersatz?

1. Der Verkehrsgerichtstag hält an seiner Auffassung, dass der Geschädigte seine durch einen Verkehrsunfall verursachten Sachschäden fiktiv abrechnen darf, weiterhin fest (nahezu einstimmig).

2. Die geänderte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur fiktiven Abrechnung von Mängelbeseitigungskosten im Werkvertragsrecht soll auf die Abrechnung von Verkehrsunfallschäden nicht übertragen werden (nahezu einstimmig).

3. Die Rechtsprechung sollte auch weiterhin Fehlentwicklungen und Missbrauchsanreizen im Zusammenhang mit der fiktiven Sachschadensabrechnung bei Verkehrsunfällen entgegenwirken. Einer Änderung der gesetzlichen Grundlage bedarf es insoweit nicht (mit großer Mehrheit).

4. Die Rechtsprechung zur Verweisung auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit bei fiktiver Schadensabrechnung (Werkstattverweis) stellt sich in der Praxis als kompliziert, wenig transparent und für alle Beteiligten sehr aufwändig dar. Der Bundesgerichtshof wird daher gebeten zu überprüfen, ob der Schadensminderungsverpflichtung des Geschädigten bei fiktiver Abrechnung nicht anders nachgekommen werden kann (mit Mehrheit).

Arbeitskreis III: Aggressivität im Straßenverkehr

1. Aggressive Verhaltensweisen im Straßenverkehr gefährden – auch aufgrund neuer Mobilitätsformen – die Verkehrssicherheit. Zur Reduzierung aggressiver Verhaltensweisen sind aufeinander abgestimmte Maßnahmen und ein Miteinander der für die Verkehrssicherheit verantwortlichen Institutionen erforderlich.

2. Im Rahmen einer kontinuierlichen schulischen Verkehrserziehung soll aggressives Verhalten im Straßenverkehr unter sozialen und psychologischen Gesichtspunkten behandelt werden. Diesem Thema ist in den Lehrplänen aller Schulformen deutlich höheres Gewicht beizumessen.

3. Zur Vermeidung aggressiver Verhaltensweisen im Straßenverkehr sollten geeignete präventive Programme (z.B. "Crash-Kurs NRW", "Peer-Programme") sowie Interventionsmaßnahmen für auffällige, aggressive Verkehrsteilnehmer (z.B. Anti-Aggressions-Maßnahmen) umgesetzt, weiterentwickelt und evaluiert werden.

4. Die bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten als Reaktion auf aggressive Verhaltensweisen im Straßenverkehr müssen konsequent ausgeschöpft werden. Dazu gehören insbesondere die Beachtung von Mitteilungspflichten (§ 2 Abs. 12 StVG, Nr. 45 MiStra), die Anordnung von Verkehrsunterricht (§ 48 StVO), Seminarteilnahme (§ 153a Abs. 1 Nr. 7 StPO) sowie die Fahrtenbuchauflage (§ 31a StVZO).

5. Die Einführung eines eigenen, punktbewehrten Bußgeldtatbestandes für "aggressives Posen" im Straßenverkehr wird empfohlen.

6. Der Gesetzgeber wird aufgefordert, Fahrerlaubnisbehörden ein Recht zur Einsicht in das Bundeszentral-/Erziehungsregister einzuräumen. Sofern bei einer Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, Anhaltspunkte für hohes Aggressionspotenzial der beschuldigten Person vorliegen, ist durch die Fahrerlaubnisbehörde die Kraftfahreignung mittels MPU zu überprüfen.

7. Im Hinblick auf den ungenauen Wortlaut des Tatbestandes für den "Alleinraser" (§ 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB) genügt eine restriktive Auslegung nicht, um das ...

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