Ein Fahrverbot kann in Fällen des § 25 Abs. 1 S. 2 StVG nur in Härtefällen ganz außergewöhnlicher Art entfallen oder wenn wegen der besonderen Umstände äußerer oder innerer Art das Tatgeschehen aus dem Rahmen typischer Begehungsweise einer solchen Ordnungswidrigkeit herausfällt. Das ist der Fall, wenn die Tatumstände so aus dem Rahmen üblicher Begehungsweise fallen, dass die Vorschriften über das Regelfahrverbot offensichtlich darauf nicht zugeschnitten sind oder die Anordnung des Fahrverbots eine Härte ganz außergewöhnlicher Art bedeuten würde. Dogmatischer Anknüpfungspunkt ist hierbei letztlich wiederum das verfassungsrechtlich abgesicherte Übermaßverbot, welches sich jedoch bei Wiederholungstätern nur eingeschränkt auswirkt. Will das Gericht von dem Regelfahrverbot wegen der den Betroffenen treffenden Folgen absehen, so muss es in geeigneten Fällen nachvollziehbar im Urteil darlegen, ob durch Zubilligung der Abgabefrist des § 25 Abs. 2a StVG oder auch einer Beschränkung des Fahrverbots durch Ausnehmen bestimmter Fahrzeugarten die Folgen nicht bereits ausreichend abgemildert werden können. Im Falle des Absehens vom Regelfahrverbot nach Trunkenheits-/Drogenfahrt hat der Tatrichter also einen geringeren Ermessensspielraum als beim Fahrverbot nach § 25 Abs. 1 StVG.
1. Absehen vom Fahrverbot wegen außergewöhnlicher Umstände bei der Tatbegehung
Ein Absehen vom Regelfahrverbot ist insbesondere möglich, wenn die Tat derart aus dem Rahmen der typischen Begehungsweise der Ordnungswidrigkeit nach § 24a StVG fällt, dass sie eigentlich gar keinen Regelfall mehr darstellt. Da die Indizwirkung hier auf Tatbestandsseite entfällt, darf die Geldbuße im Falle der Nichtverhängung des Fahrverbots nicht gem. § 4 Abs. 4 BKatV erhöht werden.
Ausnahmen von § 25 Abs. 1 S. 2 StVG sind bislang in rein auf die Fahrt selbst bezogenen Bagatellfällen angenommen worden, also in Fällen kurzer Fahrtstrecken, bei Fahrten zur Nachtzeit oder bei Fahrten auf einer nicht von anderen Fahrzeugen frequentierten Verkehrsfläche.
Die Höhe, die näheren Umstände der Alkoholisierung oder ähnliche Gesichtspunkte haben bislang in der Rechtsprechung als allein entscheidungstragende Umstände nicht zu einem Wegfall der Indizwirkung auf Tatbestandsseite geführt. Auch im Rahmen einer Drogenfahrt nach § 24a Abs. 2 StVG ist eine geringe Drogenkonzentration im Blut nicht ausreichend, um vom Regelfahrverbot absehen zu können.
In einschlägigen Sachverhalten ist es sicher in erster Linie Aufgabe des Verteidigers, den Bagatellcharakter der Fahrt nicht nur zu benennen, sondern auch mit Leben zu füllen. Hier bieten sich z.B. Fotos der Tatörtlichkeit an, aus denen sich ergibt, dass z.B. die Verkehrsfläche der Tatörtlichkeit weitgehend von anderen Verkehrsteilnehmern ungenutzt ist. Bei "Kurzstreckenfahrten" kommt es nicht darauf an, ob der Betroffene ursprünglich vorhatte, eine längere Strecke zu fahren oder auf die Frage, welcher Umstand zu einem Sinneswandel geführt hat. Eine Kurzstreckenfahrt liegt auch vor, wenn der Betroffene sein Fahrzeug auf dem Parkplatz einer Diskothek fährt, zu seinen Gunsten aber anzunehmen ist, dass er gerade nicht am Straßenverkehr teilnehmen, sondern – was mitgeführte Decken belegen – in seinem Fahrzeug übernachten wollte und es dazu nur wenige Meter auf dem Parkplatzgelände bewegt hat.
2. Absehen aufgrund Wegfalls des Erziehungszwecks
Das erkennende Gericht muss in geeigneten Fällen im Urteil zeigen, dass es sich der primär erzieherischen Funktion dieses Regelfahrverbots bewusst war. Diese kann nachträglich entfallen. Wegen übermäßig langer Verfahrensdauer zwischen Tat und tatrichterlicher Entscheidung etwa kann das Absehen von dem Regelfahrverbot des § 25 Abs. 1 S. 2 StVG geboten sein. Für dieses Fahrverbot tat sich die Rechtsprechung – was die Übernahme der im Rahmen des § 25 Abs. 1 S. 1 StVG weithin anerkannten 2-Jahres-Frist ang...