BGB § 535
Leitsatz
1. Der Leasinggeber ist verpflichtet, die ihm aus einem Schadensfall zustehenden Entschädigungsleistungen eines Versicherers dem Leasingnehmer zugutekommen zu lassen, indem er sie für die Reparatur oder Wiederbeschaffung des Fahrzeugs verwendet oder diese bei Vertragsende auf den Schadensersatz- oder Ausgleichsanspruch anrechnet.
2. Eine Zahlung, die der Leasinggeber als Minderwertausgleich von dem Haftpflichtversicherer erhalten hat, mindert deshalb – unabhängig davon, ob der Leasinggeber von einem vertraglich vereinbarten Andienungsrecht Gebrauch macht oder das Fahrzeug verwertet – dessen Anspruch auf Restwertausgleich.
BGH, Urt. v. 30.9.2020 – VIII ZR 48/18
Sachverhalt
Die klagende Leasinggesellschaft schloss mit der beklagten Rechtsanwältin einen Leasingvertrag mit einer Laufzeit von drei Jahren über einen Pkw ab. Die Bekl. wollte das Fahrzeug für ihre Praxis nutzen. Als Restwert wurde ein Betrag von 56.013,55 EUR vereinbart.
Nach einer Laufzeit von 15 Monaten kam es zu einem ersten Unfall. Nach der Reparatur des Fahrzeugs verblieb ein merkantiler Minderwert von 5.500 EUR. Die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners zahlte diesen Betrag an die Leasinggeberin.
Nach einem weiteren Unfall drei Monate vor dem Ende der Laufzeit des Leasingvertrages, von dem die Kl. zunächst keine Kenntnis erhielt, verblieb ein Restwert des Fahrzeuges von 38.663,87 EUR. Zu diesem Betrag wurde das Fahrzeug an einen von der Bekl. benannten Restwertaufkäufer veräußert. Am 14.7.2015, dem letzten Monat der Laufzeit des Leasingvertrages forderte die Kl. in fortbestehender Unkenntnis des zweiten Unfalls die Zahlung des vereinbarten Restwertbetrages und der noch offenstehenden Leasingraten für Juni und Juli 2015.
Mit der Klage hat die Kl. die Verurteilung der Bekl. zur Zahlung des um den von dem Restwertaufkäufer gezahlten Betrags verminderten vereinbarten Restwertbetrags und die Leasingraten für Juni und Juli 2015 verfolgt, den an die Kl. entrichteten Betrag zum Ausgleich des merkantilen Minderwerts hat sie nicht angerechnet.
Das LG hat der Klage ohne Anrechnung des merkantilen Minderwerts, in einer Höhe von ca. 17.000 EUR, jedoch Zug um Zug gegen Rückabtretung der aus dem zweiten Unfallereignis erhaltenen Versicherungsleistungen, stattgegeben. Die Berufung der Bekl. war erfolglos. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Bekl. ihren Klageabweisungsantrag i.H.v. 5.500 EUR, dem Betrag des ausgeglichenen Minderwertes weiter. Die Revision war erfolgreich.
2 Aus den Gründen:
"… I. Das BG hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:"
[8] Die Kl. habe mit ihrem Schreiben v. 14.7.2015 von ihrem Andienungsrecht Gebrauch gemacht, weshalb die Bekl. den vereinbarten Restwert als Kaufpreis schuldete. Von diesem Kaufvertrag habe sich die Kl. in der Folgezeit auch nicht gelöst. Vielmehr seien – nachdem die Kl. Kenntnis von dem zweiten Unfall erlangt habe – lediglich einige konkretisierende Absprachen über die Verwertung des Fahrzeugs unter Anrechnung auf die Forderungen getroffen worden.
[9] Der merkantile Minderwert aufgrund des ersten Unfalls gebühre der Kl. als Leasinggeberin und Eigentümerin des Fahrzeugs, weshalb der von der Versicherung insoweit gezahlte Betrag von 5.500 EUR nicht auf den Restwertausgleich anzurechnen sei. Auch aus allgemeinen leasingrechtlichen Erwägungen lasse sich das nicht herleiten. Die im Schrifttum vertretene Auffassung, Zahlungen des Versicherers auf eine merkantile Wertminderung des geleasten Fahrzeugs seien nach erfolgter Andienung des Leasingobjekts zugunsten des LN anzurechnen, sei mit der Rspr. des BGH nicht zu vereinbaren.
[10] Danach stehe jedenfalls bei einer vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrags, in dem ein Andienungsrecht ohne Mehrerlösbeteiligung des LN vereinbart worden sei, eine vom Haftpflichtversicherer des Schädigers bei fremdverschuldetem Unfall gezahlte Entschädigung im Innenverhältnis allein dem Leasinggeber als Eigentümer zu, soweit sie vom LN nicht zur Reparatur des Leasingobjekts verwendet werde. Dies gelte auch, soweit die Versicherungsleistung den zum Zeitpunkt der vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrags noch nicht vollamortisierten Gesamtaufwand des Leasinggehers übersteige und damit bei diesem ein “Übererlös' verbleibe.
[11] Diese Rspr. lasse sich im Kern auch auf Fälle wie den vorliegenden übertragen, in denen es um eine Abrechnung nach – hier mit dem Schreiben der Kl. vom 14.7.2015 erfolgter – Andienung zum regulären Vertragsende gehe. Auch hier müsse es bei dem Grundsatz bleiben, dass Versicherungsleistungen nach einem Unfall demjenigen zustünden, der im Zeitpunkt des Unfalls Eigentümer des Leasingobjekts sei, selbst wenn dies im Einzelfall zu dem Verbleib eines “Übererlöses' bei dem Leasinggeber führe.
[12] II. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung, soweit sie dieser aufgrund des Revisionsangriffs unterliegt, nicht stand.
[13] Die von der Kl. i.H.v. 17.349,68 EUR geltend gemachte Forderung auf Ausgleich des Restwerts ist in Höhe ...