Zitat
II.
[6] Die gemäß § 574 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
[7] 1. Das Beschwerdegericht hat die Auffassung vertreten, das LG habe im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.3.2020 rechtsirrig trotz der bereits im Hauptsacheverfahren getroffenen abweichenden Kostenregelung aus dem Vergleich vom 12.2.2020 auf der Grundlage des Kostenbeschlusses vom 5.8.2019 die außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners für das selbstständige Beweisverfahren gesondert festgesetzt. Unstreitig bestehe zwischen dem selbstständigen Beweisverfahren und dem anschließenden Klageverfahren zwischen den Parteien Streitgegenstandsidentität. Demzufolge zählten die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens grundsätzlich zu den Kosten des Rechtsstreits. Der Kostenbeschluss vom 5.8.2019 sei zwar formal in Rechtskraft erwachsen. Die nach § 494a Abs. 2 ZPO ergangene isolierte Kostenentscheidung zu den Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens habe aber nicht unabhängig vom Ausgang des Hauptsacheverfahrens endgültig Bestand. Der Kostenbeschluss nach § 494a Abs. 2 ZPO habe nur vorläufigen Charakter und stehe unter der auflösenden Bedingung, dass in dem nach der Fristsetzung anhängig gemachten Hauptsacheprozess eine abweichende Kostengrundentscheidung ergehe.
[8] Eine von der Kostenfolge im Hauptsacheverfahren abweichende Kostenregelung durch Vergleich zwischen den Parteien, beispielsweise dergestalt, dass es bei der Kostenverteilung nach dem Kostenbeschluss vom 5.8.2019 verbleiben solle, fehle hier. Im gerichtlichen Vergleich vom 12.2.2020 seien die Kosten des Rechtsstreits ohne weitere Differenzierung nach einer einheitlichen Quote aufgeteilt worden.
[9] Die Rechtspflegerin sei trotz der formalen Rechtskraft nicht gehindert gewesen, den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts vom 11.3.2020 aufzuheben, da diesem hier eine zum Zeitpunkt der Entscheidung durch die Kostenregelung aus dem Hauptsacheverfahren schon prozessual überholte Kostengrundentscheidung, nämlich der Kostenbeschluss des LG vom 5.8.2019, zugrunde gelegen habe. Die Akzessorietät bewirke in einem solchen Fall, dass der Kostenfestsetzungsbeschluss von Beginn an keine rechtlichen Wirkungen entfalte. Zur Beseitigung des falschen Rechtsscheins sei der Kostenfestsetzungsbeschluss aus Gründen der Rechtsklarheit (deklaratorisch) aufzuheben.
[10] 2. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
[11] Der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG vom 11.3.2020 war nicht im Hinblick auf die von den Parteien im Hauptsacheverfahren im Prozessvergleich vom 12.2.2020 getroffenen Kostenregelung aufzuheben.
[12] a) Grundlage der Kostenfestsetzung ist ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel (§ 103 Abs. 1 ZPO). Der im Kostenfestsetzungsverfahren nach § 104 ZPO zu erlassende Kostenfestsetzungsbeschluss füllt lediglich die Kostengrundentscheidung hinsichtlich der Höhe des zu erstattenden Kostenbetrags aus. Der Kostenfestsetzungsbeschluss ist deshalb sowohl hinsichtlich seiner Entstehung als auch seines Bestandes von der Kostengrundentscheidung abhängig. Wird sie aufgehoben oder abgeändert, verliert ein auf ihrer Grundlage erlassener Kostenfestsetzungsbeschluss im Umfang der Aufhebung oder Abänderung seine Wirkung (BGH, Beschl. v. 21.3.2013 – VII ZB 13/12 Rn. 11, RVGreport 2013, 242 (Hansens) = NJW 2013, 2438; Beschl. v. 5.5.2008 – X ZB 36/07 Rn. 5, RVGreport 2009, 24 (Ders.) = NJW-RR 2008, 1082). Zu Recht geht das Beschwerdegericht davon aus, dass in einem solchen Fall eine auf der Grundlage einer überholten Kostengrundentscheidung erfolgte Kostenfestsetzung aus Gründen der Rechtsklarheit von Amts wegen aufzuheben wäre (vgl. BGH, Beschl. v. 5.5.2008 – X ZB 36/07 Rn. 6, RVGreport 2009, 24 (Ders.) = NJW-RR 2008, 1082; Beschl. v. 23.1.2007 – VI ZB 61/06 Rn. 5, RVGreport 2007, 228 (Ders.) = AGS 2007,475 = NJW-RR 2007, 784).
[13] b) Die vom Beschwerdegericht getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht die Annahme, der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.3.2020 habe seine Wirkung verloren. Dieser ist auf der Grundlage des Beschlusses vom 5.8.2019 im selbstständigen Beweisverfahren ergangen, mit dem gemäß § 494a Abs. 2 ZPO die Kosten dieses Verfahrens dem Antragsteller auferlegt worden sind. Der Kostenbeschluss vom 5.8.2019 ist nicht mit Rechtsmitteln angefochten worden und daher rechtskräftig.
[14] aa) Es kann dahinstehen, ob eine nachträglich im Hauptsacheverfahren vom Gericht getroffene Kostenentscheidung stets einen im selbstständigen Beweisverfahren ergangenen Kostenbeschluss gemäß § 494a Abs. 2 ZPO, der formell rechtskräftig ist, abändert und dieser unter der auflösenden Bedingung steht, dass im Hauptsacheverfahren keine abweichende Kostenentscheidung ergeht (vgl. LG Kleve, Beschl. v. 20.3.1997 – 6 T 34/96, NJW-RR 1997, 1356, BeckOK ZPO/Kratz, Stand: 1.9.2021, § 494a Rn. 12; a.A. OLG Koblenz, Beschl. v. 27.2.2015 – 3 W 99/15, MDR 2015, 482, juris Rn. 8; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 7.3.2008 – 19 W 4/08, BauR 2008, 1350 = NZBau 2009, 38, juris ...