[…] II.

[5] Die Überprüfung des Urteils auf das unbeschränkt eingelegte Rechtsmittel hat keinen Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten ergeben.

[6] 1. Die Beweiserwägungen, mit denen das LG einen bedingten Tötungsvorsatz verneint hat, halten unter Berücksichtigung des eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs (vgl. BGHSt 63, 88, 93; BGH, Urt. v. 5.12.2017 – 1 StR 416/17 Rn. 17; Urt. v. 27.7.2017 – 3 StR 172/17 Rn. 12) entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin einer rechtlichen Überprüfung stand.

[7] a) Bedingter Tötungsvorsatz ist gegeben, wenn der Täter den Tod als mögliche, nicht ganz fernliegende Folge seines Handelns erkennt (Wissenselement) und dies billigt oder sich um des erstrebten Zieles Willen zumindest mit dem Eintritt des Todes eines anderen Menschen abfindet, mag ihm der Erfolgseintritt auch gleichgültig oder an sich unerwünscht sein (Willenselement). Bewusste Fahrlässigkeit liegt dagegen vor, wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und er ernsthaft und nicht nur vage darauf vertraut, der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 18.6.2020 – kk 4 StR 482/19 Rn. 22; Urt. v. 1.3.2018 – 4StR 399/17).

[8] Ob der Täter nach diesen rechtlichen Maßstäben bedingt vorsätzlich gehandelt hat, ist in Bezug auf beide Vorsatzelemente in jedem Einzelfall umfassend zu prüfen und gegebenenfalls durch tatsächliche Feststellungen zu belegen. Die Prüfung, ob Vorsatz oder bewusste Fahrlässigkeit vorliegt, erfordert eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Umstände, wobei es vor allem bei der Würdigung des voluntativen Vorsatzelements regelmäßig erforderlich ist, dass sich das Tatgericht mit der Persönlichkeit des Täters auseinandersetzt und dessen psychische Verfassung bei der Tatbegehung, seine Motivlage und die für das Tatgeschehen bedeutsamen Umstände – insbesondere die konkrete Angriffsweise – mit in Betracht zieht. Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtschau stellt die auf der Grundlage der dem Täter bekannten Umstände zu bestimmende objektive Gefährlichkeit der Tathandlung einen wesentlichen Indikator sowohl für das kognitive als auch für das voluntative Vorsatzelement dar (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urt. v. 18.6.2020 – kk 4 StR 482/19 Rn. 23; Urt. v. 1.3.2018 – 4 StR 399/17; BGHSt 57, 183, 186 f.). Die Gefährlichkeit der Tathandlung und der Grad der Wahrscheinlichkeit eines Erfolgseintritts sind aber nicht allein maßgeblich für die Entscheidung, ob ein Täter mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat. Vielmehr kommt es auch bei in hohem Maße gefährlichen Handlungen auf die Umstände des Einzelfalls an (BGH, Urt. v. 24.6.2021 – 4 StR 79/20 Rn. 22).

[9] b) Gemessen an diesen Anforderungen begegnet die Verneinung eines bedingten Tötungsvorsatzes durch das LG keinen rechtlichen Bedenken. Die Beweiswürdigung ist nicht lückenhaft. Die Strafkammer hat bei ihrer Überzeugungsbildung rechtsfehlerfrei insbesondere das objektive Tatgeschehen und die Ausführungen des Sachverständigen zur fehlenden Gefährlichkeit der verwendeten Steine berücksichtigt. Damit hat sie ihre Überzeugung tatsachenfundiert begründet, ohne die bestreitende Einlassung des Angeklagten ungeprüft zu übernehmen.

[10] Das LG hat die geminderte objektive Gefährlichkeit der konkreten Angriffsweise bei beiden Elementen des bedingten Tötungsvorsatzes vorsatzkritisch bedacht. Die Strafkammer ist dem Sachverständigen darin gefolgt, dass die verwendeten Schottersteine in der Tatsituation nicht geeignet waren, die Frontscheibe des Pkw zu durchdringen und die Insassen zu treffen. In ihre Würdigung hat die Strafkammer dabei auch eingestellt, dass sich der Angeklagte keine weiteren Gedanken über die Beschaffenheit der Frontscheibe des beworfenen Pkw machte. Dass sie in der geminderten objektiven Gefährlichkeit der Tatmittel dennoch ein maßgebliches Indiz gegen einen bedingten Tötungsvorsatz gesehen hat, ist eine tatrichterliche Wertung, gegen die aus Rechtsgründen nichts zu erinnern ist.

[11] Auch die Gefahr des Aufsplitterns der Frontscheibe hat das LG bedacht und diese Gefahr mit dem Sachverständigen ausgeschlossen. Ferner hat es die Möglichkeit, dass es infolge einer Sichtbehinderung oder der Aufprallgeräusche der Steine zu einem Unfallgeschehen hätte kommen können, nicht übersehen. Vielmehr hat die Strafkammer insoweit erörtert, dass sich der Fahrzeugführer erschrecken und von der Straße hätte abkommen können. Dennoch hat sich das LG angesichts der verwendeten Tatmittel nicht von der billigenden Inkaufnahme eines Unfalls und des Todes der Insassen durch den Angeklagten überzeugen können. Dies ist zumal mit Blick auf die herrschenden Verkehrsverhältnisse aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Insoweit besteht kein Rechtssatz, dass ein Täter, der wie der Angeklagte vorgeht, zugleich grundsätzlich auch mit tödlichen Folgen für die betroffenen Verkehrsteilnehmer rechnet und diese um den Preis der Fortsetzung seines – ihm wie hier bekannten – gefährlichen Tuns innerl...

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