Versicherungsrecht
Coronabedingte Betriebsschließungen in der Regel vom Versicherungsschutz nicht erfasst (BGH, Urt. v. 26.1.2022 – IV ZR 144/21)
Der BGH hat mit Urt. v. 26.1.2022 (IV ZR 144/21) entschieden, dass AVB zur Betriebsschließungsversicherung, die auf "namentlich" genannte Krankheiten und Krankheitserreger als Auslöser behördlicher Beschränkungen Bezug nehmen, ohne das Sars-Cov-2-Virus zu nennen, eine abschließende Aufzählung enthalten, also in der Pandemie keinen Versicherungsschutz bieten. Die Klausel sei hinreichend transparent und stelle auch keine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers dar. Sie halte daher einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 und 2 BGB stand.
Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 012/2022 v. 26.1.2022
Diesel-Skandal
Kein Restschadensersatzanspruch nach § 852 S. 1 BGB bei Erwerb eines vom sog. Diesel-Skandal betroffenen Gebrauchtwagens (BGH, Urt. v. 10.2.2022 – VII ZR 365/21 u.a.)
Der BGH hat mit Urteilen vom 10.2.2022 (VII ZR 365/21 u.a.) entschieden, dass dem Käufer eines von einem Dritten gekauften Gebrauchtwagens mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung im Falle der Verjährung des Anspruchs nach § 826 BGB gegen den Hersteller kein Restschadensersatzanspruch nach § 852 Satz 1 BGB zusteht. Der Anspruch aus § 852 Satz 1 BGB setze voraus, dass der Hersteller im Verhältnis zum Geschädigten etwas aus dem Fahrzeugverkauf an diesen erlangt habe. Die sei bei dem Hersteller, der einen etwaigen Vorteil bereits mit dem Inverkehrbringen des Fahrzeugs als Neuwagen realisiert habe, nicht der Fall. Bei einem Gebrauchtwagenverkauf, der zwischen dem Geschädigten und einem Dritten abgeschlossen wird, partizipiere der Hersteller weder unmittelbar noch mittelbar an einem etwaigen Verkäufergewinn aus diesem Kaufvertrag.
Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 018/2022 v. 10.2.2022
Schadensersatzrecht
BGH verwirft sog. "taggenaue Berechnung" des Schmerzensgeldes (Urt. v. 15.2.2022 – VI ZR 937/20)
Der BGH hat mit Urt. v. 15.2.2022 (VI ZR 937/20) die sog. "taggenaue Berechnung" des Schmerzensgeldes verworfen. Maßgebend für die Höhe des Schmerzensgeldes sei eine Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls. Dabei sei in erster Linie die Höhe und das Maß der entstandenen Lebensbeeinträchtigung zu berücksichtigen. Auf der Grundlage dieser Gesamtbetrachtung sei eine einheitliche Entschädigung für das sich insgesamt darbietende Schadensbild festzusetzen, die sich jedoch nicht streng rechnerisch ermitteln lasse. Im entschiedenen Fall hatte das Berufungsgericht das Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall mit einer erheblichen Verletzung des Geschädigten unabhängig von der konkreten Verletzung anhand bestimmter Tagessätze für den Aufenthalt des Klägers auf der Intensivstation, der Normalstation, der Reha und für die erwerbsgeminderte Folgezeit nach der Reha berechnet. Dies lasse – so der BGH – wesentliche Umstände des konkreten Falles außer Acht. So bleibe unbeachtet, welche Verletzungen der Kläger erlitten habe, wie diese behandelt wurden und welches individuelle Leid bei ihm ausgelöst wurde. Auch die Anknüpfung an die statistische Größe des durchschnittlichen Einkommens trage der notwendigen Orientierung an der gerade individuell zu ermittelnden Lebensbeeinträchtigung des Geschädigten nicht hinreichend Rechnung.
Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 020/2022 v. 15.2.2022
Prüfungsrecht
Neuregelung des Meisterprüfungsverfahrensrechts
Am 28.1.2022 ist die Verordnung zur Neuregelung des Meisterprüfungsverfahrensrechts v. 18.1.2022 in Kraft getreten (BGBl I S. 39). Die Verordnung trägt der Modernisierung und Flexibilisierung des Meisterprüfungswesen durch das Fünfte Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften vom 9.6.2021 (BGBl I S. 1654) Rechnung. Hierdurch soll die Flexibilität für die Prüfenden erhöht werden und durch die Stärkung des Ehrenamtes sollen rechtsbeständige und hochwertige Prüfungen ermöglicht werden.
Quelle: BR-Drucks 781/21
Autor: Karsten Funke
Karsten Funke, Richter am Landgericht, München
zfs 3/2022, S. 122