Bei bewusst herbeigeführten Schadensereignissen lässt sich das Unfallgeschehen bei bestimmten Konstellationen durch die im Ereignisspeicher eines Fahrzeugs hinterlegten Daten erfolgreich aufklären.
1. Aufklärung mit dem Event Data Recorder
Für die Aufklärung eines Unfallgeschehens bei einem Betrugsverdacht kann das Vorhandensein eines sogenannten Event-Data-Recorders (EDR) von besonderer Bedeutung sein, welcher derzeit in vielen Fahrzeugen schon aufgrund von Vorschriften aus den USA vorhanden ist und mit dem entsprechenden Tool des Herstellers Bosch ausgelesen werden kann – teilweise auch ohne Verschlüsselung der Fahrzeughersteller wie etwa bei den Konzernen VW, Toyota und Volvo. Über diesen Data-Recorder werden im Airbagspeichergerät entscheidende Fahrbewegungen des Fahrzeuges 5 Sekunden vor dem Crash einschließlich des Lenk- und Bremsverhaltens sowie der gefahrenen Geschwindigkeit hinterlegt und können entsprechend ausgewertet werden.
Praxistipp: Ausgelöst wird eine solche Datenspeicherung bei einem Event nach den US-Vorgaben, bei dem eine kollisionsbedingte Geschwindigkeitsänderung von 8 km/h erfasst wird. Gestellte Unfallereignisse mit Schrittgeschwindigkeit werden daher i.d.R. nicht erfasst, Kollisionen im fließenden Verkehr dagegen schon.
Häufig werden ältere Kfz als Verursacherfahrzeuge eingesetzt, um einen relevanten Eigenschaden zu vermeiden. Bei diesen Fahrzeugen wird i.d.R. ein EDR nicht vorhanden sein – ab dem Baujahr 2018 wird eine solche Ausstattung häufig zu bejahen und je nach der Schwere des Crashs auch entsprechende Daten auszulesen sein. Dies eröffnet insbesondere weitere Aufklärungsmöglichkeiten bei gestellten Unfällen, bei denen auf ein Mietfahrzeug als Verursacher zurückgegriffen wird. Diese Kfz werden i.d.R. für einen kurzen Zeitraum zu diesem Zweck angemietet und ein Eigenschaden durch eine Vollkaskoversicherung für das Mietfahrzeug abgeschlossen, welche auf 0 reduziert wird. Beliebt sind auch Unfallverursachungen mit einem Sportwagen, der vollkaskoversichert ist, um dann gleich an zwei Kfz eine gewinnbringende fiktive Abrechnung vorzunehmen.
Bei beiden Unfallvarianten sind Kfz als Verursacherfahrzeuge vorhanden, bei denen die entscheidenden Daten mit Hilfe des EDR ausgelesen werden können. Ein solcher Fall konnte beispielsweise schon im Jahr 2016 bei dem LG Bochum durch ein Auslesen der im EDR des eingesetzten Mietfahrzeugs vorhandenen Daten aufgeklärt werden. Der Fahrer des Mietwagens hatte bei schlechtem Wetter noch einen Kontrollverlust behauptet und will aus diesem Grund im fließenden Verkehr gegen das geparkte Kfz des Anspruchsstellers gefahren sein. Die Auswertung der Daten aus dem EDR hat dagegen ergeben, dass der Mietwagen nur wenige Meter vor dem Unfallort aus dem Stand beschleunigte und dann zielgerichtet auf das geparkte Kfz zugesteuert wurde, um dort ohne Ausweichverhalten die Kollision zu suchen. Mit Hilfe dieser Erkenntnisse konnte sodann ein abgesprochenes Unfallereignis im Zusammenspiel mit weiteren Indizien erfolgreich nachgewiesen werden.
2. Aufbereitung der Daten durch den Hersteller
Einige Hersteller – so z.B. der gesamte VW-Konzern (mit Ausnahme Porsche) seit dem Modelljahr 2018 – haben die im EDR hinterlegten Daten im europäischen Raum ohne weitere Verschlüsselung zum Auslesen mit dem Bosch CTR freigegeben oder bieten dafür ein eigenes Tool wie die Hersteller Tesla oder Kia an. Andere Hersteller – wie z.B. Mercedes – verschlüsseln auch weiterhin diese Daten, so dass ohne ihre Mithilfe ein Auslesen und Aufbereiten für die Unfallrekonstruktion nicht möglich ist.
In einem laufenden Gerichtsprozess besteht jedoch die Möglichkeit, diese Daten zur Vorbereitung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens auf Grundlage einer gerichtlichen Anordnung nach den §§ 142, 144 ZPO zu erhalten. Dabei werden die im EDR vorhandenen Daten als sonstige Unterlagen im Sinne dieser Vorschrift erfasst und das Gericht kann dem Fahrzeughersteller als Dritten aufgeben, diese Daten in einem auslesefähigen Format dem vom Gericht beauftragten Sachverständigen zur Verfügung zu stellen. Voraussetzung dafür ist allerdings ein ausreichend konkreter Vortrag, welche Tatsachen mit Hilfe welcher Daten bewiesen werden sollen. Sodann kann mit Hilfe des Herstellers ein Auslesen erfolgen bzw. im Fall eines sog. online Kfz sogar eine Auskunft über bei dem Hersteller vorhandene Daten erfolgen.
Praxistipp: Beispielsweise verfügt der Hersteller Mercedes über geschultes Personal, welches mit dem Auslesegerät Xentry deutschlandweit auf eine gerichtliche Anordnung hin entsprechende Daten auslesen kann – das bekannteste Bespiel dürfte das Auslesen dieser Daten aus einem Mercedes zu dem "Kuhdamm – Raser Prozess" aus Berlin im dortigen Strafverfahren darstellen.
3. Neue EU-Gesetzgebung
Eine solche Mithilfe...