II. …“ Die nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 104 Abs. 3, § 567 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2, § 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Beklagten ist unbegründet.

a) Mit der Kostenregelung des Vergleichs haben die Parteien einen rechtsgeschäftlich konstituierten Rechtsgrund für den prozessualen Kostenerstattungsanspruch geschaffen, der einen Kostentitel im Sinne von § 103 Abs. 1 ZPO darstellt, aufgrund dessen die Festsetzung erstattungsfähiger Kosten zugunsten der nach der Kostenregelung erstattungsberechtigten Partei erfolgt. Er ist auch dann Grundlage der Kostenfestsetzung, wenn das Gericht den Inhalt der Kostenregelung deklaratorisch respektive wie hier nach § 276 Abs. 6 ZPO auf übereinstimmenden Antrag der Parteien festgestellt hat (vgl. MüKoZPO/Schulz, 6. Auflage, 98 Rn 12). Nur soweit sich ergibt, dass die Parteien eine ganz oder teilweise fehlende Kostengrundentscheidung weder dem Gericht überlassen noch eine eigene Regelung dazu vereinbaren wollten, greift die Vermutungsregelung des § 98 ZPO ein, wonach die Kosten eines abgeschlossenen Vergleichs als gegeneinander aufgehoben anzusehen sind, wenn nicht die Parteien ein anderes vereinbart haben (BeckOK ZPO/Jaspersen, 45. Ed. 1.7.2022, § 98 Rn 3). Auch eine nur konkludent von den Parteien getroffene Kostenregelung ist dabei allerdings vorrangig. Erforderlichenfalls ist der Vergleichswortlaut dafür nach den allgemeinen Methoden der Rechtsgeschäftslehre gemäß §§ 133, 157 BGB auszulegen (Musielak/Voit/Flockenhaus, ZPO, 19. Auflage, § 98 Rn 3; Saenger/Gierl, ZPO, 9. Auflage, § 98 Rn 15). Führt auch die Auslegung zu keinem eindeutigen Ergebnis und weist der Vergleich danach im Kostenpunkt eine Regelungslücke auf, kommt noch eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht. Nur wenn sich auch eine ergänzende Vertragsauslegung als nicht möglich erweist, fehlt es an einer Bestimmung der Parteien im Sinne von § 98 Satz 1 ZPO mit der Folge, dass insoweit die gesetzliche Kostenfolge eintritt, mithin eine Kostenaufhebung bezüglich der nach der Kostenregelung unverteilten Kosten (vgl. MüKoZPO/Schulz, a.a.O. Rn 12).

b) Zuständig für die Auslegung eines Prozessvergleichs ist grundsätzlich das Gericht, vor dem der Vergleich geschlossen wird (MüKoZPO/Schulz, a.a.O. Rn 13). Dieses hat in Zweifelsfällen, insbesondere bei einem Streit der Parteien über das von ihnen Vereinbarte, den Inhalt der Kostenregelung (bzw. den Eintritt der gesetzlichen Kostenfolge, falls eine Auslegung nicht in Betracht kommt) auf Antrag einer Partei durch einen deklaratorischen Beschluss festzustellen (vgl. OLG Köln NJW-RR 1995, 509; OLG Hamm JurBüro 1992, 493; OLG Köln Rpfleger 1987, 429; Saenger/Gierl, a.a.O. Rn 15). Dagegen ist entsprechend § 91a Abs. 2 ZPO die sofortige Beschwerde eröffnet. Gleiches gilt, wenn das Gericht ein Tätigwerden ablehnt (MüKoZPO/Schulz, a.a.O. Rn 20).

c) Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens ist die Auslegung einer mehrdeutigen Kostenregelung hingegen nur in sehr engen Grenzen zulässig, weil das Verfahren nach §§ 103 ff. ZPO im Allgemeinen keinen Raum für eine materiell-rechtliche Prüfung lässt. Für die Auslegung kann nur ein im Vergleichswortlaut selbst klar zum Ausdruck kommender Parteiwillen zugrunde gelegt werden, denn nicht erkennbare Begleitumstände sind vom Rechtspfleger nicht zu ermitteln. Erforderlich für eine etwaige Begründung, Erstreckung oder Begrenzung einer Kostentragungspflicht ist daher zumindest eine hinreichend eindeutige Andeutung im Wortlaut des Kostentitels (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 8.8.1979 – 20 W 446/79, juris, Rpfleger 1979, 429 = MDR 1980, 60). Fehlt es daran und ist ein auf den Vergleichswortlaut gestütztes eindeutiges Ergebnis nicht zu erzielen, so ist der Rechtspfleger entweder an einer Kostenfestsetzung ganz oder teilweise gehindert, wenn sich dem Wortlaut kein entsprechender Erstattungsanspruch der antragstellenden Partei entnehmen lässt, oder er ist an einer vom Wortlaut abweichenden Kostenfestsetzung gehindert, soweit nach dem Vergleichswortlaut eine bestimmte Regelung augenscheinlich positiv getroffen ist. Vorliegend ist der letztgenannte Fall gegeben und die Festsetzung der Kosten des hiesigen Rechtsstreits gegen den Beklagten – als Gesamtschuldner neben der Streithelferin – zu Recht auf Antrag der Klägerin erfolgt.

aa) Soweit der Beklagte meint, die Kostenregelung im vorliegenden Vergleichstext beziehe sich nur auf "Verfahrenskosten" und damit nicht (auch) auf Kosten des hiesigen Zivilrechtsstreits, ist das unbehelflich, weil in Ziffer 1. ähnlich einer Präambel zwei Rechtsstreitigkeiten genannt werden, auf die die Kostenregelung mit den dort in Bezug genommenen "beiden Verfahren" unmittelbar verweist. Es ist zudem nicht unüblich, dass auch Rechtsstreitigkeiten vor Zivilgerichten allgemein als "Verfahren" bezeichnet werden und die Kosten solcher Rechtsstreitigkeiten entsprechend als "Verfahrenskosten". Schließlich werden in der Kostenregelung auch die Kosten des Vergleichs genannt, die gerade in dem hiesigen Rechtsstreit angefallen sind.

bb...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge