[5] I. Nach Auffassung des BG ergibt sich die Prozessführungsbefugnis der Kl. aus § 126 Abs. 2 VVG. Die Vorschrift sei über ihren Wortlaut hinaus auch auf Aktivprozesse des Versicherungsgebers gegen den VN anwendbar.
[6] II. Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Mit der gegebenen Begründung durfte das BG die Prozessführungsbefugnis der Kl. nicht annehmen.
[7] 1. Entgegen der Auffassung des BG ergibt sich aus § 126 Abs. 2 Satz 1 VVG keine aktive gesetzliche Prozessstandschaft der Kl. für den hier geltend gemachten Anspruch.
[8] a) Nach § 126 Abs. 2 Satz 1 VVG können Ansprüche auf die Versicherungsleistung aus einem Vertrag über eine Rechtsschutzversicherung, wenn – wie hier – ein selbstständiges Schadensabwicklungsunternehmen mit der Leistungsbearbeitung beauftragt ist, nur gegen dieses geltend gemacht werden. Die Vorschrift begründet einen Fall gesetzlicher Prozessstandschaft (vgl. Senat VersR 2018, 1119 Rn 30; VersR 2016, 1593 Rn 10; jeweils m.w.N.). In ihrem Anwendungsbereich ist allein das Schadensabwicklungsunternehmen passiv prozessführungsbefugt, während der VR materiell-rechtlich Verpflichteter aus dem Versicherungsvertragsverhältnis mit dem VN bleibt (…).
[9] b) Noch zutreffend und im Einklang mit der allgemeinen Auffassung hat das BG angenommen, eine aktive Prozessführungsbefugnis des Schadensabwicklungsunternehmens sei vom Wortlaut des § 126 Abs. 2 Satz 1 VVG nicht umfasst. Einer unmittelbaren Anwendung auch auf Aktivprozesse steht der klare Wortlaut der Vorschrift ("gegen dieses") entgegen. Insoweit verhält es sich anders als in dem durch den Senat entschiedenen Fall der passiven Prozessführungsbefugnis für einen auf "Quasideckung" gerichteten Schadensersatzanspruch, in welchem der Wortlaut des § 126 Abs. 2 Satz 1 VVG einer weiten Anwendung nicht entgegenstand (vgl. Senat, VersR 2018, 1119 Rn 25).
[10] c) Aber auch aus einer analogen Anwendung des § 126 Abs. 2 Satz 1 VVG lässt sich entgegen der Auffassung des BG eine aktive Prozessführungsbefugnis des Schadensabwicklungsunternehmens für den hier geltend gemachten Anspruch nicht herleiten.
[11] aa) Ob eine analoge Anwendung des § 126 Abs. 2 Satz 1 VVG auf den Aktivprozess in Betracht kommt, ist umstritten. Teilweise wird dies in einzelnen Konstellationen befürwortet, so etwa bei vertraglichen oder bereicherungsrechtlichen Rückforderungsansprüchen (AG München, Urt. v.29.4.2016 – 224 C 27412/15, juris Rn 21, 23; Brünger in Staudinger/Halm/Wendt, Versicherungsrecht 2. Aufl. § 126 VVG Rn 9), für die Geltendmachung von Ansprüchen aus Leistungskondiktion bis zum Abschluss der Leistungsbearbeitung (Bruck/Möller/Bruns, VVG 9. Aufl. § 126 Rn 40; ähnlich BK-VVG/Honsell, § 1581 Rn 16), bei einer Auseinandersetzung über Deckungsfragen (van Bühren, EWiR 2018, 623, 624) oder soweit der Aktivprozess im Zusammenhang mit der "Versicherungsleistung" (§ 126 Abs. 2 Satz 1 VVG) steht, d.h. die "Leistungsbearbeitung" (§ 164 Abs. 1 Satz 1 VAG) betrifft (Jungermann, r+s 2019, 15, 17). Die Gegenauffassung lehnt eine analoge Anwendung der Vorschrift auf den Aktivprozess ab (OLG Karlsruhe NJW-RR 2021, 488 Rn 31 zur Klage gegen den Rechtsanwalt auf Rückforderung nicht verbrauchter Vorschusszahlungen; OLG Jena AnwBl 2020, 44 zu einem nach § 86 Abs. 1 VVG auf den VR übergegangenen Schadensersatzanspruch gegen den Rechtsanwalt; LG Gera, BeckRS 2020, 12365 Rn 44; AG Hannover r+s 2019, 15 …
[12] bb) Die zweitgenannte Ansicht trifft jedenfalls für den hier geltend gemachten Anspruch zu. Eine analoge Anwendung des § 126 Abs. 2 Satz 1 VVG mit der Folge einer aktiven gesetzlichen Prozessstandschaft des Schadensabwicklungsunternehmens scheidet daher vorliegend aus.
[13] (1) Eine Analogie ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Die Lücke muss sich also aus einem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem – dem konkreten Gesetzgebungsvorhaben zugrundeliegenden – Regelungsplan ergeben (Senat NJW-RR 2017, 1416 Rn 22; BGH MDR 2017, 329 st. Rspr.).
[14] (2) Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber, wenn er den vorliegenden Fall bedacht hätte, für diesen eine aktive Prozessführungsbefugnis des Schadensabwicklungsunternehmens angeordnet hätte.
[15] (a) Die Einführung des § 126 VVG n.F./§ 1581 VVG (in der Fassung bis 31.12.2007; nachfolgend a.F.) beruht auf der gesetzgeberischen Aufhebung des strengen deutschen Spartentrennungsgebotes durch § 164 Abs. 1 Satz 1 VAG n.F./§ 8a Abs. 1 Satz 1 VAG (in der Fassung bis 31.12.2015; nachfolgend a.F.) in Umsetzung der Richtlinie 87/344/EWG des Rates vom 22.6.1987 zur Koordinierung ...