Der im Strafbefehlsantrag angenommene hinreichende Tatverdacht einer fahrlässigen Körperverletzung ist nicht gegeben.
1. Die Beschwerden des Zeugen S. sind jedenfalls nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen nicht genügend sicher auf das Unfallgeschehen zurückzuführen. Der Zeuge S. wurde schon zu seinen körperlichen Beschwerden nicht vernommen. Zwar hat der Zeuge ein ärztliches Zeugnis zur Akte gebracht, das ist freilich oberflächlich und teilt lediglich eine Erstdiagnose mit, die im Rahmen der Prüfung einer möglichen Arbeitsunfähigkeit erhoben wurde, allerdings nicht von einem Facharzt oder einer Fachärztin für Neurologie oder wenigstens Orthopädie. Lediglich anzumerken ist, dass der weitere Verlauf der angeblichen Verletzung weder dokumentiert noch ermittelt wurde.
2. Die bei der Akte befindlichen Lichtbilder lassen nicht ansatzweise auf eine besonders heftige biomechanische Belastung schließen. Im Gegenteil: Der Unfallhergang selbst wird von den unfallaufnehmenden Beamte:innen als "unklar" beschrieben. Der knappen Unfallaufnahme können kaum irgendwelche Anknüpfungstatsachen entnommen werden, die eine unfallanalytische Beweisaufnahme überhaupt ermöglichten. Die mit dem diagnostizierten Verletzungsbild einhergehenden medizinischen Herausforderungen blieben im Ermittlungsverfahren ebenfalls unbedacht.
a. Es besteht für das Amtsgericht auch keine Rechtspflicht nach § 202 StPO, durch eigene (umfangreiche) Ermittlungen im Zwischenverfahren die Grundlage für den hinreichenden Tatverdacht erst noch zu schaffen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes stehen Ermittlungen im Zwischenverfahren im Ermessen des Gerichts. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den in § 202 StPO benannten Beweiserhebungen um solche zur einzelnen Ergänzung oder Überprüfung eines im Ermittlungsverfahren grundsätzlich bereits aufgeklärten Sachverhalts handelt. Für Ermittlungen nach § 202 StPO ist dann kein Raum, wenn erst durch eine Ermittlungsanordnung des Gerichts ein hinreichender Tatverdacht geschaffen werden muss (vgl. LG Köln, Beschl. v. 16.11.2011 – 110 Qs 19/11). Das Gericht ist nämlich nicht der "Libero der Anklagebehörde" (KK-StPO/Schneider, 7. Aufl. 2013, § 202 StPO, Rn 3). Im Zwischenverfahren kommen eingedenk der strukturellen Aufgabenverteilung zwischen Staatsanwaltschaft und Gericht nur einzelne ergänzende richterlich veranlasste Beweiserhebungen in Betracht. Ermittlungen größeren Umfangs zur Komplettierung des von der Staatsanwaltschaft unzulänglich belegten Anklagevorwurfs sind gesetzlich nicht vorgesehen (KK-StPO/Schneider, 7. Aufl. 2013, § 202 StPO, Rn 2; OLG Karlsruhe wistra 2004, 276, 279; OLG Saarbrücken NStZ-RR 2009, 88; OLG Celle StV 2012, 456, 457; LG Berlin NStZ 2003, 504 mit Anm Lilie NStZ 2003, 568; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 202, Rn 1; LR StPO/Stuckenberg, § 202, Rn 3; Eisenberg JZ 2011, 672). Gleichermaßen unstatthaft sind umfangreiche Beweisaufnahmen wie etwa die Vernehmung zentraler Zeugen zur Vorabklärung der Belastbarkeit ihrer Angaben; hierin läge ein von Rechts wegen nicht vorgesehener Vorgriff auf die Hauptverhandlung (SK StPO/Paeffgen § 202 Rn 3; LR StPO/Stuckenberg § 202 Rn 2). Das gilt hier umso mehr, als die Einholung zweier Sachverständigengutachtens notwendig wäre (hierzu: Balke: Medizinische Begutachtung in der Verkehrsunfallregulierung, SVR 2019, 246 m.w.N.).
b. Dem Angeschuldigten müsste nachgewiesen werden, dass der Unfall kausal zu einer Verletzung der Gesundheit eines anderen Menschen geführt hat, mithin die geklagten Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule mit der notwendigen Wahrscheinlichkeit ursächlich zur Folge hatte. Besonderes Augenmerk müsste dabei freilich auf die Befragung durch die Polzeibeamt:innen gerichtet werden, da in der forensischen Praxis zu beobachten ist, dass Beschwerdebilder durch die bloße oder (darüber hinaus ungeschickte) Befragung an der Unfallstelle erst erzeugt werden.
aa. Ein "Beweis des Ersten Anscheins", der sich im Strafverfahren spätestens mit dem Abschluss der Ermittlungen geradezu verbietet, spricht gerade nicht für solche Verletzungen, da die medizinische Beurteilung derartiger Unfälle und die dabei entstehenden biomechanischen Belastungen in der wissenschaftlichen Literatur stark umstritten sind (Überblick zum Problemfeld, m.w.N.: Mergner, Kausalitätsprobleme bei HWS – Distorsion und Bandscheibenvorfall, NZV 2011, 326 und Ördekci, Die Beweisführung beim HWS-Trauma, NJW-Spezial 2017, 73). Die Annahme eines "Beweises des ersten Anscheins" verbietet sich im Übrigen schon deswegen, weil die von den Zeugen geschilderten Beschwerden eine ganz große Vielzahl von Ursachen haben können. Diese reichen von seelischen Belastungen bis hin zu Fehlhaltungsschäden oder entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Der Geschädigte S., geboren 1986, geht auf die Vierzig zu.
bb. Alleine der von dem Zeugen angegebene zeitliche Zusammenhang lässt einen Rückschluss nicht zu, zumal Rückenleiden in sehr komplexen und vielfältigen Erscheinungsformen auftreten. Es besteht zudem die e...