A. Der Kl. kann, was sein mit dem Antrag zu 1 verfolgtes Auskunftsbegehren angeht, die Ausstellung der ihm im Zuge von Beitragserhöhungen erteilten Nachtragsversicherungsscheine verlangen, aber auch nur diese.
1. Ein Anspruch auf die erneute Erteilung der Nachtragversicherungsscheine ergibt sich für den Zeitraum von Juni 2014 bis zum Dezember 2018 aus § 3 Abs. 3 Satz 1 VVG. Nach dieser Vorschrift kann der VN, ist ein Versicherungsschein abhandengekommen oder vernichtet, vom VR die Ausstellung eines neuen Versicherungsscheines verlangen. Unter keinen Umständen steht dem entgegen, dass der Kl. sich erstinstanzlich auf § 3 Abs. 3 VVG nicht gestützt hat – iudex novit curia. Die Voraussetzungen der Vorschrift liegen vor.
a) Die Vorschrift bezieht sich auch auf Nachträge (vgl. Prölss/Martin-Rudy, VVG, Kommentar, 31. Auflage, § 3 Rn 1), das ergibt sich – "ein Versicherungsschein" – schon aus dem Wortlaut.
Da der Versicherungsschein den VN über den Inhalt des Vertrages informieren soll (…) und – wie nicht zuletzt die hier gegebene Konstellation zeigt – auch ein Interesse an der Wiederbeschaffung überholter Versicherungsscheine bestehen kann, besteht auch kein zureichender Grund für eine Beschränkung des Anspruchs auf den aktuell geltenden Versicherungsschein, dies umso weniger, da gemäß § 3 Abs. 5 VVG die Kosten für die Erteilung eines neuen Versicherungsscheins vom VN zu tragen und auf Verlangen vorzuschießen sind. Das Abhandenkommen umfasst auch das freiwillige Verlieren ( Langheid/Rixecker-Rixecker, VVG, Kommentar, 6. Auflage § 3 Rn 5; …).
Nachdem es gemäß § 3 Abs. 3 Satz 2 VVG einer Kraftloserklärung nur bedarf, wenn der Versicherungsschein der Kraftloserklärung unterliegt, es sich also (wie hier nicht) um eine Orderpolice handelt oder um einen Versicherungsschein, der ein Legitimationspapier (§ 808 Abs. 2 Satz 2 BGB) ist (vgl. Prölss/Martin-Rudy, § 3 Rn 8), und nachdem, wie schon erwähnt, der VN die Kosten der Ersatzausstellung zu tragen hat, können an die Darlegung des Verlusts keine hohen Anforderungen gestellt werden.
Der Anspruch lässt sich auch nicht schon im Ansatz damit verneinen, dass der Kl. nicht nur die Nachträge, sondern umfassend Auskunft über alle mit dem Erhöhungsverlangen überlassenen Unterlagen verlangt. Die Nachträge zum Versicherungsschein sind Bestandteil des Auskunftsantrags und werden auch in der Klagbegründung ausdrücklich erwähnt, sodass – auch wenn weder § 3 Abs. 3 VVG noch die Wendung der "Ausstellung eines neuen Versicherungsscheins" Erwähnung finden – das (Teil-)Ziel des Rechtsschutzbegehrens hinreichend erkennbar geworden ist.
b) Der im Termin angehörte Kl. hat den Senat davon überzeugt, dass er die Nachträge von 2014 bis 2018 nicht mehr besitzt, §§ 141, 286 ZPO, weil er sie, nachdem er sie mit anderen Unterlagen im Keller gelagert hatte, nach einem Wasserschaden entsorgt hat.
c) Der Anspruch, den der Kl. auf die ab dem Juni 2014 erteilten Nachträge erstreckt, ist auch nicht etwa, wie die Bekl. geltend macht, durch ihren Verjährungseinwand begrenzt. Allein mit dem – allerdings zutreffenden – Hinweis darauf, dass (bei einer Klageerhebung im Jahr 2021) Rückforderungsansprüche vor dem Jahr 2017 verjährt wären, lässt sich der Anspruch nicht infrage stellen. Der Anspruch nach § 3 Abs. 3 VVG setzt lediglich voraus, dass der Versicherungsschein abhandengekommen oder vernichtet ist. In zeitlicher Hinsicht wird er begrenzt durch die der Bekl. obliegenden Aufbewahrungspflichten.
Innerhalb dieser Grenzen besteht kein Grund zur Verweigerung, dies insbesondere deshalb nicht, weil, wie schon erwähnt, die Bekl. vom Kl. die Kosten für die Erteilung der Nachträge verlangen könnte, deren Vorlage nebst dem Anschreiben und aller weiteren damit verbundenen Unterlagen der Bekl. nach den Erfahrungen des Senats aus einer Vielzahl gleichgelagerter Verfahren ohnehin keine erkennbare Mühe zu bereiten scheint. Der Kl. hat an den Nachträgen, die vor 2018 erteilt wurden, auch das erforderliche Interesse, können sich etwaige Beitragsanpassungen vor diesem Zeitpunkt auch in unverjährter Zeit auf den Leistungsanspruch auswirken.
Der Anspruch ist allerdings "nach hinten" begrenzt auf den Zeitpunkt des Juni 2018. Der Kl. hat angegeben, dass ihm Unterlagen ab dem Jahr 2019 erteilt worden sind, die verfügbar sein müssten. Warum der Kl., wie er beantragt, die Versicherungsscheine bis Rechtshängigkeit (und also auch noch nach der Beauftragung seiner späteren Prozessbevollmächtigten und in die Zukunft hinein) fehlen sollten, hat sich dem Senat ohnehin nicht erschlossen, kann aber nach der Anhörung des Kl. auch dahin stehen.
Ein Verlangen auf Vorschuss auf die Kosten für die erneute Erteilung der Nachträge hat die Bekl. nicht gestellt. Es bleibt ihr überlassen, ob sie diese nachträglich berechnen will oder nicht.
2. Aus § 810 BGB ergibt sich – insgesamt – kein Anspruch für den Kl. Danach kann derjenige, der ein rechtliches Interesse daran hat, eine in fremdem Besitz befindliche Urkunde einzusehen, von dem Besitzer die Gestattung der...