Der Entscheidung des BFH, die praktische Bedeutung für die als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigte tätigen Rechtsanwälte in allen Gerichtszweigen hat, ist zuzustimmen.
Festsetzung des Gegenstandswertes
Voraussetzungen
Gem. § 33 Abs. 1 Satz 1 RVG setzt das Gericht des Rechtszuges den Gegenstandswert auf Antrag durch Beschluss selbstständig fest, wenn sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Streitwert berechnen oder es an einem solchen Wert fehlt. Antragsberechtigt sind gem. § 33 Abs. 2 Satz 2 RVG der Rechtsanwalt, der Auftraggeber, ein erstattungspflichtiger Gegner und – bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe – auch die Staatskasse. Nach § 33 Abs. 2 Satz 1 RVG ist der Antrag erst zulässig, wenn die Vergütung fällig wird.
Fälligkeit der Anwaltsvergütung
Keiner der in § 8 Abs. 1 und 2 RVG geregelten Fälligkeitstatbestände war hier einschlägig. Vielmehr war das vor dem BFH geführte Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren immer noch anhängig und ruhte auch nicht.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Rechtsanwalt seinen Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswertes darauf gestützt hatte, er wolle gem. § 9 RVG einen Vorschuss berechnen. Die Gesetzeslage gibt nämlich nichts dafür her, dass für diese Zwecke der Gegenstandswert festzusetzen ist.
Kein für die Gerichtsgebühren maßgeblicher Streitwert
Ferner war hier eine weitere Voraussetzung für die Festsetzung des Gegenstandswertes nicht erfüllt. Denn vorliegend fehlte es nicht – wie § 33 Abs. 1 Satz 1 RVG erfordert – an einem für die Berechnung der Gerichtsgebühren maßgeblichen Streitwert, der dann gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG für die Bemessung des Gegenstandswertes heranzuziehen ist. Die Berechnung des für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Streitwertes ergab sich hier aus § 52 Abs. 1 GKG i.V.m mit der einschlägigen Rechtsprechung des BFH (siehe BFH BFH/NV 2012, 1153 und zum Mindeststreitwert nach § 54 Abs. 4 GKG BFH BFH/NV 2011, 57 = RVGreport 2011, 73 [Hansens]).
Keine Umdeutung als Antrag auf Streitwertfestsetzung
Der Antrag des Rechtsanwalts X konnte auch nicht als Antrag auf Streitwertfestsetzung gem. § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG umgedeutet werden. Nach dieser Vorschrift kann der Rechtsanwalt aus eigenem Recht die Festsetzung des für die Gerichtsgebühren maßgebenden Streitwertes beantragen und gegen die Festsetzung Rechtsmittel einlegen. Zum einen hatte Rechtsanwalt X hier ausschließlich die Festsetzung des Gegenstandswertes gem. § 33 RVG beantragt. Zum anderen wäre auch eine vorläufige Streitwertfestsetzung nicht zulässig. Ein Antrag auf gerichtliche Streitwertfestsetzung in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit gem. § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. § 63 Abs. 2 GKG ist nämlich grundsätzlich erst statthaft, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergangen ist oder sich das Verfahren anderweitig erledigt hat (BFH AGS 2016, 227 = RVGreport 2016, 195 [Hansens]). Diese Voraussetzungen lagen hier nicht vor.
Verfahrensweise in der Praxis
Rechtsanwalt X wollte es sich hier mit seinem – allerdings unzulässigen – Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswertes besonders leicht machen. Er hat dabei aber nicht bedacht, dass ein solcher Antrag erst zulässig ist, wenn die Anwaltsvergütung fällig geworden ist. Da der Rechtsanwalt einen Vorschuss auf seine Vergütung gem. § 9 RVG grundsätzlich vor Eintritt der Fälligkeit verlangt, kann er für die Berechnung der vorschussweise verlangten Gebühren nicht eine auch nur vorläufige Festsetzung des Gegenstandswertes erreichen. Der Rechtsanwalt hätte jedoch für die Berechnung seines Vorschusses auf den für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Streitwert zurückgreifen können, der dann gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG auch für die Bemessung des Gegenstandswertes maßgeblich ist. Folglich hätte Rechtsanwalt X bei Erstellen seiner Vorschussberechnung die Streitwertregelungen des § 52 Abs. 1 GKG und die hierzu ergangene Rechtsprechung des BFH heranziehen können. Für die Berechnung der Anwaltsgebühren im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren vor dem BFH wäre dann grundsätzlich der Streitwert im finanzgerichtlichen Verfahren maßgebend. Sollte dieser nicht feststehen und auch nicht aus dem Klageantrag in der letzten mündlichen Verhandlung zu ermitteln sein, hätte Rechtsanwalt X gem. § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG die Festsetzung des – erstinzstanzlichen – Streitwertes für das Verfahren vor dem FG Baden-Württemberg beantragen können, sofern dieses nicht bereits den Streitwert erster Instanz endgültig festgesetzt hätte oder dieser ohnehin nicht betragsmäßig feststand. Dieser erstinstanzliche Streitwert entspricht dann meist auch dem Streitwert des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens.
Es gibt jedoch auch Fälle, in denen der für die Gerichtsgebühren maßgebliche Streitwert weder feststeht noch dieser auch nur vorläufig festgesetzt werden kann. In einem solchen Fall muss der Rechtsanwalt den Gegenstandswert schätzen und seine Gebühren nach dem aus seiner Sicht zutreffenden...