VVG § 59
Leitsatz
1. Wer auf dem Herd Öl erhitzt und die Küche lediglich für eine kurze Handreichung verlässt, handelt noch nicht grob fahrlässig.
2. Der analog § 59 Abs. 2 VVG a.F. (§ 78 Abs. 2 VVG) vorzunehmende Ausgleich zwischen dem Sachversicherer des Geschädigten und dem Haftpflichtversicherer des durch einen Regressverzicht begünstigten Schädigers bemisst sich allein nach dem Verhältnis der Leistungspflichten bezüglich des deckungsgleichen Schadens.
3. Der Ausgleichsanspruch verjährt nach Maßgabe von § 195 BGB.
OLG Karlsruhe, Urt. v. 7.2.2008 – 12 U 126/07
Sachverhalt
Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Ausgleichsanspruch in analoger Anwendung des § 59 Abs. 2 S. 1 VVG a.F. geltend. Zwischen der Klägerin und den Eigentümern des Anwesens … besteht ein Gebäudeversicherungsvertrag zum gleitenden Neuwert. In diesem Anwesen verursachte ein Mieter, der bei der Beklagten haftpflichtversichert ist und im Rahmen des bestehenden Haftpflichtversicherungsvertrages Deckungsschutz auch für Mietsachschäden beanspruchen kann, am 25.12.2003 in der von ihm bewohnten Wohnung einen Brandschaden. Der Mieter hatte in einem Fondue-Topf Fett auf dem Herd erhitzt. Währenddessen telefonierte er, wobei er das Fett ständig beobachtet haben will. Um das Telefonat an seine Freundin weiter zu geben, verließ er die Küche und ließ den Topf 2 Minuten unbeobachtet. In diesem Moment kam es zu einer Selbstentzündung des Öls.
Die Klägerin hat den am Gebäude entstandenen Schaden in Höhe 18.039,72 EUR reguliert. Sie meint, ihr stehe ein Ausgleichsanspruch nach § 59 Abs. 2 VVG analog zu. Der Zeitwertschaden belaufe sich auf mindestens 13.906,98 EUR. Anhand der anerkannten Berechnungsformel
Eigene Entschädigungspflicht im Außenverhältnis x Gesamtschaden : Summe der einzelnen Entschädigungspflichten im Außenverhältnis
belaufe sich der Ausgleichsanspruch auf 13.906,98 EUR x 18.039,72 EUR : 31.946,70 = 7.853,01 EUR.
Aus den Gründen
“ … 1. Das LG hat einen Ausgleichsanspruch der Klägerin analog § 59 Abs. 2 S. 1 VVG a.F. gegen die Beklagte zu Recht dem Grunde nach für gegeben erachtet.
a) Nach der Rspr. des BGH (BGHZ 169, 86, 88 ff.) und der inzwischen ergangenen obergerichtlichen Rspr. ( … ) hat die Klägerin als Gebäudeversicherer der Eigentümer entsprechend den Grundsätzen der Mehrfachversicherung einen unmittelbaren Anspruch auf anteiligen Ausgleich des von ihr regulierten Schadens gegen die Beklagte als Haftpflichtversicherer des Mieters. Das beruht darauf, dass in der Gebäudeversicherung im Wege ergänzender Vertragsauslegung ein Regressverzicht gegenüber dem Mieter in den Fällen anzunehmen ist, in denen der Mieter einen vom Gebäudeversicherer zu regulierenden Schaden durch leichte Fahrlässigkeit verursacht hat.
… Das Erhitzen von Fett in einem Topf auf einem Küchenherd ist wegen der damit verbundenen hohen Brandgefahr ein Vorgang, der besondere Aufmerksamkeit verlangt und nur unter Einhaltung strenger Sorgfaltsanforderungen durchgeführt werden darf (vgl. OLG Zweibrücken VersR 2001, 455; OLG Köln VersR 1996, 1491, 1492). Mit dem LG ist der Senat davon überzeugt, dass sich der Mieter dieser Gefahr bewusst war, weil er eigenen Angaben zufolge das Fett zunächst “ständig beobachtete’. Dadurch dass er anschließend gleichwohl die Küche verließ und den Fetttopf auf eingeschalteter Herdplatte etwa zwei Minuten sich selbst überließ, indem er ins Wohnzimmer ging und dort seiner Freundin einen Telefonhörer weiterreichte, verletzte er daher objektiv und subjektiv die allgemeine Sorgfaltspflicht (vgl. OLG Köln a.a.O.). Dieses Verhalten des Mieters, der offensichtlich alsbald vom Wohnzimmer wieder in die Küche zurückkehren wollte, ist mit dem LG als leicht fahrlässig zu bewerten.
2. … Der Zeitwertschaden beläuft sich somit auf … 12.896.63 EUR
3. Bei der Frage, wie der Ausgleichsanspruch zu bestimmen ist, hat das LG dafür gehalten, ihn nach der Formel
Eigene Entschädigungspflicht im Außenverhältnis x Gesamtschaden : Summe der einzelnen Entschädigungspflichten im Außenverhältnis
zu berechnen. Seiner Ansicht nach hat der Ausgleich zwischen den Versicherern entsprechend der Vorgabe des BGH (BGHZ 169, 86, 98) nach dem Maßstab des § 59 Abs. 2 S. 1 VVG a.F. zu erfolgen und damit in dem Verhältnis, in dem die Versicherer den Versicherungsnehmern leistungspflichtig waren. Das folge aus der Vorschrift selbst, die gerade nicht die grundsätzlich hälftige Haftungsaufteilung des § 426 BGB aufnehme, sondern die “relative’ Verteilung vorschreibe. Wenn eine von § 59 VVG a.F. abweichende Berechnung hätte gelten sollen, hätte der BGH dies angemerkt. Da dies nicht geschehen sei, könne hier nicht einfach die Hälfte des doppelt versicherten Betrages (Zeitwertes) angesetzt werden.
In ähnlicher Weise argumentieren Rspr. und Literatur, soweit sie die im angefochtenen Urteil vertretene Rechtsauffassung teilen (vgl. LG Kassel VersR 2007, 986, 987; LG Köln VersR 1982, 1165, 1166; Günther, VersR 2006, 1539, 1542; ders., VersR 2007, 1652; Wolter, VersR 2007, 987 ff.; Wälder, r+s 2007, 381 f.). Sie weisen zusätzlich daraufhin, dass...