BGB § 249
Leitsatz
Bei fiktiver Abrechnung kann der Geschädigte die Reparaturkosten auf der Grundlage der Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt und der üblichen Aufschläge auf Ersatzteile ersetzt verlangen.
AG Wuppertal, Urt. v. 11.1.2008 – 32 C 197/07
Sachverhalt
Die Haftpflichtversicherung des für die Unfallfolgen allein haftenden Schädigers kürzte nach fiktiver Abrechnung des Geschädigten, der die Stundenverrechnungssätze und die Ersatzteilaufschläge einer markengebundenen Fachwerkstatt zu Grunde gelegt hatte, unter Hinweis auf niedrigere Stundenverrechnungssätze einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt ebenso wie die angesetzten, bei dieser Werkstatt nicht anfallenden Ersatzteilaufschläge und Verbringungskosten zur Lackierung. Das AG erklärte die Absetzungen für unberechtigt und sprach dem Geschädigten den geltend gemachten Differenzbetrag zu.
Aus den Gründen
“Die Klägerin kann von der Beklagten die Zahlung der bislang noch nicht beglichenen Reparaturkosten in Höhe von 217,50 EUR verlangen. Bei diesem Betrag handelt es sich um den gem. § 249 BGB erforderlichen Betrag zur Schadensbeseitigung.
Die Beklagte hat auf Grund des von der Klägerin eingeholten Gutachtens Reparaturkosten in Höhe von 1.367,99 EUR erstattet. Eine weiter gehende Zahlung lehnt die Beklagte ab und verwies insoweit auf die günstigeren Stundenverrechnungssätze der Fa J GmbH. Darüber hinaus ist die Beklagte der Auffassung, dass die Klägerin im Rahmen der fiktiven Abrechnung keine UPE-Aufschläge geltend machen könne und auch keinen Anspruch auf Erstattung der Position “De-/Montage zwecks Lackierung’ habe.
Nach Auffassung des Gerichts greifen diese Einwendungen nicht durch. Die Klägerin kann von der Beklagten die noch offenen Reparaturkosten in Höhe von 217,50 EUR beanspruchen.
(1) Die Klägerin kann auch bei einer fiktiven Abrechnung der Reparaturkosten die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Vertragswerkstatt und somit die von dem Sachverständigen ermittelten Stundenverrechnungssätze erstattet verlangen. Sie muss sich nicht auf die Stundenverrechnungssätze anderer, nicht markengebundener Fachwerkstätten verweisen lassen (vgl. LG Wuppertal, Urt. v. 12.12.2007, 8 S 34/07).
Der Geschädigte ist Herr des Restitutionsgeschehens. Er ist grundsätzlich frei in der Wahl und in der Verwendung der Mittel zur Schadensbehebung (vgl. BGH NJW 2003, 2085 ff.). Mit der Verweisung auf Stundenverrechnungssätze bestimmter Werkstätten würde jedoch in diese Dispositionsfreiheit des Geschädigten eingegriffen, denn der Geschädigte wäre trotz einer möglichen fiktiven Abrechnung auf Gutachtenbasis auf die Abrechnung der möglichen Kosten in einer bestimmten Werkstatt beschränkt.
Hinzu kommt, dass der Geschädigte nach den Grundsätzen des BGH in dem sog. Porsche-Urteil gerade nicht zu der Entfaltung erheblicher Eigeninitiative verpflichtet ist (vgl. BGH NJW 2003, 2086 f.).
Folgte man der von den Beklagten vertretenen Rechtsauffassung, so wäre der Geschädigte gezwungen, nach der Benennung anderer Werkstätten durch den Schädiger selbst zu prüfen, ob es sich bei den genannten Werkstätten um eine der markengebundenen Werkstatt gleichwertige Werkstatt handelt (vgl. LG Wuppertal, Urt. v. 12.12.2007 – 8 S 34/07). Eine solche Prüfung würde einen erheblichen Mehraufwand bedeuten, zu dem der Geschädigte nicht verpflichtet ist (vgl. LG Köln, Urt. v. 31.5.2006, Mitteilung der ARGE Verkehrsrecht 02/2007, 74, 75). Ob der Hinweis auf die Fa. J ein objektiv geeigneter Hinweis auf eine zugängliche gleichwertige Reparaturmöglichkeit ist, erscheint vor diesem Hintergrund als zweifelhaft.
Letztlich würde eine Verweisung auf niedrigere Stundenverrechnungssätze anderer Werkstätten dazu führen, dass sich der Geschädigte auch bei einer fiktiven Abrechnung stets auf eine konkrete – nicht einmal eine markengebundene Fachwerkstatt – verweisen lassen müsste, was jedoch die Grenzen zwischen einer zulässigen fiktiven Abrechnung und einer konkreten Abrechnung verwischen würde (LG Bochum, 9.9.2005 – 5 S 79/07).
Soweit der BGH in dem “Porscheurteil’ unter II 2 b.aa. ausgeführt hat, dass sich der Geschädigte auf eine ohne weiteres zugängliche, günstigere und gleichwertige Reparaturmöglichkeit verweisen lassen muss, so ist als eine solche gleichwertige Reparaturmöglichkeit nach Auffassung des Gerichts nur eine solche in einer ebenfalls markengebundenen Fachwerkstatt anzusehen. Insoweit hat die Beklagte aber keine günstigere Reparaturmöglichkeit in der Nähe benannt.
(2) Die Klägerin ist auch berechtigt, der Beklagten Ersatzteilpreisaufschläge in Rechnung zu stellen. Denn die Klägerin ist nach den vorstehenden Ausführungen berechtigt, die bei einer fiktiven Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt regelmäßig anfallenden Kosten zu verlangen. Dass im Fall einer dortigen Reparatur Ersatzteilpreisaufschläge erhoben werden, hat der Sachverständige S in seinem Gutachten vom 13.4.2007 festgestellt.
Dieses Gutachten ist von der Beklagten nicht hinreichend substantiiert angegriffen worden. Insbesondere hat die Beklagt...