1. Rechtsnatur der Bankbürgschaft
Welche Rechtsnatur die für die Einholung einer Prozessbürgschaft entstehenden Kosten haben und wie diese durchgesetzt werden können, ist in der Rspr. und Literatur umstritten.
Nach Auffassung des BGH, der der bisher h.A. in der Rspr. widersprochen hat, sind die Kosten einer Bankbürgschaft zur Abwehr der Zwangsvollstreckung Verfahrenskosten im weiteren Sinne, die wie die Kosten des Erkenntnisverfahrens nach §§ 103 ff. ZPO durch das Prozessgericht festgesetzt werden können, so BGH NJW-RR 2006, 1001 = RVGreport 2006, 154 (Hansens) = AGS 2006, 456 = JurBüro 2006, 436. Zu den praktischen Probleme bei der Kostenfestsetzung s. Hansens RVGreport 2006, 134 ff.
Demgegenüber sind die Kosten einer zur Vorbereitung der Zwangsvollstreckung eingeholten Bankbürgschaft nach der h.A. in Literatur und Rspr. Kosten der (Vorbereitung der) Zwangsvollstreckung und können im Rahmen der Kostenfestsetzung berücksichtigt werden, so OLG Köln Rpfleger 1995, 520; OLG Düsseldorf Rpfleger 1998, 438; OLG Koblenz AGS 2004, 207; OLG Düsseldorf JurBüro 2003, 47; Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 788 Rn 5; Musielak/Lackmann, ZPO, 5. Aufl., § 788 Rn 3. Die Gegenauffassung stellt darauf ab, dass durch die Sicherheitsleistung die Vollstreckungsfähigkeit des Titels erst herbeigeführt werden soll, so MünchKom-ZPO/K. Schmidt, 3. Aufl., § 788 Rn 17; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl. § 788 Rn 11. Der BGH hat diese Frage unentschieden gelassen.
2. Zuständigkeit für die Festsetzung der Kosten der Bankbürgschaft
Nach wohl h.A. sind die Kosten für die Sicherheitsleistung des Gläubigers, insbesondere Avalzinsen für eine Bankbürgschaft, von dem hierfür als ausschließlich zuständig angesehenen Vollstreckungsgericht festzusetzen, so OLG Koblenz AGS 2004, 207; OLG Düsseldorf JurBüro 2003, 47. Ich hatte demgegenüber schon in BRAGOreport 2000, 28 und 2001, 94 darauf hingewiesen, dass die Zuständigkeitsregelung des § 788 Abs. 2 ZPO lückenhaft ist und nicht sämtliche Arten von Vollstreckungskosten, insbesondere Kosten für eine Bankbürgschaft zur Durchführung der Zwangsvollstreckung, erfasst. Dem hat sich hier der BGH angeschlossen. Scheidet danach – wie auch hier vom BGH angenommen – die Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts für die Festsetzung der Kosten der Bankbürgschaft als Vorbereitungskosten der Zwangsvollstreckung von vornherein aus, ist für die Festsetzung das Prozessgericht zuständig.
3. Auswirkungen auf die Praxis
Wie der hier vom BGH behandelte Fall zeigt, ist die zum 1.1.1999 in § 788 Abs. 2 ZPO eingeführte Zuständigkeitsregelung für die Festsetzung von Zwangsvollstreckungskosten äußerst lückenhaft. Sie geht davon aus, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung eine Vollstreckungshandlung anhängig ist oder anhängig war. Es fehlt beispielsweise eine Zuständigkeitsregelung für alle diejenigen Vollstreckungskosten, die nicht auf Vollstreckungshandlungen des Vollstreckungsgerichts und des Gerichtsvollziehers zurückzuführen sind, etwa für die
- Kosten einer Vorpfändung (§ 845 ZPO),
- Gerichtsvollzieherkosten für Vollstreckungsaufträge, die nicht durchgeführt werden.
Ferner fehlt es an einer ausdrücklichen Zuständigkeitsregelung für
- Kosten, die für eine Zwangsvollstreckung im Ausland entstanden sind und für
- Anwaltskosten für die Zahlungsaufforderung mit Vollstreckungsandrohung.
Völlig zutreffend hat der BGH hier ausgeführt, dass es für die Kosten einer Bankbürgschaft bei dann nicht durchgeführter Zwangsvollstreckung an einer Zuständigkeitsregelung für das Vollstreckungsgericht fehlt, sodass das Prozessgericht für die Kostenfestsetzung zuständig ist. Die weiteren Ausführungen des BGH sprechen auch für den Fall für die Zuständigkeit des Prozessgerichts, dass der Gläubiger nach Sicherheitsleistung die Zwangsvollstreckung tatsächlich durchführt. Dann ist für die Festsetzung der Bankbürgschaftskosten das Prozessgericht zuständig, während beispielsweise für die Gebühren und Auslagen des Gläubiger-Vertreters und für die ggf. weiter angefallenen Vollstreckungskosten im Regelfall gem. § 788 Abs. 2 ZPO das Vollstreckungsgericht zuständig ist.
Die Mängel der Zuständigkeitsregelung zeigt auch der Fall des KG RVGreport 2008, 116 (Hansens), nach dem für Festsetzung der Kosten der Androhung der Zwangsvollstreckung aus einem Urteil betreffend die Herausgabepflicht einer Urkunde das Vollstreckungsgericht, betreffend eine nicht vertretbare Handlung jedoch das Prozessgericht zuständig sein soll. Die für die Androhung entstandene 0,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG nebst Auslagen muss also aufgeteilt – wohl halbiert – werden und jeder Anteil der Kosten vor einem anderen Gericht zur Festsetzung angemeldet werden.
Heinz Hansens