VV RVG Nr. 7004, 7006; § 46 RVG
Leitsatz
Die Kosten für Benutzung eines Taxis sind jedenfalls für kürzere Strecken, wozu der Zu- und Abgang zu und von den Beförderungsmitteln (hier: der Bundesbahn) in der Regel zu rechnen sein wird, als angemessen anzusehen und daher erstattungsfähig.
OLG Köln, Beschl. v. 5.12.2008 – 2 Ws 529/08
Sachverhalt
Der dem Angeklagten bestellte Pflichtverteidiger unternahm von seiner Kanzlei aus sechs Fahrten mit der deutschen Bahn zu verschiedenen Zielorten, deren Erforderlichkeit nicht umstritten war. Für die Fahrten zwischen seiner Kanzlei und dem Bahnhof und dem Bahnhof und dem Zielort benutzte der Rechtsanwalt jeweils ein Taxi, wofür er insgesamt Kosten i.H.v. 135,50 EUR aufwandte. Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat die gesamten Fahrtkosten des Verteidigers nur in Höhe der Aufwendungen berücksichtigt, die dem Rechtsanwalt bei Benutzung seines eigenen Pkw angefallen wären. Die Taxikosten hat sie dabei nicht als angemessen angesehen. Die hiergegen eingelegte Erinnerung hat der Einzelrichter der Strafkammer zurückgewiesen. Die Beschwerde des Pflichtverteidigers hatte – hinsichtlich der Fahrtkosten – Erfolg.
Aus den Gründen
Aus den Gründen: „In dem angefochtenen Beschluss wird im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass der Beschwerdeführer gem. Nr. 7004 VV RVG grundsätzlich die Erstattung der Fahrtkosten für die Benutzung der Bundesbahn für die Fahrten von seinem Kanzleisitz in E. nach L. bzw. D. beanspruchen kann, weil dies der Angemessenheit entspricht. Es geht nicht an, an Stelle der danach gebotenen Abrechnung anhand der tatsächlich angefallenen Fahrtkosten eine fiktive Berechnung auf der Grundlage der Benutzung des eigenen Pkw vorzunehmen mit der Begründung, die zusätzlich geltend gemachten Kosten für Taxifahrten für die Fahrten zwischen Büro und Bahnhof bzw. Bahnhof und Zielort seien nicht angemessen gewesen. Der Verteidiger kann zur Benutzung des eigenen Pkw auf dem vom LG vorgenommenen Berechnungsweg nicht veranlasst werden. Seine tatsächlichen Kosten dürfen nicht auf die fiktiven Kosten einer Pkw-Reise reduziert werden (Burhoff, Straf- und Bußgeldsachen, 2. Aufl., Nr. 7004 VV, Rn 11; AnwK-RVG/Schneider, VV 7003-7006, Rn 21). Der Vergleich mit den Kosten von Nahverkehrsmitteln ist – ausgenommen den hier ersichtlich nicht vorliegenden Fall des Missbrauchs – nicht zulässig.
Der Begriff der Angemessenheit in Nr. 7004 VV RVG meint, dass die Aufwendungen für "ein anderes Verkehrsmittel" den Gesamtumständen angepasst sein müssen. Davon ist hier auszugehen. Es entspricht der in Rspr. und Schrifttum allgemein anerkannten Auffassung, dass die Benutzung eines Taxis jedenfalls für kürzere Strecken, wozu der Zu- und Abgang zu und von den Beförderungsmitteln (hier: der Bundesbahn) in der Regel zu rechnen sein wird, als angemessen anzusehen und die Kosten hierfür erstattungsfähig sind (LG Berlin, JurBüro 99, 526; Gerold/Schmidt-Madert, RVG, 18. Aufl., VV 7003, 7004, Rn 25; Burhoff, a.a.O., Nr. 7004 VV, Rn 20; Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl., Nr. 7003-7006 VV RVG, Rn 25; AnwK-RVG a.a.O., Rn 24; Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., VV 7003-7006 Rn 11; Bischof-Bräuer, RVG, 2. Aufl., Nr. 7004 VV Rn 1; Hansens/Braun/Schneider, Praxis des Vergütungsrechts, 2. Aufl., Teil 19, Rn 83, 84; Mayer/Kroiß, RVG, Nr. 7004 VV, Rn 13).
Das entsprach im Übrigen schon unter der Geltung der BRAGO allgemeiner Auffassung (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 32. Aufl., § 28 BRAGO, Rn 25 m.w.N., a.A. in einer allerdings schon älteren Entscheidung: OLG Hamm AnwBl 82, 488).
Vorliegend geht es um Kosten für 12 Taxifahrten von insgesamt 135,50 EUR, denen alternativ die (von der Rechtspflegerin nicht näher ermittelten) Kosten für die Benutzung von Nahverkehrsmitteln gegenüberzustellen sind. Die hiernach in Rede stehende Größenordnung zeigt, dass von einer unangemessenen Wahl des Verkehrsmittels (Taxi) durch den Verteidiger nicht gesprochen werden kann.“
3 Anmerkung
Der Entscheidung ist zuzustimmen.
Der gerichtlich bestellte Rechtsanwalt erhält gem. § 45 RVG die Vergütung aus der Landeskasse. Zu dieser Vergütung gehören gem. § 46 Abs. 1 RVG auch die Auslagen, insbesondere Reisekosten. Diese werden von der Landeskasse nur dann nicht vergütet, wenn sie zur sachgemäßen Durchführung der Angelegenheit nicht erforderlich waren. Aus der negativen Formulierung folgt, dass die Reisekosten von der Landeskasse grundsätzlich zu ersetzen sind. Es obliegt dann der Landeskasse darzulegen, dass Reisekosten im Einzelfall nicht erforderlich waren.
1. Fahrtkosten für die Benutzung der Deutschen Bahn
Nach Nr. 7004 VV RVG erhält der RA Fahrtkosten für eine Geschäftsreise bei Benutzung eines anderen Verkehrsmittels, soweit sie angemessen sind, in voller Höhe. Hierzu gehören auch die Kosten für die Benutzung der Bahn. Das OLG Köln hat zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Reduzierung dieser dem Pflichtverteidiger tatsächlich angefallenen Reisekosten auf die fiktiven Kosten einer Geschäftsreise mit dem Pkw nicht in Betracht kommt.
2. Taxikosten
a) Geschäftsreise
Voraussetzung für den Ans...