Die Gebührenbemessung durch den Rechtsanwalt wird nur vom billigen Ermessen i.S.d. § 315 BGB und dem Betragsrahmen begrenzt. Dem Verteidiger wird nach der Rechtsprechung bei der Bestimmung der Gebühren ein Ermessensspielraum von 20 % eingeräumt. An der die Rechnung kürzenden Rechtsschutzversicherung liegt es daher, dem Rechtsanwalt bei der Gebührenbemessung einen Ermessensmissbrauch nachzuweisen.
Bei der Bemessung der Gebühren sowohl im Straf- als auch im Ordnungswidrigkeitenverfahren haben nach § 14 RVG vor allem die nachfolgenden Kriterien Berücksichtigung zu finden:
1. Umfang und Schwierigkeit der Angelegenheit
Der zeitliche Umfang der Tätigkeit des Verteidigers ist in der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit begründet.
Dabei ist für die Einordnung der Schwierigkeit die Sichtweise eines Allgemeinanwalts entscheidend. Schwierig ist die Angelegenheit, wenn der Anwalt erheblich über dem Durchschnitt liegende tatsächliche bzw. juristische Probleme zu lösen hat.
Beispielsweise sind dies:
- Verjährungsproblematik
- Zustellungsproblematik
- Tätigkeit auf einem entlegenen Spezialgebiet (z.B. GefahrgutVO)
- erforderliche Fremdsprachenkenntnisse des Rechtsanwalts
- Schwierigkeiten im Umgang mit dem Mandanten auf Grund der Persönlichkeitsstruktur
Kriterien für die Bestimmung des Umfangs der Angelegenheit sind:
- Aktenstudium, Studium von Rechtsprechung und Literatur
- Zeitaufwand für Termine, die Hauptverhandlung, Beweisaufnahmen
- Dauer des Verfahrens
- Studium von Sachverständigengutachten
- mehrere verwirklichte Ordnungswidrigkeiten
- hoher Sachschaden bei Unfall
- Stellung von Beweisanträgen
Zum besseren Nachweis des überdurchschnittlichen Umfangs der Angelegenheit sollte der Rechtsanwalt während der Mandatsbearbeitung den konkreten Arbeitsaufwand – welcher im Gebührenblatt festgehalten wurde – darlegen.
Dies könnte am Beispiel eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens, in welchem der Einspruch nach Einsichtnahme in die Ermittlungsakte und Besprechung mit dem Mandanten zurückgenommen wurde, wie folgt aussehen:
Erste Besprechung (Aufnahme der persönlichen Daten des Mandanten, Ausführungen zum Vorwurf, Vorahndungen, mögliche Ahndungen und verwaltungsrechtliche Konsequenzen) |
35 Minuten |
Einsichtnahme in die Ermittlungsakte und Prüfung der Rechtmäßigkeit der Messung (Durchführung der Messung, Eichung, standardisiertes Messverfahren, … ) |
20 Minuten |
Zweite Besprechung nach Einsichtnahme in die Ermittlungsakte (Besprechung des Inhalts der Akte inkl. Darstellung der Art der Messung und rechtliche Würdigung, Besprechung der Verteidigungsstrategien, Darstellung von Tilgungsmöglichkeiten, insb. Hinweis auf Punkteabbau, Besprechung mit bspw. dem Arbeitgeber) |
35 Minuten |
Diktate während des Mandats (Vertretungsanzeige, VZR-Auszug anfordern, Einbestellung des Mandanten |
10 Minuten |
Abschluss des Mandats (Einspruchsrücknahme, Erstellung einer Kostenrechnung, Belehrung des Mandanten über Zahlungsmodalitäten, gegebenenfalls Vollstreckung des Fahrverbotes und mögliche zukünftige Konsequenzen der Vorbelastung) |
20 Minuten |
Gesamtbearbeitungszeit |
2 Stunden |
Unter Berücksichtigung einer Mittelgebühr in Bußgeldverfahren zwischen 40 EUR und 5.000 EUR ergäbe dies einen Stundensatz von 177,50 EUR, wobei von diesem Honorar noch das Personal, die Raumkosten und die Steuern aufzubringen sind.
2. Bedeutung der Angelegenheit
Ein weiteres wichtiges Kriterium für die Gebührenbemessung ist die Bedeutung der Angelegenheit für den Mandanten.
Diese bestimmt sich aus der Sicht des Mandanten. Dabei haben die tatsächlichen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und rechtlichen Auswirkungen der Angelegenheit Berücksichtigung zu finden.
Beispielsweise sind dies:
- Führerscheinentzug oder Fahrverbot für Kraftfahrer
- Eintragungen im Verkehrszentralregister
- Vielzahl von Vorstrafen inkl. drohendem Bewährungswiderruf
- Präjudiz für sich anschließendes Zivilverfahren
- drohende verwaltungsrechtliche Konsequenzen (Nachschulungen oder Maßnahmen nach Punktesystem)
3. Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers
Bei der Beurteilung der Einkommensverhältnisse ist von einem durchschnittlichen Einkommen auszugehen. Dies beträgt in Deutschland cirka 2.300 EUR brutto. Abhängig vom tatsächlichen Einkommen sind insofern Zu- oder Abschläge bei der Ermessensausübung vorzunehmen.
4. Besonderes Haftungsrisiko
Dieses Kriteri...