BGG § 254 Abs. 1; ProdHaftG §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 1a; 6 Abs. 1
1. Ein Betonhersteller, der Fertigbeton an einen nichtgewerblichen Abnehmer (hier: Heimwerker) ausliefert, ist verpflichtet, auf die mit der Verarbeitung von Frischbeton verbundene Gefahr einer alkalischen Verätzung der einem unmittelbaren Kontakt mit dem Flüssigbeton ausgesetzten Hautpartien hinzuweisen (im Anschluss am OLG Düsseldorf NJW-RR 1991, 288; OLG Celle VersR 2004, 864).
2. Zu einem für die Herstellerseite vorhersehbaren Fehlgebrauch eines Heimwerkers gehört bspw. auch, dass der – keine geeignete Schutzkleidung tragende – Kunde bei der Verarbeitung des bestellten Frischbetons handwerklich ungeschickt vorgeht und sich beim Glattstrich in die Betonmasse regelrecht "hineinkniet".
OLG Bamberg, Urt. v. 26.10.2009 – 4 U 250/08
Der Kläger, ein diplomierter Betriebswirt, verlangt von der Beklagten materiellen und immateriellen Schadensersatz für Hautverletzungen, die er sich bei der Verarbeitung des von der Beklagten hergestellten und angelieferten Fertigbetons am 30.9.2004 zugezogen hat.
Sofort nach der Anlieferung auf seinem Privatgrundstück gegen 9.00 Uhr hatte der Kläger den Frischbeton zunächst mit Schaufel und Rechen auf dem Boden seiner Garage verteilt und geglättet. Den abschließenden Glattstrich hatte der mit Jeans und Winterstiefeln bekleidete Kläger bis etwa gegen 12.00 Uhr in der Weise vorgenommen, dass er in kniender Haltung mit Kelle und Trauchtel den Beton abzog, wobei er mit den Knien wiederholt mehrere Zentimeter tief in die Betonmasse einsank mit der Folge, dass die Jeanshose alsbald durchweicht war. Als sich der Kläger gegen 14.00 Uhr duschen wollte, bemerkte er an beiden Beinen im Bereich der Knie und der Unterschenkel großflächige – überwiegend tiefschwarze – Hautverfärbungen. Es handelte sich hierbei um alkalische Verätzungen 3. Grades, die zunächst bis 6.10.2004 stationär im städtischen Krankenhaus und anschließend bis zum 11.11.2004 im Klinikum A versorgt wurden, wo – überwiegend auf der Station für Brandverletzungen – mehrere Hauttransplantationen erfolgten. Hieran schloss sich ein mehrwöchiger Aufenthalt in einem Rehabilitationszentrum bis zum 21.12.2004 an.
Auf der Grundlage der vom LG erholten Gutachten steht es zwischen den Parteien nicht mehr in Streit, dass die vom Kläger erlittenen Hautschäden auf das – einem ph-Wert von über 12 entsprechende – alkalische Verätzungspotenzial des von ihm verarbeiteten Fertigbetons zurückzuführen sind.
Nach Beweisaufnahme hat das LG – unter Abweisung der Klage im Übrigen – auf der Grundlage einer Mithaftungsquote von 1/3 dem Kläger ein Schmerzensgeld von 3.333,33 EUR samt Verzugszinsen zugesprochen sowie entsprechend dieser Quote die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz zukünftiger materieller Schäden festgestellt.
Hiergegen richten sich die Berufungen beider Parteien. Während die verklagte GmbH nach wie vor eine vollständige Abweisung der Klage erreichen möchte, weil ihre Haftung schon dem Grunde nach nicht gegeben sei, verfolgt die Klägerseite ihre ursprünglichen Anträge unverändert weiter.
Aus den Gründen:
“… II. Beide Berufungen sind statthaft und auch im Übrigen zulässig (§§ 511 ff. ZPO). Während das Rechtsmittel der Beklagtenseite im Wesentlichen unbegründet ist und sich deshalb nur in einer Verschiebung des Zinsbeginns niederschlägt, erzielt die klägerische Berufung einen Teilerfolg, der auf einer maßvollen Erhöhung des vom LG zugesprochenen Schmerzensgeldes beruht.
A. Berufung der Beklagten
Vergebens wendet sich die Beklagte dagegen, dass das LG ihre Haftung dem Grunde nach bejaht hat.
1. Die Einstandspflicht der Beklagten ergibt sich aus den Grundsätzen der Produkthaftung nach den §§ 1 Abs. 1, 1; 3 Abs. 1 lit. a ProdHaftG.
a) Nach diesen Bestimmungen muss der Hersteller eines Erzeugnisses nicht nur für Schäden einstehen, die auf einer fehlerhaften Konstruktion oder Fabrikation beruhen. Er ist vielmehr auch zum Ersatz solcher Schäden verpflichtet, die dadurch eingetreten sind, dass er die Verwender des Produkts pflichtwidrig nicht auf Gefahren hingewiesen hat, die sich trotz einwandfreier Herstellung aus der Verwendung der Sache ergeben (sog. Instruktionsfehler, vgl. dazu Palandt, 68. Aufl., Rn. 5 u. 10 zu § 3 ProdHaftG). Eine solche Warnpflicht besteht nicht nur in Bezug auf den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Produkts, sondern erstreckt sich innerhalb des allgemeinen Verwendungszwecks auch auf einen nahe liegenden Fehlgebrauch. Diese Pflicht entfällt nur dann, wenn das Produkt nach den berechtigten Erwartungen des Herstellers ausschließlich in die Hand von Personen gelangen kann, die mit den Gefahren vertraut sind, wenn die Gefahrenquelle offensichtlich ist oder wenn es um die Verwirklichung von Gefahren geht, die sich aus einem vorsätzlichen oder äußerst leichtfertigen Fehlgebrauch ergeben (vgl. den Überblick bei BGH NJW 1999, 2815, Rn 12; Palandt, a.a.O., Rn 11).
b) Dementsprechend war auch im Streitfall eine Instruktionspflicht der Beklagtenseite aktualisiert.
aa) Frischbeton ist kei...