StPO § 81a; OWiG § 46 Abs. 4 Satz 1; FeV Anlage 4 Nr. 9.2.2; BayVwVfG Art. 46
1. Ein Verstoß gegen das Gebot, zwischen dem Konsum von Cannabis und dem Fahren zu trennen, liegt immer dann vor, wenn eine Person als Fahrzeugführer objektiv unter dem Einfluss einer Cannabiskonzentration am Straßenverkehr teilgenommen hat, bei der nach wissenschaftlichen Erkenntnissen davon ausgegangen werden muss, dass sich das Risiko von Beeinträchtigungen erhöht, die negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit haben (BayVGH zfs 2006, 236; OVG Bremen DAR 2007, 716/717). Auf die Frage, ob der Betroffene erkennen oder auch nur damit rechnen musste, im Zeitpunkt der Verkehrsteilnahme noch unter relevantem Cannabiseinfluss zu stehen, kommt es demgegenüber nicht an.
2. Die Frage, ob das Ergebnis der Untersuchung einer Blutprobe, die unter Verstoß gegen den sich aus § 81a Abs. 2 StPO ergebenden Richtervorbehalt gewonnen wurde, in einem fahrerlaubnisrechtlichen Verwaltungsverfahren herangezogen werden darf, beantwortet sich unabhängig davon, ob dieses Untersuchungsergebnis im konkreten Fall nach strafprozessualen Grundsätzen einem Verwertungsverbot unterliegt. Wenn die Frage nach der fahrerlaubnisrechtlichen Verwertbarkeit von Erkenntnissen, die in einem straf- oder bußgeldrechtlichen Verfahren ggf. unter Verletzung verfahrensrechtlicher Bestimmungen gewonnen wurden, unabhängig vom Bestehen strafprozessualer Beweisverwertungsverbote beantwortet wird, so rechtfertigt sich das aus der Verschiedenheit der Zielsetzungen beider Rechtsmaterien und der Unterschiedlichkeit der Rechtskreise, die bei Bejahung eines Verwertungsverbots betroffen wären.
3. Die Entscheidung, ob Erkenntnisse, die in einem anderen Verfahren unter Missachtung dort geltender Vorschriften gewonnen wurden, für fahrerlaubnisrechtliche Zwecke berücksichtigungsfähig sind, hat sich zunächst an dem in Art. 46 BayVwVfG (Folgen von Verfahrens- und Formfehlern) zum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken zu orientieren. Nach dieser Bestimmung sind Verfahrensverstöße dann unbeachtlich, wenn offensichtlich ist, dass der Verstoß die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Überträgt man diese Wertung auf die Problematik der ohne Einschaltung eines Richters angeordneten Blutentnahme, so bleibt die unterlassene Einholung einer richterlichen Entscheidung auch bei fehlender Gefahr in Verzug dann auf die Verwertbarkeit des Ergebnisses der Blutanalyse ohne Einfluss, wenn auf der Hand liegt, dass der Richter einem solchen Eingriff die Genehmigung nicht hätte versagen können.
4. Lässt sich in der Rückschau nicht sicher bejahen, dass eine richterliche Anordnung nach § 81a Abs. 2 StPO, wäre sie beantragt worden, zweifelsfrei ergangen wäre, liegt andererseits aber auch kein "absoluter Verfahrensfehler" vor, der auch bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 46 BayVwVfG beachtlich ist, so hängt die Frage, ob das Ergebnis der Analyse einer unter Missachtung des Richtervorbehalts nach § 81a Abs. 2 StPO erlangten Blutprobe für Zwecke des Fahrerlaubnisrechts verwertet werden darf, von einer Abwägung der inmitten stehenden Interessen ab (wie NdsOVG zfs 2010, 114).
(Leitsätze der Schriftleitung)
BayVGH, Beschl. v. 28.1.2010 – 11 CS 09.1443
Der Antragsteller war Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klasse B.
Er wurde am 15.10.2008 gegen 18.30 Uhr als Führer eines Kfz einer polizeilichen Verkehrskontrolle unterzogen. Nach polizeilicher Darstellung waren seine Bindehäute sehr gerötet; seine Augen wurden als "glasig" und "gelblich" beschrieben. Er sei nervös und unruhig gewesen, habe gezittert und ein Flattern im Bereich der Augenpartie aufgewiesen. Nach Belehrung habe er erklärt, am Abend des 12.10.2008 Joints konsumiert zu haben. Ein um 18.45 Uhr durchgeführter Urintest habe positiv auf THC reagiert.
In einer ihm am 15.10.2008 um 19.34 Uhr entnommenen Blutprobe wurde THC in einer Konzentration von 3,4 |jg/L festgestellt. Das Institut für Rechtsmedizin der M., das die Blutprobe analysiert hatte, merkte an, dieses Ergebnis lasse sich nicht mit einer letztmaligen Aufnahme von Cannabis-Inhaltsstoffen drei Tage vor der Blutentnahme erklären. Es zeige vielmehr, dass der Antragsteller Cannabiszubereitungen letztmalig in engerem zeitlichem Zusammenhang zur Blutentnahme – und somit auch zu dem Vorfall – aufgenommen habe.
Nach Anhörung des Antragstellers entzog ihm das Landratsamt L. durch Bescheid vom 26.2.2009 die Fahrerlaubnis (Nr. 1 des Bescheidstenors) und gab ihm auf, seinen Führerschein spätestens innerhalb einer Woche nach der Zustellung des Bescheids bei dieser Behörde abzugeben (Nr. 2 des Tenors). Diese Anordnungen wurden für sofort vollziehbar erklärt. Falls der Antragsteller der Verpflichtung zur Abgabe des Führerscheins nicht fristgerecht nachkomme, werde ein Zwangsgeld zur Zahlung fällig (Nr. 4 des Tenors).
Nachdem der Antragsteller am 10.3.2009 seinen Führerschein beim Landratsamt abgegeben hatte, erhob er nach Aktenlage am 2.4.2009 gegen den am 4.3.2009 zugestellten Bescheid vom 26.2.2009 An...