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[5] Nach § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint (§ 123 Abs. 1 S. 2 VwGO). Dabei hat der Antragsteller sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden materiellen Anspruchs (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Maßgebend hierfür sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
[6] Dabei kann das Gericht grds. nur vorläufige Regelungen treffen und dem Antragsteller nicht schon in vollem Umfang, wenn auch nur auf beschränkte Zeit und unter Vorbehalt einer Entscheidung in der Hauptsache, das gewähren, was er nur in einem Hauptsacheprozess erreichen könnte, es sei denn, dass eine bestimmte Regelung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d.h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar und im Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht (Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung).
[7] Gemessen an diesem Maßstab ist die beantragte einstweilige Anordnung nicht zu erlassen. Denn unabhängig davon, ob mangels Darlegung unzumutbarer Nachteile für die Antragsteller bereits das Verbot einer Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung der begehrten einstweiligen Anordnung entgegensteht, und unabhängig davon, ob die Antragsteller einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht haben, kann ihr Eilantrag keinen Erfolg haben, weil sie jedenfalls das Bestehen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft gemacht haben.
[8] Die Rechtsansicht der Antragsteller, ihnen stehe gegen die Antragsgegnerin ein einklagbarer Anspruch zu, die Fahrbahn der Gemeindestraße, durch die das von ihnen bewohnte Haus erschlossen wird, nicht nur – wie es geschieht – von Schnee zu räumen, sondern zusätzlich mit Salz oder abstumpfenden Mitteln (Lavagemisch) abzustreuen, ist unzutreffend
[9] Den Antragstellern ist zwar einzuräumen, dass die Antragsgegnerin (1.) nach § 1 Straßenreinigungsgesetz NRW – StrReinG NRW – zur ordnungsgemäßen Reinigung der Gemeindestraßen innerhalb der geschlossenen Ortslagen einschließlich der Winterwartung und (2.) nach § 9a Abs. 1 S. 2 des Straßen- und Wegegesetz des Landes Nordrhein-Westfalen – StrWG NRW – im Rahmen der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht zur Erhaltung der Verkehrssicherheit auf den Gemeindestraßen verpflichtet ist sowie (3.) nach § 9 Abs. 3 StrWG NRW als Trägerin der Straßenbaulast nach besten Kräften über die ihr nach § 9 Abs. 1 StrWG NRW obliegenden Aufgaben hinaus die Gemeindestraßen bei Schnee und Eisglätte räumen und streuen soll. Außerdem hat die Antragsgegnerin sich in § 1 Abs. 2 und 3 ihrer Satzung über die Straßenreinigung vom 10.12.1999 – Straßenreinigungssatzung – in der Fassung der Änderungssatzung vom 15.2.2000 selbst die grds. Verpflichtung auferlegt, innerhalb der geschlossenen Ortslagen im Rahmen des zur Straßenreinigung gehörenden Winterdienstes bei Schnee- und Eisglätte (1.) Schnee von Fahrbahnen und Gehwegen zu räumen sowie (2.) Gehwege und Fußgängerüberwege, (3.) die Fahrbahnen der in einer Anlage zur Satzung konkret bezeichneten “gefährlichen Stellen’ und (4.) im Einzelfall bei eingetretener bzw. vorhandener Glättebildung die von der Anlage zur Satzung nicht erfassten Straßenflächen mit abstumpfenden oder auftauenden Stoffen abzustreuen.
[10] In der Rspr. der Zivilgerichte ist geklärt, dass eine Verletzung der aus § 1 StrReinG NRW und § 9a Abs. 1 S. 2 StrWG NRW folgenden Pflichten zur ordnungsgemäßen Reinigung der Gemeindestraßen und zur Erhaltung der Verkehrssicherheit auf den Gemeindestraßen grds. geeignet ist, einen Amtshaftungsanspruch auszulösen, weil diese Pflichten gegenüber den einzelnen Straßenbenutzern als Dritten i.S.d. § 839 BGB bestehen.
[11] Vgl. zur Rechtslage nach dem Inkrafttreten des Straßenreinigungsgesetz NRW z.B. BGH, Urt. vom 5.7.1990 – III ZR 217/89 –, <juris>, Rn 8 bis 10 und 13 ff.
[12] Den der Antragsgegnerin somit obliegenden Amtspflichten i.S.d. § 839 BGB, die Gemeindestraßen ordnungsgemäß zu reinigen und ihre Verkehrssicherheit zu gewährleisten, steht jedoch kein subjektiv-öffentliches Recht der Straßenbenutzer auf Erfüllung der Amtspflichten gegenüber. Die maßgeblichen Vorschriften – hier die §§ 1 StrReinG NRW und 9a Abs. 1 S. 2 StrWG NRW – enthalten nämlich weder einen Hin...