ZPO § 189 § 172 Abs. 1 S. 1
Leitsatz
Eine Zustellung an den im Wege des Direktanspruchs haftenden ausländischen Kfz-Haftpflichtversicherer ist dann nicht mehr geboten, wenn sich für diese ein Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter bestellt hat und ihm die Klageschrift zugegangen ist.
(Leitsatz der Schriftleitung)
BGH, Urt. v. 7.12.2010 – VI ZR 48/10
Sachverhalt
Die Kl. verlangt von der Bekl., einer Versicherungsgesellschaft mit Sitz in Spanien, Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls, der sich am 9.2.2008 in Frankreich zwischen einem Lkw der Kl. und einem bei der Bekl. versicherten Lkw ereignet hat. Die Bekl. beauftragte die G A Versicherung AG mit der Schadensregulierung.
Die Kl. hat beim AG ihrerseits am 12.11.2008 die Klageschrift eingereicht. Mit Verfügung vom 8.12.2008 hat der Richter am AG Zustellung an die Bekl. mit dem handschriftlichen Zusatz "Zustellungsbevollmächtigte" angeordnet. Die Zustellung ist den Angaben in der Klageschrift entsprechend an die Schadensregulierungsbeauftragte adressiert worden. Mit Schriftsatz vom 14.1.2010, eingegangen bei Gericht am 16.1.2010, hat sich für die Bekl. Rechtsanwalt B unter anwaltlicher Versicherung der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung bestellt. Er hat gerügt, dass die Klage nicht wirksam zugestellt worden sei, weil die Schadensregulierungsbeauftragte nicht zustellungsbevollmächtigt sei. Vorsorglich hat er sich zur Begründetheit der Klage geäußert. In den mündlichen Verhandlungen vor dem AG und dem BG ist Rechtsanwalt B als Prozessvertreter der Bekl. aufgetreten. Er hat die fehlerhafte Zustellung wegen der mangelnden Zustellungsvollmacht der Schadensregulierungsbeauftragten weiter gerügt. Außerdem hat er sich hilfsweise zur Sache geäußert.
Das AG hat die Klage als unbegründet abgewiesen, weil die Klage nicht wirksam zugestellt worden sei. Die hiergegen gerichtete Berufung der Kl. hat das BG mit der Maßgabe, dass die Klage unzulässig sei, zurückgewiesen. Mit der vom BG zugelassenen Revision verfolgt die Kl. ihr Klagebegehren weiter.
2 Aus den Gründen:
[5] "Die internationale Zuständigkeit des AG für den Direktanspruch gegen den ausländischen Versicherer mit Geschäftssitz in der Europäischen Union sei nach Art. 11 Abs. 2 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 lit. b EuGVVO gegeben. Die Klage habe ohne Erteilung einer ausdrücklichen rechtsgeschäftlichen Zustellungsvollmacht durch die Bekl. nicht wirksam an die Schadensregulierungsbeauftragte zugestellt werden können. Die rechtlich gebotene und von Amts wegen zu betreibende Zustellung der Klage an die Bekl. im Ausland könne nicht bewirkt werden, weil die Kl. sich weigere, eine spanische Übersetzung der Klageschrift einzureichen und die Bekl. ihrerseits die Verweigerung der Annahme einer Klageschrift, der eine spanische Übersetzung nicht beigefügt sei, angekündigt habe. Die Heilung des Zustellungmangels durch den tatsächlichen Zugang der Klageschrift an die Bekl., der unterstellt werden könne, scheitere daran, dass die vom AG verfügte Zustellung nicht an die Bekl. gerichtet gewesen sei. Auf Grund der Rügen des Prozessbevollmächtigten der Bekl. sei der Zustellungsmangel auch nicht geheilt. Die Heilung des Mangels durch den tatsächlichen Zugang der Klageschrift an die Bekl., der unterstellt werden könne, scheitere daran, dass die vom AG verfügte Zustellung nicht an die Bekl. gerichtet gewesen sei. Auf Grund der Rügen des Prozessbevollmächtigten der Bekl. habe auch das Verhandeln zur Sache die Zustellung infolge Rügeverzichts nicht geheilt. Die Klage sei nicht rechtshängig geworden und deshalb als unzulässig abzuweisen.
[6] II. Das angefochtene Urteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Auf die Frage, ob die inländische Schadensregulierungsbeauftragte zur Zustellung der Klage als bevollmächtigt gilt, kommt es auf Grund der Besonderheiten des Streitfalls nicht an. Für den erkennenden Senat besteht deshalb auch nicht die Pflicht, die Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen (Art. 267 AEUV).
[7] 1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt der Vorinstanzen, dass die deutschen Gerichte für die Klage gegen den ausländischen Versicherer wegen der behaupteten Schäden aus dem Verkehrsunfall international zuständig sind, was auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (Senat, Urt. v. 2.3. 2010 – VI ZR 23/09, VersR 2010, 690 Rn 7 und v. 29.6.2010 – VI ZR 122/09, MDR 2010, 943 f. jeweils m.w.N.). Der Geschädigte kann vor dem Gericht des Ortes in einem Mitgliedstaat, an dem er seinen Wohnsitz hat, eine Klage unmittelbar gegen den Versicherer des Schädigers erheben, sofern eine solche unmittelbare Klage zulässig und der Versicherer im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ansässig ist (Art. 11 Abs. 2 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 lit. b EuGVVO; EuGH, Urt. v. 13.12.2007 – C-463/06, Odenbreit, NJW 2008, 819). Dass die erforderlichen Umstände im Streitfall gegeben sind, wird von den Parteien nicht in Zweifel gezogen. Auf Grund der in Art. 3 der 4. Kraftfahrzeughaftpflicht-Richtlinie enthaltenen Verpflichtung be...