Der bei einem Unfall querschnittgelähmte Geschädigte hatte eine Trümmerfraktur des Brustwirbels 12 und der Lendenwirbelkörper 1 und 3 mit Mastdarm- und Blasenlähmung sowie Paraparese beider Beine erlitten, sodass er dauerhaft auf die Nutzung des Rollstuhls angewiesen ist. Die Bekl. wurde aufgrund eines Teilanerkenntnisurt. des LG Halle verurteilt, dem Kl. sämtliche künftigen materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall zu ersetzen. In einem Prozessvergleich trafen die Parteien eine Regelung über den Verdienstausfallschaden des Kl., seinen Haushaltsführungsschaden und die vermehrten Bedürfnisse (erhöhter Pflegebedarf, zusätzliche Urlaubskosten, Kleidermehrverschleiß, Fahrtkosten, Heilbehandlungs- und Heilmittelkosten). In Ziffer 3 Abs. 3 des Vergleichs, der an die im vorangehenden Absatz zu den vermehrten Bedürfnissen anschloss, wurde folgende Regelung getroffen:
"Nur die vorstehend genannten Positionen werden durch die Vereinbarung erfasst, d.h. andere Aufwendungen bspw. Kosten für Hilfsmittel (Wartung/Reparatur/Aufzug, Neuanschaffung oder Umbau, Rollstuhl etc.) sind gesondert auszugleichen, soweit sie nach dem 3.3.2006 entstanden sind".
Der Kl. kaufte sich ein sog. Rollstuhlzuggerät für 3.146,60 EUR und machte vergeblich die Zahlung eines Vorschusses hinsichtlich der voraussichtlichen Kosten der künstlichen Befruchtung geltend, mit der die von ihm und seiner Lebenspartnerin beabsichtigte Realisierung des Kinderwunsches erreicht werden soll. Aufgrund der Querschnittslähmung kann dies nur mithilfe einer so genannten In-vitro-Fertilisation und einem Embryotransfer erfolgen. Hierfür ist es erforderlich, eine so genannte Hodenbiopsie durchzuführen. Daran schließt sich eine so genannte testikuläre Spermienextraktion (Gewinnung von Spermien aus den Hoden) an. Darauf folgt dann die Einbringung der Spermien mithilfe einer Microinjektion (ICSI). Für die Lebenspartnerin des Kl. ist zur Herbeiführung der Befruchtung eine Hormonbehandlung und die Durchführung mehrerer Operationen für den Embryotransfer erforderlich. Die Gesamtkosten belaufen sich auf ca. 5.834,93 EUR. Der Kl. hat zur medizinischen Indikation des bereits von ihm angeschafften Rollstuhlzuggerätes sich darauf bezogen, dass er sich mit diesem sportlich betätigen könne und durch den Einsatz seine Bewegungsfähigkeit und Belastbarkeit gefördert werden könne. Die künstliche Befruchtung sei eine Heilbehandlung i.S.d. Schadensrechtes, da damit die unfallbedingt verursachte Zeugungsunfähigkeit überwunden werde. Ohne eine zusätzliche Behandlung seiner Lebenspartnerin sei eine künstliche Befruchtung nicht durchzuführen.
Die Bekl. hat sich gegen den in erster Linie gestellten Antrag auf Ausgleich der Kosten der Anschaffung des Rollstuhlzuggerätes und auf Vorschuss für die Durchführung der Kosten der künstlichen Befruchtung mit der Begründung gewandt, die Anschaffung sei nicht zum Ausgleich der behinderten Mobilität notwendig und die künstliche Befruchtung stelle keine notwendige Heilbehandlung dar. Überdies müsste die künstliche Befruchtung dem Verletzten selbst dienen. Das sei deshalb nicht in voller Höhe der Fall, weil ein Teil der Kosten durch die Behandlung der Lebensgefährtin des Kl. verursacht werden.
Das LG hat ein Gutachten zu der von dem Kl. behaupteten medizinischen Indikation für die Anschaffung des Rollstuhlzuggerätes eingeholt und unter Einbeziehung der Kosten der der künstlichen Befruchtung vorausgehenden bereits ausgeglichenen Kosten dem Kl. eine Zahlungsanspruch i.H.v. 6.096,33 EUR zugesprochen.