Die Entscheidung des LG Dortmund zeigt sehr schön auf, dass im Bereich der Sachversicherung bei einem sog. "Altvertrag" bei einer klassischen Obliegenheitsverletzung auch ohne eine wirksame Umstellung der Versicherungsbedingungen eine Leistungsfreiheit des VR bei einem grob fahrlässigen Fehlverhalten des VN erfolgen kann.
1. Die Grundsatzproblematik
Die bei Altverträgen zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses mit dem Gesetz in Einklang stehenden Vereinbarungen über die Leistungsfreiheit bei einer grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung nach dem "Alles-oder-Nichts-Prinzip" stehen nach dem Inkrafttreten der VVG Reform in einem unauflösbaren Widerspruch zu der Regelung des § 28 Abs. 2 VVG, die nach § 32 VVG zwingendes Recht darstellt und sind daher nicht wirksam. Wenn der VR nicht von dem ihm nach Art. 1 Abs. 3 EGVVG eingeräumten einseitigen Recht zur Umstellung der AVB unter Einhaltung der hiermit verbundenen Auflagen Gebrauch gemacht hat (bzw. dies einschließlich eines Zugangs nicht beweisen kann), kann diese Lücke im Vertrag nach der Entscheidung des BGH auch nicht durch die gesetzliche Regelung des § 28 VVG oder durch eine ergänzende Vertragsauslegung geschlossen werden. Zugleich hebt der BGH hervor, dass das Recht des VR unberührt bleibt, sich auf eine Leistungsfreiheit zu berufen, die sich auf einen anderen gesetzlichen Kürzungsgrund stützt. Genau über einen solchen Fall hatte das LG Dortmund zu entscheiden.
2. Leistungsfreiheit nach § 81 VVG
Auch bei dem vom LG Dortmund entschiedenen Fall konnte der VR eine wirksame Umstellung der VGB 2002 nicht nachweisen, so dass eine Leistungsfreiheit wegen einer Obliegenheitsvereinbarung nach der hier verletzten Klausel des § 28 Nr. 2 VGB 2002 nicht möglich war. Daher kam der Vorschrift des § 81 VVG eine besondere Bedeutung zu, die eine Leistungsfreiheit des VR wegen einer grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung vorsieht. Anders als im Fall einer Obliegenheitsverletzung wird hierbei eine grobe Fahrlässigkeit des VN nicht vermutet, sondern muss vom VR frei von Zweifeln bewiesen werden. Der VR muss dabei auch den Ursachenzusammenhang zwischen Fehlverhalten und Eintritt des Versicherungsfalls nachweisen, während es bei einer Obliegenheitsverletzung dem VN obliegt, nach § 28 Abs. 3 S. 1 VVG den Kausalitätsgegenbeweis zu führen.
In dem vom LG Dortmund entschiedenen Fall haben sich diese Unterschiede bei der Beweislastverteilung allerdings nicht ausgewirkt. Das gut dokumentierte Fehlverhalten der VN war erkennbar grob fahrlässig und hat sich ebenso gut erkennbar auf den Eintritt des Versicherungsfalls ausgewirkt. Auch wenn sich die VN darauf berufen hat, ist ein Augenblicksversagen nach gefestigter Rspr. allein noch kein Grund, den Schuldvorwurf der groben Fahrlässigkeit herabzustufen, wenn die objektiven Merkmale der groben Fahrlässigkeit gegeben sind, sondern es müssen für die Annahme grober Fahrlässigkeit weitere Umstände hinzutreten (so bereits BGH, Urt. v. 8.7.1992 – IV ZR 223/91, zfs 1992, 378). Insoweit ist in der Rspr. anerkannt, dass im Haushalt der Versicherungsfall (Wohnungsbrand) grob fahrlässig herbeiführt wird, wenn Fette auf dem Herd erhitzt werden und sodann ohne zwingenden Grund die Wohnung verlassen wird (OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.12.2009 – 10 U 88/09, NJW-RR 2010, 695). Das Erhitzen von Fett in einem Topf auf einem Küchenherd ist wegen der damit verbundenen hohen Brandgefahr ein Vorgang, der besondere Aufmerksamkeit verlangt und nur unter Einhaltung strenger Sorgfaltsanforderungen durchgeführt werden darf (OLG Karlsruhe, Urt. v. 7.2.2008 – 12 U 126/07, zfs 2008, 216).
3. Bildung der Kürzungsquote
Für die Bildung der Kürzungsquote empfiehlt es sich, für eine erste Einschätzung auf in der Literatur entwickelte Fallgruppen zurückzugreifen, um eine einheitliche Rspr. zu gewährleisten. Dabei ist nach h.M. gerade nicht auf einen festen Einstiegswert von 50 % mit einer entsprechenden Beweislastverteilung abzustellen, sondern die Kürzungsquote unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls zu bilden (vgl. beispielhaft die lesenswerte Argumentation bei LG Dortmund, Urt. v. 15.7.2010 – 2 O 8/10, zfs 2010, 515 sowie den Überblick bei Nugel, Kürzungsquoten nach dem VVG, 2. Auflage, § 2 Rn 23). Bei der Bemessung der Leistungskürzung ist danach zu fragen, wie nahe die grobe Fahrlässigkeit beim bedingten Vorsatz oder aber bei der einfachen Fahrlässigkeit lag. Bemessungskriterien sind vor allem die objektive Bedeutung der Obliegenheit für die Vermeidung des Risikos, das Gewicht, die Dauer und die Offenkundigkeit des Verstoßes gegen die Pflicht und die Vorhersehbarkeit seiner Folgen, außerdem der konkret erforderliche Aufwand für ihre Erfüllung einerseits und die Höhe des drohenden Schadens andererseits (OLG Saarbrücken, Urt. v. 15.12.2010 – 5 U 147/10, zfs 2011, 221). Bei der hier betroffenen Fallgruppe des achtlosen Umgangs mit Herdplatten bei dem Erhitzen von Fett ist es unter Berücksichtigung dieser Grundsätze anerkannt, dass eine Leistungsfreiheit von 70 % o...