Nach wie vor sehr zurückhaltend sind die deutschen Gerichte beim Ersatz des immateriellen Schadens (Schmerzensgeld), obwohl der EuGH mit seinem Urteil vom 13.10.2011 klargestellt hatte, dass unter bestimmten Voraussetzungen (nach nationalem Recht oder MÜ) neben den (standardisierten und sofortigen) Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen ergänzend auch ein "weiter gehender Schadensersatz" für den wegen der Nichtbeförderung entstandenen materiellen und immateriellen Schaden gewährt werden kann.
Ansatzpunkt für Schmerzensgeldansprüche ist im nationalen deutschen Recht primär der § 253 Abs. 2 BGB: Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden. Die Gerichte sehen diese Anspruchsvoraussetzungen in den typischen Verspätungs- oder Annullierungsfällen regelmäßig nicht als gegeben an. Dennoch wurde zumindest in wenigen Einzelfällen ein Schmerzensgeld zugebilligt: Im ersten Fall wurde der Rückflug einer dreiköpfigen Familie vom Flughafen Ohrid (Mazedonien) zurück nach Dortmund annulliert. Die Reisenden mussten stattdessen eine mehrtägige Ersatzbeförderung (zwei Tage und zwei Nächte) in einem eng bestuhlten Reisebus ohne Klimaanlage auf sich nehmen. Alle betroffenen Reisenden litten anschließend unter massiven Rückenschmerzen und Schlafentzug. Hinzu kam großer psychischer Stress, zumal die Reisenden bei jeder Rast befürchten mussten, die Weiterfahrt des Busses zu verpassen. Um die Versorgung mit Nahrung und Getränken mussten sich die Reisenden unterwegs selbst kümmern. Das AG Dortmund sprach den Reisenden (neben den Ausgleichsansprüchen nach der Fluggastrechteverordnung) jeweils 650 EUR zum Ersatz des immateriellen Schadens zu.
In einem anderen Fall wurde eine mehrköpfige Familie nach telefonischer Bestätigung der Rückflugzeiten mitten in der Nacht zum Flughafen Istanbul bestellt, um dann dort zu erfahren, dass sich der Rückflug nach Hannover um unbestimmte Zeit verzögern würde. Die Reisenden wurden zwar in einem Hotel in Flughafennähe untergebracht, dort jedoch nur spärlich versorgt und sogar noch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass man sich an dem sehr teuren Inhalt der Minibar nur auf eigene Kosten versorgen dürfe. Über die voraussichtliche Dauer der Wartezeit wurden die Reisenden zunächst nicht informiert – sie konnten das Hotel also faktisch nicht verlassen. Der Rückflug erfolgte dann schließlich erst in der folgenden Nacht. Neben den Ausgleichsansprüchen sprach das AG Hannover den Reisenden wegen des immateriellen Schadens jeweils 150 EUR zu.