BGB § 249
Leitsatz
1. Grundsätzlich hat der Geschädigte bei einer Eigenreparatur einen Anspruch auf Ersatz der im Reparaturgewerbe objektiv entstandenen Kosten einschließlich des Unternehmergewinns. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Geschädigte darlegt und ggf. nachweist, dass die Reparaturmaßnahmen ohne die Verschiebung bestehender Aufträge erledigt werden konnte.
2. Die Ersatzfähigkeit der Zuschläge für "Wagnis und Gewinn" ist nur dann nicht gerechtfertigt, wenn die Auftragslage der Geschädigten schlecht war und ihre Kapazitäten durch Drittaufträge nicht ausgefüllt werden konnten.
3. Da die Kosten der Schadensbekämpfung durch Einrichtung einer eigenen Schadensabteilung losgelöst von dem – späteren – Schadensfall und vorbeugend getroffen worden sind, kann der damit verbundene Aufwand nicht als Schadensersatz ersetzt verlangt werden.
(Leitsätze der Schriftleitung)
OLG Frankfurt, Urt. v. 24.1.2012 – 16 U 100/11
Sachverhalt
Die Kl. betreibt ein Unternehmen der Verkehrs- und Elektrotechnik. Auf der Bundesautobahn hatte sie als Teil einer Baustelleneinrichtung eine mobile Stahlgleitwand aufgestellt. Der Bekl. zu 2), der neben der Bekl. zu 1), seiner Haftpflichtversicherung auf Schadensersatz verklagt ist, beschädigte mit seinem Pkw die Stahlgleitwand. Die Kl. nahm die Reparatur in Eigenleistung vor, wobei in der Gesamtforderung Zuschläge für Wagnis und Gewinn und Zuschläge für die Schadensbekämpfung, die Umlage der Kosten für die Bereithaltung einer eigenen Schadensabteilung enthalten waren. Das LG lehnte die Erstattungsfähigkeit dieser Rechnungsbestandteile ab. Mit ihrer Berufung hat die Kl. die Verurteilung der Bekl. zum Ersatz der von dem LG verneinten Kostenbestandteile gefordert.
Die Berufung hatte hinsichtlich der Zuschläge für Wagnis und Gewinn Erfolg, hinsichtlich der kalkulatorischen umgelegten Kosten der Schadensbekämpfung blieb sie erfolglos.
2 Aus den Gründen:
“Nach Auffassung des Senats sind auch die Zuschläge für “Wagnis und Gewinn' i.H.v. 1.907,53 EUR erstattungsfähig.
Gem. § 249 BGB kann der Gläubiger bei Beschädigung einer Sache statt einer Naturalrestitution den zur Herstellung erforderlichen Geldbetrag verlangen. Er ist in der Verwendung dieses Geldbetrags frei und kann entscheiden, ob er die Sache unrepariert lässt oder einer Fremdfirma anvertraut. In beiden Fällen hat er Anspruch auf die im Reparaturgewerbe objektiv entstehenden Kosten einschließlich des Unternehmergewinns.
Bezüglich der Frage, ob das auch dann gilt, wenn der Geschädigte die Arbeiten im Eigenunternehmen während der üblichen Arbeitszeiten erledigen lässt, differenziert die Rspr.
Nach Auffassung des BGH (vgl. Urt. v. 30.6.1997 – II ZR 186/96 zit. n. juris. Rn 16 m.w.N.) hat der Geschädigte, wenn er kraft besonderer Fähigkeiten oder auch sonstiger individueller Gründe zu einer kostengünstigen Eigenreparatur im Stande ist, grds. Anspruch auf die im Reparaturgewerbe objektiv entstehenden Kosten einschließlich des Unternehmergewinns, selbst wenn er die Arbeiten von eigenen Angestellten während der üblichen Arbeitszeiten erledigen lässt. Nach Auffassung des BGH sind jedoch Ausnahmen möglich, sofern es verkehrsüblich und zumutbar ist, dass der geschädigte Unternehmer selbst die Herstellungsarbeiten ausführt, weil sich der verkehrsübliche Herstellungspreis dann nach den Selbstkosten der Betriebswerkstatt richte.
Der Anspruch beschränkt sich entgegen der Ansicht des OLG München (Urt. v. 27.6. 1986 – 10 U 3632/83, zit. n. juris) daher nicht grds. auf die unfallbedingten Selbstkosten.
Vielmehr liegt ein Regel-Ausnahme-Verhältnis vor.
Es kommt darauf an, ob es ausnahmsweise verkehrsüblich und zumutbar ist, dass der geschädigte Unternehmer die Herstellungsarbeiten ausführt.
Zumutbar dürfte dem Geschädigten die Eigenreparatur jedoch nur dann ohne Einrechnung des Unternehmergewinns sein, wenn er die Reparaturmaßnahmen ohne die Verschiebung bestehender Aufträge erledigen kann (so auch LG Mühlhausen, Urt. v. 8.11.2011 – 2 S 95/11, zit. n. juris, Rn 6 ff.). Diesbezüglich dürfte die Darlegungs- und Beweislast jedoch beim Schädiger liegen, da die Voraussetzungen eines “Ausnahmetatbestands' von diesem vorzutragen sind. Die Bekl. haben dazu jedoch nichts vorgetragen.
Demzufolge hält der Senat den Zuschlag für “Wagnis und Gewinn' aus folgenden Gründen für erstattungsfähig: Die Kl. stellt u.a. Schutzeinrichtungen für den Baustellenbereich auf Bundesautobahnen her. Nach ihrem Internetauftritt bezieht sich ihr Gewerk auf die Lieferung, Montage und Reparatur passiver Schutzeinrichtungen. Das bedeutet, dass sie auch Reparaturmaßnahmen für Fremdfirmen durchführt. Doch selbst wenn dies nicht oder nur untergeordnet der Fall sein sollte, ist die Erstattungsfähigkeit gerechtfertigt, weil sich im vorliegenden Fall die Tätigkeit der Kl. auch gegenüber ihren Auftraggebern sowohl auf die Montage als auch auf die Reparatur von Schutzeinrichtungen bezieht, sie also nicht nur bzw. vorrangig – wie z.B. die Deutsche Bundesbahn – Reparaturwerkstätten vorhält, um gegenüber ihren Kunden möglichst zuverlässig ihre eigent...