RVG § 33
Leitsatz
Der Streitwert und damit der Gegenstandswert einer durchgeführten Nebenintervention stimmen mit dem Streitwert der Hauptsache überein, wenn der Nebenintervenient im Prozess die gleichen Anträge stellt wie die von ihm unterstützte Partei.
(Leitsatz der Schriftleitung)
BGH, Beschl. v. 11.12.2012 – II ZR 233/09
Sachverhalt
In einem aktienrechtlichen Anfechtungsprozess waren dem Kl. auch die durch die Nebenintervention der Streithelferin der Bekl. verursachten Kosten auferlegt worden. Der Kl. hatte die Ergänzung des Beschlusses des BGH betreffend die Festsetzung des Streitwertes für das Revisionsverfahren beantragt und um gesonderte Wertfestsetzung für die Streithelferin der Bekl. gebeten. Der BGH hat den Antrag zurückgewiesen.
2 Aus den Gründen:
[1] “Der Antrag des Kl. auf Ergänzung des Beschl. v. 22.2.2012 um gesonderte Wertfestsetzung für die Streithelferin der Bekl. ist als Antrag auf gesonderte Wertfestsetzung nach § 33 Abs. 1 RVG auszulegen. Der Antrag ist zulässig. Nach § 33 Abs. 2 S. 2 RVG kann der Antrag auch von einem erstattungspflichtigen Gegner gestellt werden. Der Kl. ist erstattungspflichtiger Gegner der Streithelferin der Bekl., weil er nach der Kostenentscheidung im Beschl. v. 7.6.2010 auch die durch die Nebenintervention verursachten Kosten zu tragen hat.
[2] Der Antrag ist nicht begründet. Nach § 33 Abs. 1 RVG setzt die gesonderte Festsetzung voraus, dass sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert richten. Die Gebühren für die Nebenintervention richten sich hier aber nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert. Der Streitwert einer durchgeführten Nebenintervention stimmt mit dem Streitwert der Hauptsache überein, wenn der Nebenintervenient im Prozess die gleichen Anträge stellt wie die von ihm unterstützte Partei (BGH BGHZ 31, 144). Es kann offen bleiben, ob und wann ein geringeres Interesse des Streithelfers am Obsiegen der unterstützten Partei zu berücksichtigen ist (dazu MüKo-ZPO/Wöstmann, 4. Aufl., § 3 Rn 99). Im aktienrechtlichen Anfechtungsprozess (§ 246 AktG) besteht kein hinter dem Interesse der Parteien zurückbleibendes Interesse des Nebenintervenienten an der Klärung der Nichtigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses. Die Bedeutung der Sache für beide Parteien findet schon bei der Bestimmung des Streitwerts Berücksichtigung (§ 247 Abs. 1 S. 1 AktG).“
3 Anmerkung:
Die Entscheidung des BGH hat ganz allgemein praktische Bedeutung über den aktienrechtlichen Anfechtungsprozess hinaus.
Mit seinem Beschluss hat der BGH seine seit Jahrzehnten bestehende Rspr. (so BGH BGHZ 31, 144 = NJW 1960, 42) bestätigt. Danach deckt sich der Wert der Nebenintervention mit dem Wert der Hauptsache, wenn der Nebenintervenient zur Hauptsache denselben Antrag stellt wie die von ihm unterstützte Partei. Dies wird mit der verfahrensrechtlichen Stellung des Streithelfers begründet, der am Prozess im gleichen Umfang beteiligt ist, wie die Partei, der er zur Seite getreten ist. Dabei richtet sich sein prozessuales Verhalten auf denselben Streitgegenstand wie bei der unterstützten Partei, da seine Angriffs- und Verteidigungsmittel das Obsiegen der von ihm unterstützten Partei bezweckt.
Dies kann allerdings streitwertrechtlich dann zu unbefriedigenden Ergebnissen führen, wenn der Wert der Hauptsache einerseits und die mit der Hauptsacheentscheidung verbundene Einwirkung auf die vermögensrechtlichen Verhältnisse des Nebenintervenienten andererseits erheblich voneinander abweichen (so Schneider/Herget/Kurpat, Streitwertkommentar, 13. Aufl., Rn 4249). Folglich stellt die neuere Rspr. der OLG überwiegend auch bei durchgeführter Nebenintervention nicht auf die Anträge des Streithelfers, sondern auf sein gem. § 3 ZPO zu schätzendes Interesse ab (so Schneider/Herget/Kurpat a.a.O. Rn 4250 mit Nachweisen). Ob dem zu folgen ist, hat der BGH hier offen gelassen, weil im aktienrechtlichen Anfechtungsprozess das Interesse der Parteien und des Streithelfers an der Klärung der Nichtigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses gleich seien.
VRiLG Heinz Hansens