[8]“ … Der Kl. steht wegen der Nutzung der von ihr an die Schuldnerin vermieteten Lkw gem. § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 S. 1 Ts. 3 InsO dem Grunde nach ein Wertersatzanspruch gegen den Bekl. zu.

[9] 1. Die Kl. war als Vermieterin der von der Schuldnerin genutzten Kfz nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens Inhaberin eines Aussonderungsrechts (§ 47 InsO). Die Mietgegenstände wären nicht in die Insolvenzmasse gefallen (vgl. BGH, Urt. v. 3.12.2009 – IX ZR 7/09, BGHZ 183, 269 Rn 16).

[10] 2. Die von dem AG gem. § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 InsO gegenüber der Kl. als Vermieterin getroffene Anordnung war zwar – entgegen der Auffassung des BG – unwirksam, weil es sich dabei um eine formularmäßige Pauschalanordnung handelt, die unter bloßer Wiedergabe des Gesetzestextes auf die erforderliche Prüfung der gesetzlichen Voraussetzungen verzichtet (BGH, a.a.O., Rn 16 ff.). Da die Anordnung von der Kl. aber nicht mit einem Rechtsmittel angefochten werden konnte, darf sie sich ihrerseits darauf stützen, soweit sie – wie vorliegend – Ausgleichsansprüche begehrt (BGH, a.a.O. Rn 24 f.).

[11] 3. Eine Nutzungsausfallentschädigung in Form von Zinsen i.S.d. § 169 S. 2 InsO kann der Aussonderungsberechtigte gem. § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 S. 1 Ts. 2, § 169 S. 2 InsO für einen Zeitraum verlangen, der drei Monate nach dieser Anordnung liegt (BGH, a.a.O., Rn 28 ff.). Wegen der am 19.2.2009 ergangenen Anordnung scheiden in Übereinstimmung mit der Würdigung des BG Ansprüche der Kl. auf eine Nutzungsausfallentschädigung für den Zeitraum bis zur Verfahrenseröffnung am 1.4.2009 aus.

[12] III. Jedoch kann die Kl. von dem Bekl. gem. § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 S. 1 Ts. 3 InsO Ersatz des während dieses Zeitraums durch die Nutzung der Fahrzeuge eingetretenen Wertverlusts beanspruchen.

[13] 1. Zwar mag die Regelung des § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 InsO gesetzestechnisch und sprachlich misslungen sein (Ganter, NZI 2007, 549, 553). Gleichwohl ist § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 S. 1 Ts. 3 InsO eindeutig zu entnehmen, dass sowohl Absonderungsberechtigten als auch Aussonderungsberechtigten ein Anspruch auf Wertersatz zusteht.

[14] a) Das Gericht kann gem. § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 S. 1 Ts. 1 InsO anordnen, dass Gegenstände, deren Aussonderung verlangt werden könnte, vom Gläubiger nicht eingezogen werden dürfen und diese Gegenstände zur Fortführung des Unternehmens des Schuldners eingesetzt werden können, soweit sie hierfür von besonderer Bedeutung sind. Ein Anspruch des Gläubigers auf Zahlung des geschuldeten Nutzungsentgelts bestimmt sich gem. § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 S. 1 Ts. 2 InsO nach den Grundsätzen des § 169 S. 2 und 3 InsO. Ein durch die Nutzung eingetretener Wertverlust ist nach der ausdrücklichen Regelung des § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 S. 1 Ts. 3 durch laufende Zahlungen an den Gläubiger auszugleichen. Die Verpflichtung zu Ausgleichszahlungen besteht nach § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 S. 2 InsO nur, soweit der durch die Nutzung entstandene Wertverlust die Sicherung des absonderungsberechtigten Gläubigers beeinträchtigt.

[15] b) Zu Unrecht meint die Revision, ein Wertersatzanspruch stehe allein Absonderungsberechtigten, aber nicht – wie im Streitfall – dem Aussonderungsberechtigten zu.

[16] aa) Aus dem Wortlaut des § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 S. 1 Ts. 3 InsO geht eindeutig hervor, dass auch der durch eine gerichtliche Anordnung an der Geltendmachung eines Herausgabeanspruchs gehinderte Aussonderungsberechtigte für den infolge der Nutzung des Gegenstandes eingetretenen Wertverlust einen Ausgleich beanspruchen kann. Die Vorschrift des § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 S. 1 Ts. 1 InsO schließt als Grundtatbestand eines Verwertungs- und Einziehungsstopps sowohl Absonderungsberechtigte als auch Aussonderungsberechtigte in ihren Anwendungsbereich ein. Soweit anschließend § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 S. 1 Ts. 2 InsO die Regelung des § 169 S. 2 und 3 InsO für entsprechend anwendbar erklärt, wird ein Anspruch auf die Gewährung eines Nutzungsentgelts wegen des unauflösbaren Bezugs zu § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 S. 1 Ts. 1 InsO, der Absonderungsberechtigte und Aussonderungsberechtigte erfasst, ebenfalls zugunsten von Absonderungsberechtigten wie auch Aussonderungsberechtigten begründet. Auf diesem Verständnis beruhen die Gesetzesmaterialien, wonach die Regelung den Rechten aussonderungsberechtigter Gläubiger – wie Leasinggebern und Vermietern – Rechnung tragen will, indem sie die vertraglich vereinbarte Gegenleistung für die Nutzung erhalten (BT-Drucks 16/3227 S. 16). In Einklang damit hat der Senat einem aussonderungsberechtigten Vermieter von Baumaschinen einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung – allerdings beschränkt auf den Zeitraum, der drei Monate nach Erlass der Anordnung liegt – zuerkannt (BGH, Urt. v. 3.12.2009 – IX ZR 7/09, BGHZ 183, 269 Rn 26 ff.).

[17] bb) Wendet sich § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 S. 1 Ts. 2 InsO wegen des Sinn- und Sachzusammenhangs mit § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 S. 1 Ts. 1 InsO an Absonderungsberechtigte und Aussonderungsberechtigte, hat dies auch für die Folgeregelung des § 21 Abs. 2 S. 1 Nr. 5 S. 1 Ts. 3 InsO zu ...

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